Ein Irrtum über den Inhalt einer Willenserklärung, der zur Anfechtung des Aufhebungsvertrags berechtigen kann, liegt vor, wenn der äußere Tatbestand der Erklärung dem Willen des Erklärenden entspricht, dieser aber über die Bedeutung und Tragweite der Erklärung irrte. Als Faustformel lässt sich hier festhalten: Der Erklärende weiß, was er sagt, er weiß aber nicht, was er damit sagt.

 
Praxis-Beispiel

Irrtum des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer unterzeichnet einen Aufhebungsvertrag in der Meinung, er bestätige nur den Erhalt einer Lohnabrechnung.

Die Anfechtung von Aufhebungsverträgen wegen Inhaltsirrtums wird vor allem deshalb erklärt, weil der Arbeitnehmer geltend macht, sich in einem Irrtum über das Bestehen allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutzes befunden zu haben oder er seine auf Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärung in Unkenntnis der Umstände abgegeben habe, die diesen Kündigungsschutz begründen.

Hat eine Schwangere bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft, so begründet dies kein Anfechtungsrecht wegen Irrtums über die inhaltliche Tragweite der abgegebenen Erklärung. Insoweit handelt es sich grundsätzlich um einen unbeachtlichen Rechtsfolgenirrtum.

Ebenso kann eine Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB nicht darauf gestützt werden, dass in der Aufhebungsvereinbarung der Beendigungsgrund nicht genannt, sondern mit dem bloßen Hinweis auf eine – unzutreffende – Rechtsnorm schlagwortartig angedeutet wird.

Bei Aufhebungsverträgen mit ausländischen Arbeitnehmern kommt unter dem Aspekt des "Sprachrisikos" eine Anfechtung wegen Inhaltsirrtums in Betracht.

Zu unterscheiden ist zwischen dem wirksamen Zustandekommen eines Aufhebungsvertrags und dessen möglicher Anfechtung wegen Irrtums:

 
Praxis-Beispiel

Besonderheiten bei ausländischen Arbeitnehmern

Der Arbeitgeber macht gegenüber einem ausländischen Arbeitnehmer ein schriftliches Aufhebungsvertragsangebot in deutscher Sprache. Dieser bringt dem Arbeitgeber gegenüber durch Unterschrift sein Einverständnis zum Ausdruck.

Im Streitfall ist der Arbeitgeber für diejenigen Umstände darlegungs- und beweispflichtig, aus denen sich ergibt, dass der ausländische Arbeitnehmer jedenfalls den Wortlaut der Erklärung verstanden hat, der deutschen Sprache insoweit also ausreichend mächtig ist.

Hier reicht es aus, wenn er darlegen und beweisen kann (insbesondere durch Benennung von Zeugen), dass die allgemeine Verständigung mit dem Arbeitnehmer in deutscher Sprache bisher problemlos verlaufen ist.

Kann der Arbeitgeber seiner Darlegungs- und Beweispflicht nicht nachkommen, ist hier wegen Fehlen eines wirksamen Zugangs des Angebots ein Aufhebungsvertrag erst gar nicht zustande gekommen.

 
Praxis-Beispiel

Besonderheiten bei ausländischen Arbeitnehmern

Der Arbeitgeber durfte aufgrund äußerer Umstände davon ausgehen, der ausländische Arbeitnehmer habe das Angebot inhaltlich und sprachlich richtig verstanden.

Will Letzterer den dann zunächst wirksam zustande gekommenen Aufhebungsvertrag durch eine Irrtumsanfechtung seiner Annahmeerklärung rückwirkend wieder zu Fall bringen, so muss jetzt der Arbeitnehmer im Prozess darlegen und beweisen, dass er sich über den genauen Inhalt der abgegebenen Erklärung im Irrtum befunden hat.

Um dem aufgezeigten Problem des "Sprachrisikos" auszuweichen, sollte bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem ausländischen Arbeitnehmer im Zweifel immer ein Dolmetscher hinzugezogen und gegebenenfalls auch die Rechtsfolgen eines solchen Vertrags erörtert werden.

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