Die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann nach allgemeinen Grundsätzen nach §§ 119, 123 BGB angefochten werden. Namentlich kommen hier in Betracht: Inhaltsirrtum, Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften sowie arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung.

"Klassischer Fall" der Anfechtung des Aufhebungsvertrags ist der der widerrechtlichen Drohung durch unbegründetes in Aussichtstellen einer Kündigung für den Fall der Nichteinwilligung in das Aufhebungsvertragsangebot.

Grundsätzlich gilt für alle Arten möglicher Anfechtung: Die Beweislast für das Vorliegen des Anfechtungstatbestands trägt der Anfechtende. Daher treten oft Beweisprobleme auf.[1]

1.1 Arglistige Täuschung, widerrechtliche Drohung

In bestimmten Fällen kann sich der Arbeitnehmer vom Aufhebungsvertrag lösen, wenn er vom Arbeitgeber widerrechtlich bedroht oder arglistig getäuscht worden ist. Die in der Rechtsprechung häufigste Fallgruppe stellt die Androhung einer (unbegründeten) Kündigung dar.[1]

Daneben kann aber auch bei anderen Sachverhalten ein entsprechender Anfechtungstatbestand gegeben sein, z. B. bei Androhung einer Strafanzeige, Verweigerung von Bedenkzeit sowie einer unterlassenen Aufklärung über die rechtlichen Nachteile in Zusammenhang mit dem Aufhebungsvertrag.

Anfechtung wegen Androhung einer Kündigung

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Androhung einer fristlosen Kündigung dann nicht widerrechtlich ist, wenn ein verständiger Arbeitgeber diese ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Das ist nicht nur anhand des tatsächlichen Wissensstands des Arbeitgebers zu beantworten, sondern es sind auch die Ergebnisse weiterer Ermittlungen zu berücksichtigen, die ein verständiger Arbeitgeber zur Aufklärung angestellt hätte.

Das BAG[2] spricht hier von einem "objektiv möglichen hypothetischen Wissensstand". Es kommt mithin nicht darauf an, ob ein "idealer" Arbeitgeber mit ganz hervorragenden Arbeitsrechtskenntnissen und hohem sozialen Engagement die Kündigung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Hiermit wäre eine unzulässige Verschärfung der Anforderungen des § 123 BGB verbunden.

Nicht erforderlich ist daher, dass die angedrohte Kündigung, wenn sie erklärt worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte.[3]

 
Praxis-Beispiel

Anfechtung wegen Drohung

Arbeitnehmer A erscheint wiederholt verspätet am Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber stellt A vor die Alternative, entweder eine ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung zu erhalten oder einen Aufhebungsvertrag abzuschließen.

Notgedrungen willigt A in den Abschluss des Aufhebungsvertrags ein. Drei Tage später erklärt er die Anfechtung seiner Willenserklärung.

Lösung

Im Beispielsfall ist die Anfechtung begründet. Ein verständiger Arbeitgeber hätte keine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht gezogen, da es an einer Abmahnung fehlte. Das Verhalten des Arbeitgebers stellte demzufolge die widerrechtliche Androhung einer ordentlichen Kündigung dar.

Die Androhung einer ordentlichen Kündigung liegt aber nicht schon dann vor, wenn der Arbeitgeber lediglich erklärt, aus seiner Sicht habe die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers keinen Sinn mehr.

Auch hat es das BAG unter dem Gesichtspunkt der "Widerrechtlichkeit" der Drohung mit einer Kündigung als unbedenklich angesehen, wenn ein Arbeitgeber gegen Ende der Probezeit einem Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung in Aussicht stellt, weil dieser unstreitig die von ihm erwarteten Leistungen nicht erbracht hat.

Im Rahmen seiner Anfechtung trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, welche die Widerrechtlichkeit der Drohung begründen. Er muss zunächst darlegen, warum ein verständiger Arbeitgeber nicht von einer unzumutbaren Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und somit von einer gerechtfertigten Kündigung ausgehen durfte. Allerdings reicht dafür im ersten Schritt eine entsprechende pauschale Behauptung. Der Arbeitgeber hat sodann Tatsachen darzulegen und zu beweisen, nach denen er in vertretbarer Weise von einem Kündigungsgrund ausgehen durfte.[4]

Anfechtung wegen Androhung einer Strafanzeige

Möglich ist die Anfechtung eines Aufhebungsvertrags wegen widerrechtlicher Drohung bei rechtsgrundloser Androhung einer Strafanzeige oder eines Schadensersatzprozesses.

Die Drohung mit einer Strafanzeige ist aber dann rechtmäßig, wenn das Begehren des Drohenden mit einer Straftat in innerem Zusammenhang steht.

Anfechtung wegen fehlender Bedenkzeit

Das Anfechtungsrecht kann jedenfalls dann nicht auf Zeitdruck gestützt werden, wenn der Arbeitnehmer nicht um eine Überlegungsfrist gebeten hat. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer zusätzlich im Aufhebungsvertrag auf die Einräumung einer Bedenkzeit verzichtet hat.

Umgekehrt wird eine widerrechtliche Drohung durch eine vom Arbeitgeber eingeräumte Bedenkzeit nicht wieder "geheilt": Droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit einer fristlosen Kündigung, die ein verständiger Arbeitgeber nicht in Betracht gezogen hätte, um den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Au...

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