Rz. 114

Da der Arbeitnehmer kein Recht zur Selbstbeurlaubung hat[1], muss er im Konfliktfall seine Ansprüche mit Klage beim Arbeitsgericht durchsetzen.

Unproblematisch zulässig ist die Leistungsklage auf Urlaubsgewährung für einen bestimmten Zeitraum.[2]

 

Beispiel

Es wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger 10 Tage Erholungsurlaub in der Zeit vom 12.9.2005 bis 23.9.2005 zu gewähren.

 
Hinweis

Die Vollstreckung erfolgt nach § 894 ZPO. Danach gilt die Willenserklärung auf Freistellung für den bestimmten Urlaubszeitraum erst mit Rechtskraft abgegeben. Dies ist regelmäßig zu spät. Ist der Arbeitnehmer dringend auf die Urlaubsgewährung in einem bestimmten Zeitraum angewiesen, verbleibt nur die Möglichkeit der einstweiligen Verfügung.

 

Rz. 115

Zulässig sind auch Klagen auf Urlaubsgewährung ohne Angabe eines bestimmten Urlaubszeitraums.[3] Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn (auch) ein Streit über die Höhe des Urlaubsanspruchs besteht.

Im Hinblick auf die Pflicht des Arbeitgebers zur Abgabe der Freistellungserklärung nach § 7 Abs. 1 BUrlG kann der Arbeitnehmer beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm Urlaub in Höhe einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen zu gewähren. Wird der Antrag allerdings von Bedingungen abhängig gemacht, wie Urlaubsantrag oder Beachtung der gesetzlichen Regelungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG oder § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, ist dieser bei Vollstreckung nach § 894 ZPO unbestimmt, weil der Bedingungseintritt nicht zuverlässig feststellbar ist.[4] Die Klage nach § 259 ZPO auf Gewährung für zukünftige Urlaubsjahre scheidet aus, weil nach neuem Verständnis des BAG § 259 ZPO voraussetzt, das der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist.[5]

 

Rz. 116

Die Vollstreckung eines solchen Antrags erfolgt nach § 888 ZPO, auch wenn damit der mögliche Streit über die konkrete Festlegung ins Vollstreckungsrecht verlagert wird.[6]

 

Rz. 117

Die Praxis wird sich auf die Rechtsprechung des BAG einstellen müssen. Es ist misslich, wenn, wie in der Entscheidung des BAG vom Juni 2017[7] die Vorinstanz den Klageantrag als zulässig ansieht und zur Sache zugunsten des Arbeitnehmers entscheidet, das BAG dann jedoch die eigentliche Rechtsfrage nicht entscheidet und die Klage als unzulässig abweist.

 

Rz. 118

Angesichts dieser Rechtsprechung verbleibt die Möglichkeit der Feststellungsklage. Das BAG war bereits in der Vergangenheit bei der Zulässigkeit von Feststellungsklagen großzügig und hat Klagen auf Feststellung, dass dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr noch eine bestimmte Anzahl von Tagen Erholungsurlaub zustehe, als zulässig angesehen.[8] An dieser Auffassung hält das BAG fest, weil nur so gesichert sei, dass dem Arbeitnehmer das Bestimmungsrecht über die zeitliche Lage des Urlaubs bleibe.[9]

 
Hinweis

Ein Arbeitgeber ist gut beraten, ein Feststellungsurteil – auch wenn dies nicht vollstreckbar ist – zu beachten. In einem Folgerechtsstreit, z. B. einer einstweiligen Verfügung, hat das Gericht nach § 322 ZPO das rechtskräftige Urteil zu beachten.

Zu beachten ist jedoch, dass vergangenheitsbezogene Feststellungsanträge auch nach Auffassung des BAG nicht zulässig sind.[10] Es müssen die Folgen einer entsprechenden Feststellungsklage für den gegenwärtigen Urlaubsanspruch aufgezeigt werden.[11]

 

Beispiel

Der Antrag,

"festzustellen, dass der Kläger am 11.2.1991 (Rosenmontag) Dienstbefreiung mit voller Lohnfortzahlung ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub hatte"

ist vergangenheitsbezogen.

Der Antrag,

"festzustellen, dass der Kläger für das Jahr 1991 Anspruch auf einen weiteren Urlaubstag hat"

ist gegenwartsbezogen.

Der Antrag, festzustellen, dass dem Kläger für ein in der Vergangenheit liegendes Jahr ein Jahresurlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen Urlaub zusteht, ist daher als vergangenheitsbezogene Feststellungsklage unzulässig.[12]

[1] S. hierzu oben Rz. 39 f.
[3] BAG, Urteil v. 18.3.2014, 9 AZR 877/13, so auch ErfK/Gallner, 19. Aufl. 2019, § 7 BUrlG, Rz. 31.
[5] BAG, Urteil v. 27.6.2017, 9 AZR 120/16, NZA 2017, 1215 unter Verweis auf BAG, Urteil v. 22.10.2014, 5 AZR 731/12, NZA 2015, 501.
[6] NK-ArbR/Düwell, § 7 BUrlG, Rz. 163; MünchArbR/Klose, 4. Aufl. 2018, § 86, Rz. 99; offengelassen v. BAG, Urteil v. 12.4.2011, 9 AZR 80/10, NZA 2011, S. 1050; a. A. Schaub/Linck, 17. Aufl. 2017, § 104 Rz. 34.
[9] BAG, Urteil v. 12.4.2011, 9 AZR 80/10, NZA 2011, S. 1050, BAG, Urteil v. 5.8.2014, 9 AZR 77/13, NZA 2015, 625; vgl. auch MünchArbR/Klose. 4. Aufl. 2018, § 86, Rz. 98.
[10] BAG, Urteil v. 8.12.1992, 9 AZR 113/929, NJW 1993, 2333.
[11] BAG, Urteil. v. 3.12.2019, 9 AZR 54/19, Rz. 15.

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