Rz. 67

Hinsichtlich der Möglichkeit, den Teilzeitwunsch abzulehnen, sah der Referentenentwurf zum TzBfG vom 5.9.2000[1] in § 8 Abs. 3 Satz 1 noch die Formulierung "dringende betriebliche Gründe" vor, während das Gesetz nun lediglich von "betrieblichen Gründen" spricht. Daraus wird deutlich, dass an die Ablehnungsgründe keine allzu großen Anforderungen gestellt werden dürfen.

 

Rz. 68

Eine solche Stufung ergibt sich auch aus der Zusammenschau mit § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG (seit 1.1.2007: § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG), der in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der hier behandelten Norm verabschiedet worden ist.[2] Danach haben Eltern von Kindern ebenfalls einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, es sei denn, dass "dringende betriebliche Gründe" entgegenstehen.[3] Das erfordert Gründe, die zwingend und unabweisbar sind.[4]

 

Rz. 69

Hierzu in Widerspruch stehen jedoch die Formulierungen "wesentlich" und "unverhältnismäßig" der beispielhaften Aufzählung in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG.[5] Ein betrieblicher Grund liegt danach vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb "wesentlich" beeinträchtigt oder "unverhältnismäßige" Kosten verursacht.

 

Rz. 70

Dieser Widerspruch beruht vermutlich auf einem Redaktionsversehen bei der Abänderung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG in die heutige Fassung.[6] Er lässt sich allerdings auflösen, berücksichtigt man, dass die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG genannten Gründe lediglich eine beispielhafte Aufzählung darstellen, bei welchen ein betrieblicher Grund in jedem Fall vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Wort "insbesondere".[7]

Voraussetzung für einen betrieblichen Grund i. S. v. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG ist im Hinblick auf den Wortlaut aber gerade nicht generell, dass der Teilzeitwunsch dem Arbeitgeber unzumutbar ist oder wesentliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind.[8] Vielmehr genügen nach der amtlichen Begründung[9] bereits rationale, nachvollziehbare Gründe.[10] Der Arbeitgeber muss ein nachvollziehbares, mit betriebswirtschaftlichen, unternehmenspolitischen oder betriebsorganisatorischen Gründen untermauertes Konzept darlegen, das der Verringerung der Arbeitszeit widerspricht.[11] Ein pauschaler Hinweis auf die aktuelle Wirtschaftslage und damit verbundene interne Umstrukturierungsmaßnahmen genügt nicht.[12] Ebenso wenig reicht der allgemeine Hinweis auf Planungsunsicherheit aufgrund der Besonderheiten im Luftverkehr.[13] Insofern können auch solche Beeinträchtigungen nicht angeführt werden, die stets Folge einer Verringerung oder veränderten Verteilung der Arbeitszeit sind; diese sind vom Arbeitgeber hinzunehmen.[14]

 

Rz. 71

Insoweit ist auch der Auffassung[15] entgegenzutreten, allein ein vom Arbeitgeber entwickeltes Organisationskonzept oder die unternehmerische Entscheidung für ein Arbeitszeitsystem würden für sich schon einen betrieblichen Grund darstellen.[16] Vielmehr ist der betriebliche Grund in Anbetracht der in § 1 TzBfG formulierten Zielsetzung, der in § 6 TzBfG normierten Förderungspflicht und des Kündigungsverbots aus § 11 TzBfG zu interpretieren. Der Gesetzgeber hat die Arbeitsvertragsparteien zur Vereinbarung von Teilzeitarbeitsregelungen angehalten und entsprechende Rechtsansprüche normiert, sodass die bloße unternehmensorganisatorische Entscheidung eines Arbeitgebers, diese Zielsetzung nicht zu befolgen, nicht als betrieblicher Grund anzuerkennen ist.[17]

 
Hinweis

Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung andere Vorschriften, die den Begriff des "betrieblichen Grundes" bzw. des "betrieblichen Erfordernisses" enthalten[18], nur begrenzt zur Auslegung des § 8 Abs. 4 TzBfG herangezogen werden können, da die jeweiligen Vorschriften unterschiedliche Ziele verfolgen.[19]

 

Rz. 72

Eine Abwägung der betrieblichen Gründe mit den Arbeitnehmerinteressen findet nicht statt.[20] Zum einen muss der Arbeitnehmer bei der Geltendmachung des Teilzeitanspruchs keine Gründe angeben, zum anderen sind in § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG weder persönliche Belange erwähnt, noch haben die in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG definierten entgegenstehenden betrieblichen Gründe einen Bezug zur Lebenssituation des Arbeitnehmers.[21] Für die Beurteilung des Teilzeitanspruchs ist es damit unerheblich, aus welchen Gründen der Arbeitnehmer eine Verringerung seiner Arbeitszeit anstrebt.[22]

 

Rz. 73

Die betrieblichen Gründe, die zur Ablehnung des Teilzeitverlangens geführt haben, braucht der Arbeitgeber nicht zu nennen.[23] Teilt er dem Arbeitnehmer dennoch Gründe mit, ist er an diese in einem späteren Prozess[24] nicht gebunden.[25] Der Arbeitnehmer wird regelmäßig Interesse daran haben, dass ihm sein Arbeitgeber die Ablehnungsgründe nennt. Nur so kann er sich auch ein Bild von den Erfolgsaussichten eines etwaig anzustrengenden Rechtsstreits machen.

 
Hinweis

Dem Arbeitgeber ist grundsätzlich zu raten, dem Arbeitnehmer die für die Ablehnung ausschlaggebenden Gründe mitzuteilen, schon im Hinblick darauf, dass sich bei verständiger Würdigung dieser Gründe ei...

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