Rz. 331

Nach der früheren Rechtsprechung des BAG steht jede vorherige Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber der Befristung ohne Sachgrund entgegen. Das Anschlussverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung. Das BAG hatte deshalb angenommen, dass es auf den zeitlichen Abstand zwischen einem früheren Arbeitsverhältnis und dem neuen ohne Sachgrund befristeten Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht ankommt.[1]

 

Rz. 332

Mit diesem Inhalt wird die Vorschrift vielfach als zu weitgehend angesehen. Sie kann außerdem zu praktischen Problemen führen, wenn sich Arbeitgeber gezwungen sehen, sämtliche Personalunterlagen über viele Jahre hinweg aufzubewahren, um vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags prüfen zu können, ob der Arbeitnehmer bereits früher bei ihnen beschäftigt war.

 

Rz. 333

Um dem zu begegnen, steht dem Arbeitgeber ein Fragerecht im Zusammenhang mit der Einstellung zu und der Arbeitnehmer ist verpflichtet, eine entsprechende Frage des Arbeitgebers nach einer Vorbeschäftigung wahrheitsgemäß zu beantworten. Eine Verletzung dieser Pflicht berechtigt den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB.[2]

Das wirft allerdings Probleme auf, wenn der Arbeitnehmer unbewusst die Frage nach einer Vorbeschäftigung zu Unrecht verneint, z. B. weil er aufgrund einer Umfirmierung und eines Standortwechsels des Arbeitgebers nicht erkennt, dass er bei diesem bereits in der Vergangenheit beschäftigt war. Dann dürfte die objektiv falsche Beantwortung der Frage nicht zur Anfechtung des befristeten Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber berechtigen. In diesem Fall dürfte der Arbeitgeber auch nicht die Möglichkeit haben, das Arbeitsverhältnis nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu beenden.[3]

 

Rz. 334

Im Jahr 2011 hatte das BAG[4] entschieden, dass ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber einer Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht entgegenstehe, wenn zwischen der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses und dem neuen Arbeitsverhältnis ein Zeitraum von mehr als 3 Jahren liege.

Diese Auslegung sei von dem Wortlaut der Bestimmung her möglich und insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Ein zeitlich uneingeschränktes Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung könne zu einem Einstellungshindernis führen, wodurch die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 GG) unverhältnismäßig eingeschränkt werde. Der mit dem Verbot verfolgte Zweck, Befristungsketten zu verhindern, erfordere kein zeitlich uneingeschränktes Verbot. Eine verfassungsorientierte bzw. verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift führe daher zu einer zeitlichen Begrenzung des Verbots der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung.

Dies erfordere eine im Wege der Rechtsfortbildung vorzunehmende Konkretisierung der zeitlichen Grenzen des Verbots. Diese sei mit 3 Jahren zu bemessen. Dieser der zivilrechtlichen Verjährungsfrist entsprechende Zeitraum erscheine geeignet, erforderlich und angemessen, um Missbrauch durch Befristungsketten vorzubeugen.[5]

Teile des Schrifttums hatten bereits seit dem Inkrafttreten des TzBfG die Auffassung vertreten, das Tatbestandsmerkmal "bereits zuvor" in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG könne nicht mit "jemals zuvor" oder "irgendwann zuvor" gleichgesetzt werden. Das Wort "zuvor" stelle vielmehr einen zeitlichen Zusammenhang her. Deshalb sei ein "Zuvor-Arbeitsverhältnis" nicht anzunehmen, wenn weder zeitlich noch sachlich ein Zusammenhang zu einem früheren Arbeitsverhältnis bestehe.[6]

 

Rz. 335

Die geänderte Rechtsprechung des BAG hatte nicht nur Zustimmung[7], sondern auch Kritik[8] erfahren. Zum Teil wurde angenommen, das BAG habe eine unzulässige Rechtsfortbildung vorgenommen.[9] Die Instanzgerichte hatten sich der geänderten Rechtsprechung teilweise angeschlossen[10], zum Teil hatten sie ihr die Gefolgschaft verweigert.[11]

 

Rz. 336

Nunmehr hat das BVerfG[12] auf eine Verfassungsbeschwerde und einen Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 3.4.2014[13] entschieden, dass das zeitlich unbeschränkte sog. Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im Grundsatz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das BVerfG hat ausgeführt, das Verbot schränke zwar die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufs- und Arbeitsvertragsfreiheit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein. Diese Einschränkung sei aber gerechtfertigt, soweit dies für den Schutz vor der Gefahr einer Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten und zur Sicherung der unbefristeten Beschäftigung als Regelbeschäftigungsform geboten sei. Die Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit und der Arbeitsvertragsfreiheit seien jedenfalls insoweit zumutbar, als die Beschäftigten des mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bezweckten Schutzes tatsächlich bedürften. Wenn dies nicht der Fall sei, weil offensichtlich keine Gefahr der Kett...

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