Leitsatz (amtlich)

Einzelfallentscheidung in einem Eilverfahren auf Beschäftigung

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurück gewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Verfügungskläger zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf Euro 3881,26.

Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Die Statthaftigkeit der Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes bleibt hiervon unberührt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Verfügungsbeklagten (im Folgenden Beklagte), den Zutritt zum Werksgelände davon abhängig zu machen, dass der Verfügungskläger (im Folgenden Kläger) einen negativen Covid-19-Test vorweist.

Der am 1959 geborene Kläger steht bei der Beklagten seit dem 4. April 1986 im Arbeitsverhältnis. Er ist als Staplerfahrer tätig und erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von Euro 3.881,26 brutto. Die Beklagte unterhält in A eine Gießerei mit 32 Mitarbeitern sowie bis zu 7 weiteren Aushilfen. Es handelt sich um eine Produktionshalle. Alle Mitarbeiter sind angewiesen, den Sicherheitsabstand von 1,5 Meter einzuhalten. Sofern dies nicht möglich ist besteht eine Verpflichtung zum Tragen von medizinischen Mund-Nasen-Schutz. Über mehrere Tage gesehen ist es so, dass jeder Mitarbeiter mit jedem anderen Kollegen Kontakt hat.

Mit E-Mail vom 6. Januar 2021 (BL. 8 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Mitarbeiter sowie Externe nur mit einem negativen Covid-Test Zutritt auf das Firmengelände erhalten. Am 13. Januar 2021 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von Corona Schnelltests (im Folgenden BV). Diese enthält folgende Regelung:

2. Corona-Schnelltests

2.1 Besteht ein begründeter Verdacht, dass sich Mitarbeiter mit dem Sars-CoV-2-Virus in dem Betrieb angesteckt haben oder ist das Risiko, dass sich Mitarbeiter mit dem Sars-CoV-2-Virus im Betrieb anstecken könnten deutlich erhöht, kann die Gesellschaft verlangen, dass sich alle oder einzelnen Mitarbeiter vor Arbeitsbeginn einem Corona-Schnelltest unterziehen. Ein erhöhtes Risiko liegt beispielsweise vor, wenn in dem Landkreis, in dem der Betrieb liegt, nach den Veröffentlichungen des RKI im Durchschnitt von sieben Kalendertagen mehr als 200 Personen je 100.000 Einwohner dieses Landkreises mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert wurden. Man kann ebenfalls davon ausgehen, dass aufgrund erhöhter Kontaktfrequenzen während der Weihnachtsfeiertage und Silvester ein erhöhtes Risiko vorliegt. Um ausschließen zu können, dass infizierte Kollegen die Arbeit nach den Weihnachtsfeiertagen aufnehmen und andere Kollegen infizieren haben wir uns entschieden Schnelltests anzubieten. Aufgrund des Risikos wird eine doppelte Testung durchgeführt: der erste Test am ersten Tag der Arbeitsaufnahme nach den Feiertagen und der zweite Test 5 Tage später. Gleiches gilt für Mitarbeiter, die in 2021 aus Urlaub oder Krankenstand (ab 14 Tagen), Elternzeit etc. in den Betrieb zurückkehren.

Wegen der weiteren Einzelheiten der BV wird auf Bl. 20 ff d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 20. und 29. Januar 2021 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit am 18. Januar 2021 und 25. Januar 2021. Die Beklagte zahlt für den Zeitraum ab 18. Januar 2021 kein Entgelt.

Der Kläger behauptet, es seien mildere Mittel möglich; die Einhaltung der Maskenpflicht und die Abstandsregelungen seien ausreichend geeignet, erforderlich und angemessen, um einen Schutz vor Ansteckung mit Covid-19 zu gewährleisten; die Annahme, ein erhöhtes Risiko liege aufgrund erhöhter Kontaktfrequenz während der Weihnachtsfeiertage und Silvester vor, sei nicht bewiesen; die asymptomatische Übertragung des Virus sei nicht bewiesen; der PCR-Test sei nicht (alleine) geeignet, um das Vorhandensein eines Virus oder das Vorliegen einer Infektion festzustellen.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger einen vertragsgemäßen Arbeitsplatz anzubieten; sie sei nicht berechtigt, den Zutritt zum Werksgelände von einem negativen Covid-Test abhängig zu machen; die Anweisung verstoße gegen das Recht auf Selbstbestimmung; die vorläufige Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erfordere beim Verfügungsgrund weder ein gesteigertes Beschäftigungsinteresse noch eine Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien; einer besonderen Dringlichkeitssituation bedürfe es nicht, weil sich die Dringlichkeit der vorläufigen Regelung bereits aus der besonderen Rechtsnatur des Beschäftigungsanspruchs ergäbe und daraus, den endgültigen Verlust des festgestellten Rechts durch die lange Dauer eines entsprechenden Hauptsachverfahrens zu vermeiden.

Der Kläger beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache dem Kläger zum Zwecke der Erbringung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung den Zutritt zu ihrem Werksgelände in der xxx in A zu gestatten, ohne dass der Kläger zuvor an einem Covid-19-...

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