Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG "an sich", das heißt typischerweise, geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.[1] Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie z. B. das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Beide Pflichtverletzungen stellen in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar.[2] Ob im Einzelfall tatsächlich eine außerordentliche Kündigung verhältnismäßig ist, ist abzuwägen.

Beispiele

1. BAG, Urteil v. 9.6.2011 (2 AZR 381/10): Eine Arbeitnehmerin war seit 17 Jahren beim Arbeitgeber angestellt und tarifvertraglich ordentlich unkündbar. Die Arbeitnehmerin hat innerhalb von nicht einmal 1 Monat an 7 Tagen ihre Arbeitszeit vorsätzlich falsch erfasst. Die Differenz der erfassten zur tatsächlichen Arbeitszeit betrug an allen Tagen zusammen insgesamt 138 Minuten. Die außerordentliche fristlose Kündigung war wirksam.

2. ArbG Aachen, Urteil v. 28.5.2020 (3 Ca 3947/19): Ein Arbeitnehmer wollte Verspätungen im Umfang von jedenfalls 8 Minuten nachträglich im Zeiterfassungssystem korrigieren. Die außerordentliche fristlose Kündigung war – auch aufgrund der zuvor ausgesprochenen einschlägigen Abmahnung – wirksam.

3. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 26.4.2017 (4 Sa 372/16): Ein Betriebsratsersatzmitglied mit Sonderkündigungsschutz und einer Betriebsratszugehörigkeit von über 20 Jahren zum Kündigungszeitpunkt hatte von 11 bis 12:20 Uhr seinen Arbeitsplatz verlassen, um private Besorgungen zu machen, wobei eine entsprechende Dokumentation im Zeiterfassungssystem unterblieb. Eine außerordentliche Kündigung sah das LAG als verhältnismäßig an und ließ ausdrücklich offen, ob die existente einschlägige Abmahnung wegen der Schwere des Pflichtverstoßes überhaupt erforderlich gewesen wäre.

4. LAG Hamm, Urteil v. 27.1.2023 (13 Sa 1007(22): Auch ein einmaliger 10-minütiger Cafébesuch kann ohne Ausloggen bei beharrlicher Leugnung einen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen und damit eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

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