Ein Verstoß gegen die durch Gesetz bestimmte Form hat grundsätzlich Nichtigkeit zu Folge.[1] Diese allgemeine Vorschrift des § 125 BGB gilt auch für den Arbeitsvertrag.

 
Wichtig

Formvorschriften aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen beachten

Zu den gesetzlichen Formvorschriften i. S. d. § 125 BGB zählen auch solche, die sich aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.

Ausnahmen von der Nichtigkeitsfolge sind nur zulässig, wenn die Nichtigkeit im Einzelfall mit anderen gegenläufigen Prinzipien des Zivilrechts unvereinbar wäre. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere dem Grundsatz von Treu und Glauben Bedeutung zu.[2] Die Berufung einer Partei auf die fehlende Schriftform wäre treuwidrig, wenn diese Partei durch ihr Verhalten zuvor bei dem Vertragspartner den Eindruck erweckt hat, sie halte sich ohne Rücksicht auf den Formmangel für verpflichtet. Ebenso ist eine Partei an dem formnichtig geschlossenen Arbeitsvertrag festzuhalten, wenn diese Vertragspartei zuvor den formgerechten Abschluss des Vertrags verhindert hat oder sich der Formmangel zumindest als eine Verletzung der ihr obliegenden Sorgfaltspflicht darstellt. Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, so ist das Rechtsgeschäft nach Treu und Glauben trotz des Formmangels als gültig zu behandeln. Ebenso verhält es sich, wenn eine Vertragspartei sämtliche Vorteile aus einem nichtigen Vertrag gezogen hat. Auch dann ist es ihr nach Treu und Glauben versagt, sich auf die Nichtigkeit des Vertrags wegen Formmangels zu berufen.

 
Wichtig

Rückabwicklung des "faktischen Arbeitsverhältnisses"

Ist von Nichtigkeit auszugehen, wurde das Arbeitsverhältnis jedoch in tatsächlicher Hinsicht schon für eine gewisse Zeit vollzogen (Arbeitnehmer hat tatsächlich gearbeitet/Arbeitgeber hat tatsächlich Entgelt gezahlt), dann muss wegen der Rückabwicklung der dadurch geschaffenen Fakten auf das Rechtsinstitut des sog. faktischen Arbeitsverhältnisses zurückgegriffen werden.

1.1.1.1 Verstoß gegen vertraglich vereinbarte Schriftform

In Zusammenhang mit vertraglich vereinbarten Schriftformerfordernissen (gewillkürte Schriftform i. S. d. § 126 BGB) ist zunächst zwischen sog. deklaratorischen und sog. konstitutiven Schriftformklauseln zu unterscheiden:

Hat eine Schriftformklausel konstitutive Wirkung, so bedeutet dies, dass ihre Missachtung gemäß § 125 Satz 2 BGB zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Als deklaratorisch wird eine Schriftformklausel hingegen bezeichnet, wenn sie der einen Vertragspartei gegenüber der anderen lediglich einen Anspruch auf die schriftliche Dokumentation einer mündlich getroffenen Abrede geben soll. In diesem Fall ist die Schriftformklausel lediglich als Anspruchsgrundlage für die Durchsetzung der schriftlichen Dokumentation zu verstehen, welche die Rechtswirksamkeit der mündlich getroffenen Abrede als solche nicht infrage stellt. Die rechtsgeschäftlich vereinbarte Formvorschrift hat nach § 125 Satz 2 BGB aber nur im Zweifel die Nichtigkeit des mündlich Vereinbarten zur Folge. Diese Einschränkung des Gesetzes ermöglicht den Einwand, dem vereinbarten Schriftformerfordernis habe im konkreten Fall gerade nicht eine konstitutive, sondern lediglich eine abgeschwächte, sog. deklaratorische Wirkung zukommen sollen.

 
Achtung

Darlegungs- und Beweislast beachten

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht davon aus, dass es sich bei der Klausel "Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen der Schriftform" und ähnlichen Formulierungen um konstitutive Klauseln handelt, weil durch sie die Arbeitsvertragsparteien vor übereilten Änderungsverträgen bewahrt, schleichende Vertragsänderungen vermieden und vorgenommene Vertragsänderungen beweiskräftig festgestellt werden sollen. Ausgehend von dieser Vermutung legt das BAG der Partei, die eine vom Regelfall abweichende Zwecksetzung des vereinbarten Schriftformzwangs verficht, die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung auf.

Wenn unter dem Eindruck dieser Rechtsprechung also regelmäßig von der konstitutiven Wirkung typischer Schriftformklauseln auszugehen ist, so ist im Einzelfall gleichwohl zu prüfen, ob die Parteien die vertragliche Vereinbarung über die Schriftform nicht ganz oder teilweise wieder einvernehmlich aufgehoben haben. Denn bei vertraglich vereinbarten Schriftformklauseln steht es den Parteien frei, im Rahmen einer Vertragsänderung zugleich auch den Schriftformzwang aufzuheben. Diese Aufhebung braucht nicht ausdrücklich zu geschehen; es genügt auch eine stillschweigende Einigung. Seit der Ausweitung der AGB-Kontrolle auf Arbeitsverträge ist § 305b BGB zu beachten. Danach haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Unerheblich ist dabei, ob die Individualvereinbarung ausdrücklich oder stillschweigend getroffen wurde.

Das gilt sogar dann, wenn die Parteien bei Abschluss der an sich formbedürftigen Vereinbarung nicht an die Schriftformklausel gedacht haben. Durch den Vorrang der Individualabrede nach § 305b BGB gilt dies auch für sog. doppelte Schriftformklauseln. Mit der doppelten Schrift...

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