Die richtige rechtliche Einordnung des "Praktikanten" ist von erheblicher Bedeutung. Denn wird z. B. ein Arbeitnehmer fälschlicherweise als Praktikant behandelt und bekommt er kein Entgelt, keinen Urlaub und keine Entgeltfortzahlung, kann er zum einen später die eigentliche Vergütung und andere noch nicht erfüllte Entgeltansprüche als Arbeitnehmer geltend machen. Zum anderen müssen Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nachentrichtet werden. Seit dem 1.1.2015 ist die konkrete Einordnung des Praktikantenverhältnisses zudem relevant für das MiLoG, denn gemäß § 22 Abs. 1 Sätze 2 und 3 MiLoG haben grundsätzlich auch Praktikanten, die auch von § 26 BBiG erfasst sind, Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Im Einzelnen lässt sich ein Praktikum zu anderen Rechtsbeziehungen wie folgt abgrenzen:

Von einem "normalen" Arbeitsverhältnis unterscheidet sich ein Praktikantenverhältnis dadurch, dass es dem Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen dient, was jedoch nicht mit einer Berufsausbildung gleichgesetzt werden kann.[1] Ein Arbeitnehmer wird hingegen zur Erbringung einer Arbeitsleistung tätig und bringt in der Regel die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten schon mit. Im Arbeitsverhältnis überwiegt die Pflicht zur Erfüllung der Arbeitsleistung nach Weisung des Arbeitgebers.

Allein der Umstand, dass ein Praktikant ein vergütetes Praktikum absolviert, reicht allerdings nicht für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses aus, wenn seine Ausbildung und nicht seine Arbeitsleistung im Vordergrund steht.[2] Auch das Erbringen verwertbarer Arbeitsergebnisse spricht für sich genommen noch nicht für ein Arbeitsverhältnis. Für ein Arbeitsverhältnis kann jedoch eine Gesamtschau aller Einzelumstände sprechen, wie z. B. die Vereinbarung einer Probezeit, der Umfang der Dienstpflicht (2/3 einer Vollzeitstelle) und die Höhe einer vereinbarten Vergütung.[3] In der Praxis wird jedoch oftmals ein Arbeitsverhältnis als Praktikum bezeichnet, z. B. wenn ein Absolvent für ein Unternehmen nach seinem Studium tätig wird.

 
Hinweis

Art des Praktikums genau prüfen

Aufgrund dessen, dass die rechtliche Einordnung eines Praktikanten von der allgemeinen Anschauung abweicht, sollte mit Blick auf die sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Konsequenzen kritisch hinterfragt werden, welche Art von Praktikum im Sinne des Gesetzes vorliegt oder ob es sich tatsächlich doch um ein Arbeitsverhältnis handelt.

Nicht als Praktikanten gelten Schüler, die vor ihrem Schulabschluss sog. Berufs- oder Betriebspraktika ableisten, die ihnen lediglich einen allgemeinen Einblick in die Arbeits- und Berufswelt geben sollen.[4] Das Schülerpraktikum dient in erster Linie der persönlichen Information über einen Teil der sozialen Wirklichkeit, um den Schülern ihre Ausbildungs- und Berufswahl zu erleichtern sowie der kritischen Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Berufswelt. Schülerpraktikanten werden in der Regel weder ausgebildet noch zur Arbeitsleistung herangezogen. Etwaige von ihnen verrichtete Arbeit ist ihrer Art nach keine weisungsgebundene Tätigkeit, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes des Arbeitgebers zu dienen bestimmt ist.[5]

Abzugrenzen ist das Praktikumsverhältnis auch vom Ausbildungsverhältnis, bei dem ein Mitarbeiter ausschließlich zum Erlernen eines anerkannten Berufes tätig wird. Auf Auszubildende finden die besonderen Regelungen des BBiG Anwendung. Mittelbar, sofern im BBiG nichts Spezielles geregelt ist, findet auch das Arbeitsrecht im Allgemeinen Anwendung. Die Auszubildenden unterliegen grundsätzlich der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht.

Ebenfalls nicht unter den Begriff des Praktikanten einzuordnen sind die sog. Werkstudenten. Werkstudenten arbeiten primär aus ausbildungsfremden Gründen, d. h. sie arbeiten nicht um zu "lernen", sondern um zu "verdienen". Die Beschäftigung findet primär während der Semesterferien statt. Aber auch während der Vorlesungszeit werden Studenten regelmäßig in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen tätig, um durch selbstständige oder abhängige Arbeit ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Abhängig beschäftigte, weisungsgebundene Werkstudenten sind reine Arbeitnehmer. Die Bezeichnung ist daher irreführend. Sie ist dem Sozialversicherungsrecht entnommen, namentlich dem sogenannten Werkstudentenprivileg nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III. Als Arbeitnehmer finden auf Werkstudenten aber sämtliche Gesetze für Arbeitnehmer, wie z. B. das Bundesurlaubsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz, das Teilzeit- und Befristungsgesetz, Anwendung. Die Tätigkeit des Werkstudenten muss vergütet werden. Wird eine Vergütung nicht gezahlt, kann der Werkstudent – grundsätzlich auch im Nachhinein – eine seiner Tätigkeit entsprechende übliche Vergütung verlangen.

Schließlich sind Praktikanten von Volontären zu unterscheiden. Volontäre werden meist auch für Ausbildungszwecke für den Arbeitgeber tätig, ohne allerdings mit der Tätigkeit eine vollständig abgeschlossene Fachausbildung in ein...

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