Bis heute haben sich im nationalen Recht zwei Kampfverbote für abhängig Beschäftigte gehalten, das Verbot des Beamtenstreiks sowie das staatlich zu gewährleistende Recht der Kirchen, in ihren Einrichtungen das Recht zu kampfweisen Arbeitsniederlegungen auszuschließen, wenn sie stattdessen ein hinreichend ausgestaltetes Arbeitsrechtsregelungsverfahren installiert haben. Beide Einschränkungen des Streikrechts sind in der jüngeren Vergangenheit unter Druck geraten, aber in der Sache gerichtlich bestätigt worden.

5.1 Verbot des Beamtenstreiks

Das Streikverbot für Beamte ist auch tatsächlich ein langjährig überwiegend akzeptierter und durchgängig praktizierter Grundsatz des Berufsbeamtentums. Es ist als solcher nach Art. 33 Abs. 5 GG vom Gesetzgeber zu beachten. Das Streikverbot weist eine enge Verbindung auf mit dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip, der Treuepflicht, dem Lebenszeitprinzip sowie dem Grundsatz der Regelung des beamtenrechtlichen Rechtsverhältnisses einschließlich der Besoldung durch den Gesetzgeber. Das Streikverbot für Beamte als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums ist kollidierendes Verfassungsrecht und rechtfertigt die Beschränkung des Art. 9 Abs. 3 GG und die im Grundsatz durch diese Bestimmung auch für Beamten gewährleistete Koalitionsfreiheit. Ein derartiges Rechtsverständnis trägt dem Grundsatz der praktischen Konkordanz Rechnung. Es steht auch mit völkerrechtlichen Bestimmungen in Übereinstimmung, die in der Bundesrepublik Deutschland anwendbar sind und dort über das Gebot völkerrechtsfreundlicher Auslegung nationalen Rechts wirksam werden. Mit dieser umfangreich hergeleiteten Begründung hat das Bundesverfassungsgericht die Angriffe gegen das allein an den Status des Beamten – und nicht dessen mehr oder weniger für das Gemeinwohl wichtige übertragene Aufgabe – Streikverbot gegen zahlreiche Angriffe aufrechterhalten.[1] Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass sich hieran ein – weiterer – Konflikt innerhalb des internationalrechtlichen Mehrebenensystems anschließen wird. Es gibt jedenfalls unverändert Stimmen, die das beamtenrechtliche Streikverbot insgesamt infrage stellen oder zumindest dessen funktionsbezogene Begrenzung fordern. Es ist zu erwarten, dass von dort aus versucht werden wird, den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu erreichen. Einige meinen, von dort andere Tendenzen, was das Verständnis der völkerrechtlichen Regelungen angeht, wahrgenommen zu haben.[2] So hat etwa der EGMR betont, die internationalrechtlich dem Wortlaut nach wie in Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Rechte gölten auch für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes und erstrecken sich grundsätzlich auf ein auch in diesem Bereich bestehendes Streikrecht der Gewerkschaften zur Durchsetzung ihrer Forderungen; die Mitgliedstaaten hätten zwar die Möglichkeit, diese Rechte für Staatsbedienstete einzuschränken. Sie dürfen dabei aber nicht den Kernbereich der Garantie des Art. 11 Abs. 1 EMRK verletzen.[3] Danach wird es für möglich gehalten, dass bei Maßgeblichkeit dieser Bestimmung nur ein sehr enger, auf die Funktion der Staatsbediensteten und nicht auf deren Status bezogener Rahmen für Eingriffe in das Streikrecht besteht, also etwa mit Wirkung für Streitkräfte, die Polizei und öffentliche Verwaltung, die Hoheitsgewalt ausübt.[4]

[2] So im Verhältnis zu Art. 6 Nr. 4 ESC etwa EUArbR/Schubert, ESC Art. 6 Rz. 30.
[3] EGMR Urteil v. 12.11.2008, 39503/97, Demir und Baykara; EGMR, Urteil v. 21.4.2009, 68959/01, Enerji Yapi-Yol Sen.

5.2 Kein Recht auf Arbeitskampfrecht in kirchlichen Einrichtungen?

Im Ergebnis noch weitgehend ungeklärt ist die konkrete Rechtslage in den Kirchen, was deren Recht angeht, gegen ihre Einrichtungen gerichtete Streikmaßnahmen mithilfe der staatlichen Gerichte abzuwehren.

Die großen Kirchen beschäftigen in ihren Einrichtungen eine Vielzahl von Arbeitnehmern auf der Grundlage von Arbeitsverträgen. Zu diesen Einrichtungen gehören nicht nur die Kirchengemeinden selbst mit den von ihnen unterhaltenen Kindergärten, Sozialstationen o. Ä. Hierzu zählen auch die in rechtlich selbstständiger Trägerschaft, aber unter maßgebendem kirchlichen Einfluss stehenden Wohlfahrtseinrichtungen der Diakonie und der Caritas. Die dort begründeten Arbeitsverhältnisse richten sich im Grundsatz nach staatlichem Recht. Um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nach einem einheitlichen Regelwerk abzuwickeln, haben die großen Kirchen eigenständige Regelungsverfahren eingeführt. Sie sollen zu Arbeitsrechtsregelungen führen, die den beiderseitigen Interessen angemessen sind. Für den Weg zu solchen Regelungen haben beide Kirchen für einzelne Bereiche ihrer Betätigung und auch im Verhältnis zueinander im Einzelnen unterschiedliche Verfahrensbestimmungen getroffen. Man legt dabei die – wiederum im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltete – Regelungsmodelle zugrunde. Im sog. Z...

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