Der Streik ist das gängige Mittel, dessen sich abhängig Beschäftigte im Arbeitskampf bedienen. Der Begriff "strike" stammt aus dem England des 19. Jahrhunderts. Er meinte zunächst nur den plötzlichen "Schlag" einer Arbeitnehmergruppe gegen den sozialen Gegenspieler. Heute versteht man unter dem Streik die planmäßige und gemeinschaftliche ("kollektive") Verweigerung der nach den abgeschlossenen Einzelarbeitsverträgen eigentlich geschuldeten Arbeit durch eine Gruppe von Arbeitnehmern oder ganze Belegschaften. Mithilfe der so erzeugten Störung der Produktionsabläufe soll das angestrebte Ziel erreicht werden. Dies stets vor dem Hintergrund, dass die Streikenden die Arbeit nach dem Ende der Maßnahme wieder aufnehmen wollen. Ziel wird regelmäßig eine Verbesserung der kollektiven Arbeitsbedingungen sein, wie sie insbesondere in Tarifverträgen festgelegt werden. Dieses heute typische Ziel eines Streiks gehört aber nicht zu dessen Begriffsmerkmalen. Kollektive Arbeitsniederlegungen können auch nur dazu dienen, tatsächlich eingetretene Verschlechterungen rückgängig zu machen.

Das Arbeitskampfrecht dient dazu, die Zulässigkeit und Rechtsfolgen von Streikmaßnahmen zu bestimmen. Es hat darüber zu entscheiden, bei welcher Zielrichtung und mit welcher Intensität von organisierten Kollektiven ausgehende Störungen des Arbeitslebens hingenommen werden können. Das Arbeitskampfrecht hat die Aufgabe, das Arbeitskampfgeschehen derart zu regulieren, dass Schäden bei Beteiligten und Dritten nicht außer Verhältnis zu dem von den Kämpfenden angestrebten Ziel geraten. Es liegt auf der Hand, dass es hier sehr unterschiedliche Einschätzungen der am Arbeitsleben und an der Rechtsprechung Beteiligten geben kann.

Die Rechtsordnung hat sich im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen von Arbeitnehmerseite allerdings nicht ausschließlich mit dem Streik zu befassen. Aus dem Freiheitsgrundrecht der Koalitionen und deren für die Koalitionsfreiheit zentral bedeutsamen Staatsferne ergibt sich, dass die Wahl der Mittel, welche die Koalitionen zur Erreichung der koalitionsspezifischen Zwecke für geeignet halten, diesen überlassen bleibt. Deshalb kann es auch zu den rechtlich zu überprüfenden Kampfmitteln gehören, dass Gewerkschaften streikbegleitend zu sog. Flashmob-Aktionen greifen, mit denen rechtmäßige Arbeitskampfziele unterstützt werden sollen. Hierunter versteht man die "blitzartige Mobilisierung" von Menschen mit dem Ziel, kurzzeitig die Abläufe in einem Betrieb zu stören und so zusätzlichen Verhandlungsdruck aufzubauen.

 
Praxis-Beispiel

Flashmob

In einer Auseinandersetzung um einen neuen Tarifvertrag im Einzelhandel veranlasste die beteiligte Gewerkschaft Menschen, die sich zuvor zu einer derartigen Unterstützungsaktion bereit erklärt hatten, kurzfristig per Handy in einer durch Streikbrecher weiter betriebenen Filiale "gezielt einkaufen zu gehen": "z. B. so: Viele Menschen kaufen zur gleichen Zeit einen Pfennig-Artikel und blockieren dann für längere Zeit den Kassenbereich. Viele Menschen packen zur gleichen Zeit ihre Einkaufswagen voll (bitte keine Frischware!!) und lassen sie dann stehen."[1]

Zu den historisch überkommenen Kampfmaßnahmen auf Arbeitnehmerseite gehört auch der Boykott. Im Arbeitsleben versteht man darunter einen von Arbeitnehmerseite ausgehenden Aufruf, mit dem Kampfgegner keine Verträge abzuschließen, geschlossene Verträge nicht einzuhalten oder die Erfüllung geschlossener Verträge zu verhindern, um auf diese Weise Tarifverhandlungen zu unterstützen.

 
Praxis-Beispiel

Boykott

Aufruf an die Kunden eines großen Internet-Versandhändlers, um der Erzwingung eines Tarifabschlusses willen bei dem bekämpften Unternehmen nicht zu bestellen, oder an die Ladearbeiter eines Gesamthafenbetriebes, die Schiffe einer bestimmten Reederei, die sich jeder Tarifverhandlung verweigert, nicht zu entladen. Denkbar wären auch Aufrufe an die Verbraucher, Produkte eines Unternehmens, das seinen deutschen Produktionsstandort schließen will, nicht mehr nachzufragen, falls das Unternehmen an diesem Ziel festhält.

Maßnahmen wie Flashmob oder Boykottaufrufe sind in Deutschland sehr selten. Denn sie sind von der am Kampf beteiligten Gewerkschaft nur schwer zu beherrschen, dessen Beendigung ist kaum zügig durchzusetzen. Die Beherrschbarkeit der Kampfmaßnahmen ist aber Voraussetzung dafür, dass erfolgreich um Tarifabschlüsse gekämpft werden kann. Kann die Unternehmensseite nicht sicher damit rechnen, dass bei eigenem Nachgeben die Kampfmaßnahmen enden, sie von der Gegenseite also unterbunden werden können, besteht für sie wenig Anlass nachzugeben.

2.1 Streikformen und -begriffe

Das Streikgeschehen kennt eine Vielzahl von Erscheinungsformen, durch die Vorenthaltung von arbeitsvertraglich geschuldeter Arbeitsleistung auf den oder die Arbeitgeber Druck auszuüben. Einige von ihnen sind überkommen, andere sind in Reaktion auf Veränderungen in den Produktionsverhältnissen oder...

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