Nach § 54 Abs. 1 ArbGG beginnt die mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in der ersten Instanz mit einer Verhandlung vor dem Vorsitzenden mit dem Zweck der gütlichen Einigung der Parteien, der Güteverhandlung. Sie verstärkt den Einigungsgrundsatz in § 57 Abs. 2 ArbGG, wonach eine gütliche Einigung des Rechtsstreits während des gesamten Verfahrens angestrebt werden soll. Eine Güteverhandlung wird nur im Urteilsverfahren, nicht auch im Beschlussverfahren durchgeführt. Nach Eingang der ordnungsgemäßen Klageschrift wird durch den Vorsitzenden ein Termin zur Güteverhandlung anberaumt. Dieser Termin soll innerhalb von zwei Wochen nach Klageeingang stattfinden. Dem Beklagten wird mit der Ladung zum Termin auch die Klageschrift förmlich zugestellt.

Die Durchführung der Güteverhandlung ist zwingend vorgeschrieben, sodass die Parteien des Rechtsstreits darauf nicht verzichten können. Mit der Güteverhandlung soll mit Unterstützung des Vorsitzenden eine Beilegung des Rechtsstreits im sensiblen Bereich des Arbeitsrechts erreicht werden. Der Rechtsstreit kann durch Klagerücknahme, beiderseitige Erledigungserklärungen nach § 91 a ZPO, durch den Abschluss eines Vergleichs oder auf sonstige Weise beigelegt werden.

Der Möglichkeit der beiderseitigen Erledigungserklärung nach § 91 a ZPO kommt im arbeitsgerichtlichen Verfahren nur eine geringe Bedeutung zu. Zum einen findet im erstinstanzlichen Verfahren keine Kostenerstattung statt, zum anderen entstehen bei einer Klagerücknahme vor streitiger Verhandlung keine Gerichtskosten, was aber bei einem Beschluss des Gerichts nach § 91 a ZPO der Fall wäre.

Seit dem 1.1.2022 besteht die Möglichkeit, die Güteverhandlung durch Zuschaltung von Verfahrensbeteiligten im Wege der Videokonferenztechnik durchzuführen. Das gilt auch für die spätere mündliche Verhandlung im Kammertermin. Dazu wurde durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 5.10.2021[1] § 278 Abs. 2 Satz 5 ZPO eingefügt, der auf die entsprechende Anwendung von § 128a Abs. 1 und 3 ZPO verweist.

Die Güteverhandlung dient auch der Vorbereitung der streitigen Verhandlung. In der Praxis der Arbeitsgerichte kommt der gütlichen Einigung der Parteien durch einen Vergleich eine besondere Bedeutung zu, da die überwiegende Anzahl der Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht in der Güteverhandlung im Vergleichswege beendet werden.

Der Prozessvergleich hat sog. Doppelnatur. Er bewirkt eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits durch gegenseitiges Nachgeben in Form eines materiell-rechtlichen Rechtsgeschäfts zum einen und eines Prozessvertrages zum anderen. In prozessualer Hinsicht ist für einen Vergleich erforderlich, dass er vor einem deutschen Gericht, durch die Parteien des Urteilsverfahrens und über den ganzen oder einen Teil des Streitgegenstandes abgeschlossen wird, ferner dass der Vergleich nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO protokolliert wird[2] und dass alle Prozesshandlungserfordernisse (Dispositionsbefugnis, Postulationsfähigkeit) vorliegen. Auf materiell-rechtlicher Ebene muss ein Vertrag i. S. d. § 779 BGB vorliegen, der nach materiellem Recht wirksam ist.

Der Abschluss des Vergleichs bewirkt eine unmittelbare Verfahrensbeendigung. Nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kommt dem abgeschlossenen Vergleich die Eigenschaft eines Vollstreckungstitels zu. Er bewirkt darüber hinaus eine Neuordnung der Rechtsbeziehungen der Prozessparteien nach dem Inhalt des Vergleichs, d. h. in der Regel einen Teilverzicht. Allerdings kommt dem Vergleich keine Rechtskraftwirkung zu, sodass z. B. für eine Leistungsklage ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn sie sich auf eine im Prozessvergleich enthaltene Verpflichtung bezieht, und ohnehin mit einer Vollstreckungsabwehrklage des Gegners bei einer Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich gerechnet werden muss.

Mehrere Güteverhandlungen in einem Rechtsstreit sind grundsätzlich unzulässig, jedoch kann die Güteverhandlung mit Zustimmung der Parteien kurzfristig vertagt und in einem weiteren Termin, der alsbald stattzufinden hat, fortgesetzt werden, § 54 Abs. 1 Satz 5 ArbGG. Von dieser Möglichkeit wird dann Gebrauch gemacht, wenn im Gütetermin Erklärungen oder schriftliche Unterlagen, die für den Fortgang des Rechtsstreits wie auch für die gütliche Einigung von Bedeutung sind, nicht abgegeben oder vorgelegt werden können.

[1] BGBl. 2021 I S. 4607.
[2] Siehe hierzu Arbeitshilfe: Bitte um gerichtliche Protokollierung.

2.1 Vorbereitung der Güteverhandlung

Für den Vorsitzenden des Gerichts besteht die Möglichkeit, innerhalb bestimmter Grenzen die Güteverhandlung vorzubereiten. Nach § 51 Abs. 1 ArbGG kann der Vorsitzende in jeder Lage des Rechtsstreits das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Diese Anordnung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden. Handelt es sich bei den Parteien um Personengesellschaften, so werden die Gesellschafter geladen. Bei Kapitalgesellschaften werden die gesetzlichen Vertreter geladen. Von der Möglichkeit der Anordnung des persönlichen Erschei...

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