Die Beweislast bestimmt, welche der Parteien den Beweis für Tatsachenbehauptungen antreten muss (sog. subjektive Beweislast) und zu wessen Nachteil es sich auswirkt, wenn die behauptete Tatsache nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden kann oder unklar geblieben ist (sog. objektive Beweislast). Die Beweislast entspricht in der Regel der Darlegungslast, die Grundlage für die Beweisaufnahme ist. Die Darlegungslast bestimmt, welche der Parteien des Rechtsstreits dem Gericht die rechtserheblichen Tatsachen darzustellen hat. Gelingt bereits die Darlegung der Tatsachenbehauptungen nicht, wird der Rechtsstreit gegen die darlegungsbelastete Partei ohne Beweisaufnahme entschieden.

Die Darlegungs- und Beweislast richtet sich nach dem materiellen Recht. Grundsätzlich gilt, dass die Partei die tatsächlichen Umstände für die Anwendung von für sie günstigen Vorschriften darzulegen und zu beweisen hat. Darüber hinaus kann sich die Beweislastverteilung auch ausdrücklich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben, z. B. § 619 a BGB, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG, § 22 AGG.

 
Praxis-Beispiel

Beweislast des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber hat im Kündigungsschutzprozess nach § 1 Abs. 2 KSchG die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Kündigungsgründe. Dagegen hat der Arbeitnehmer die Tatsachen nach § 1 Abs. 3 KSchG für die fehlerhafte Anwendung der maßgeblichen Gesichtspunkte in der Sozialauswahl darzulegen und zu beweisen.

Der Arbeitgeber hat im Prozess wegen einer verhaltensbedingten Kündigung, die auf eine Abmahnung gestützt wird, die Behauptung zu beweisen, dass ein Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers vorgelegen hat. Der Arbeitnehmer hat die Gründe zu beweisen, die zu einer Rechtfertigung seines Verhaltens führen.

Zu beachten sind auch die – im arbeitsgerichtlichen Verfahren eher seltenen – Fälle der Beweislastumkehr. Dabei muss nicht der Anspruchsteller die für ihn günstigen Tatsachen beweisen, diese werden vielmehr als gegeben unterstellt. Der Anspruchsgegner ist dann verpflichtet nachzuweisen, dass diese Tatsachen nicht vorhanden sind.

 
Praxis-Beispiel

Beweislastumkehr

Nach § 1 Abs. 4 ProdHaftG hat grundsätzlich der Geschädigte den Fehler, den Schaden und die Ursächlichkeit des Fehlers für den Schaden eines Produkts zu beweisen. Allerdings gilt ausnahmsweise eine Beweislastumkehr zulasten des Herstellers für die Fehlerfreiheit des Produkts beim In-Verkehr-Bringen und die Ursächlichkeit unterlassener erforderlicher Sicherungen des Prüfungsbefunds für den entstandenen Schaden.[1]

Der Anscheinsbeweis (prima facie) beinhaltet, dass sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisende Tatsache nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt.[2] In diesem Fall kann von einer festgestellten Ursache auf einen bestimmten Erfolg oder umgekehrt geschlossen werden. Damit muss die beweisbelastete Partei bei Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises nur den eingetretenen Erfolg streng beweisen, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf eine bestimmte und behauptete Ursache hinweist. Das ist keine Beweislastumkehr, sondern nur eine Beweiserleichterung. Die Gegenpartei kann dann behaupten und ggf. beweisen, dass sich der eingetretene Erfolg aus einer anderen Ursache ergibt. Diese Erschütterung des Anscheinsbeweises kann von der beweisbelasteten Partei durch die Erbringung des Vollbeweises beseitigt werden.

 
Praxis-Beispiel

Anscheinsbeweis im arbeitsgerichtlichen Verfahren

  • Alkoholsucht ist nach der Lebenserfahrung selbst verschuldet.
  • Arbeitsunfähigkeit infolge einer Schlägerei spricht für ein Verschulden des Arbeitnehmers (bei der Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall).
  • Streik als Ursache für die Entstehung eines Schadens.

Dagegen ist kein Anscheinsbeweis möglich, sondern ein Vollbeweis erforderlich in folgenden Fällen:

  • Misserfolg bei der Stellensuche des Arbeitnehmers habe seine Ursache im nicht ordnungsgemäß erteilten Zeugnis.
  • Nachweis des Zugangs einer Willenserklärung allein durch die Absendung eines gewöhnlichen oder eingeschriebenen Briefes.
[2] Vgl. BGH, Urteil v. 19.3.1996, VI ZR 380/94; BGH, Urteil v. 4.12.2000, II ZR 293/99.

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