§ 80 ArbGG enthält eine nicht abschließende Aufzählung der im Beschlussverfahren anwendbaren Vorschriften. Bei Regelungslücken ist auf die für das Urteilsverfahren geltenden Vorschriften des ArbGG sowie die Vorschriften der ZPO zurückzugreifen, soweit der Charakter des Beschlussverfahrens dem nicht entgegensteht.[1]

Anwendbar im Beschlussverfahren sind insbesondere die Vorschriften über die Rechtshängigkeit[2], den Mindestinhalt der Antragsschrift oder der bestimmenden Schriftsätze[3], die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand[4] sowie über die Wiederaufnahme des Verfahrens.[5] Hingegen sind die Normen über das Säumnis- bzw. Mahnverfahren[6] nicht im Beschlussverfahren anzuwenden.

1.5.1 Verfahrensgrundsätze

Im Beschlussverfahren gelten besondere Verfahrensgrundsätze, die sich grundlegend vom Urteilsverfahren unterscheiden. Insbesondere ist hier der Untersuchungsgrundsatz des § 83 Abs. 1 ArbGG zu nennen.

1.5.1.1 Untersuchungsgrundsatz

Der gemäß § 83 Abs. 1 ArbGG geltende Untersuchungsgrundsatz ist vom im Urteilsverfahren geltenden Beibringungsgrundsatz zu unterscheiden. Im Rahmen des Beibringungsgrundsatzes hat das Gericht nur über Tatsachen zu entscheiden, die ihm die Parteien beibringen. Nicht oder nicht substanziiert bestrittene Tatsachenbehauptungen gelten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Bei Geltung des Untersuchungsgrundsatzes ist das Gericht hingegen nicht an den Vortrag und insbesondere die Beweisantritte der Beteiligten gebunden. Das Gericht ist hier dazu angehalten, auf der Grundlage des Vortrags der Parteien weitere Untersuchungen anzustellen.

Dabei sollte jedoch die Geltung des Untersuchungsgrundsatzes nicht überschätzt werden.

Auch im Beschlussverfahren sind die Beteiligten gehalten, diejenigen Tatsachen unter Beweisantritt vorzutragen, die ihr Begehren stützen. Nach Auffassung des BAG ist es nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte, ohne ausreichenden Sachvortrag des Antragstellers von sich aus Überlegungen darüber anzustellen, ob ein anderer Sachverhalt geeignet wäre, eine ausreichende Begründung für die mit seinem Antrag begehrten Ansprüche zu geben.

Gemäß § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sind die am Verfahren Beteiligten verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Es ist daher erforderlich, dass die Beteiligten zu bestimmten Erklärungen zum Sachverhalt durch das Gericht aufgefordert werden. Nur nach Aufforderung durch das Gericht dürfen aus der Weigerung eines Beteiligten, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, Schlüsse gezogen werden.[1] Andererseits sind richterliche Hinweise auch im Beschlussverfahren nicht angezeigt, wenn sie dem Vortrag eines Beteiligten erst zur Schlüssigkeit verhelfen. Auch im Beschlussverfahren gelten die Grundsätze über die Darlegungs- und Beweislast. Das Risiko, dass eine Tatsache nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, trägt auch im Beschlussverfahren diejenige Partei, die eine Tatsache für ihren Anspruch vorträgt.

1.5.1.2 Dispositionsgrundsatz

Auch im Beschlussverfahren gilt der Dispositionsgrundsatz, da der Antragsteller durch seinen Antrag den Streitgegenstand des Verfahrens bestimmt. Das Verfahren wird gemäß § 81 Abs. 1 ArbGG nur auf Antrag eingeleitet. Der Antrag kann vom Antragsteller in der ersten Instanz gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 ArbGG jederzeit, in der zweiten und dritten Instanz mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgenommen werden. Das Gericht darf nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als der Antragsteller beantragt hat. Insoweit gilt der Grundsatz nach § 308 ZPO auch im Beschlussverfahren.

1.5.2 Örtliche Zuständigkeit im Beschlussverfahren

Gemäß § 82 ArbGG ist das Arbeitsgericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Betrieb liegt. Die Begründung einer anderen Zuständigkeit ist weder durch eine Gerichtsstandsvereinbarung noch durch rügeloses Verhandeln möglich. Ist das angerufene Arbeitsgericht örtlich unzuständig, verweist es das Verfahren gemäß §§ 17 ff. GVG durch unanfechtbaren Beschluss des Vorsitzenden an das örtlich zuständige Arbeitsgericht. Geht es um eine Angelegenheit des Gesamtbetriebsrats oder anderer überbetrieblicher Gremien, kommt es auf den Sitz des Unternehmens an.

Geht es nicht um Beschlussverfahren, die einen Betrieb oder ein Unternehmen betreffen, trifft § 82 ArbGG keine Regelung. Für die Fälle einer Streitigkeit um die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit ist nach § 97 Abs. 2 ArbGG das Landesarbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk die betreffende Vereinigung ihren Sitz hat.

Die besonderen Beschlussverfahren, in denen es auch um öffentlich-rechtliche Konflikte geht, sind vor dem Arbeitsgericht auszutragen, in dessen Bezirk sich die beteiligte Behörde befindet. Geht es also z. B. um die Anerkennung einer Schulungsveranstaltung als geeignet i. S. v. § 37 Abs. 7 BetrVG, dann ist das Arbeitsgericht überörtlich zuständig, in dessen Bezirk sich die oberste Arbeitsbehörde des Landes befindet, in dem der Träger der Schulun...

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