Die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags ist bei Vorliegen der in § 5 Abs. 1 TVG genannten Voraussetzungen zulässig. Danach kann ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Dies ist in der Regel der Fall, wenn

  • der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
  • die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

Diese erleichterten Voraussetzungen gelten erst seit dem 16.8.2014 und wurden durch das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie[1] eingeführt. Das bisher erforderliche Mindestquorum von 50 % der unter den räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer bei den tarifgebundenen Arbeitgebern wurde mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz aufgegeben. Erforderlich ist nun ein gemeinsamer Antrag der Tarifvertragsparteien.

Für die Frage, ob die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse liegt, kommt es entscheidend darauf an, ob der Tarifvertrag für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen in der Branche eine überwiegende Bedeutung hat. Maßgeblich sind hierfür die Tarifbindung, Bindungen an den Tarifvertrag durch Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen, Anerkennungstarifverträge sowie die Einschätzung, ob der Tarifvertrag Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklungen abwenden kann.

Daneben setzt die Allgemeinverbindlicherklärung das Bestehen eines wirksamen Tarifvertrags voraus. Sein Inhalt darf nicht wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht (Gemeinschaftsrecht, Grundgesetz, zwingendes Gesetzesrecht) nichtig sein. Die Allgemeinverbindlicherklärung heilt nicht bestehende inhaltliche Mängel des Tarifvertrags. Auch ein Verstoß gegen formelles Recht darf nicht vorliegen. So müssen insbesondere das Schriftformerfordernis des § 1 Abs. 2 TVG gewahrt und der Geltungsbereich des Tarifvertrags von der Tarifzuständigkeit der vertragsschließenden Verbände umfasst sein. Bei der Allgemeinverbindlicherklärung von bereits beendeten und nur noch nachwirkenden Tarifverträgen darf die Nachwirkung von den Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag nicht ausgeschlossen sein.[2]

[1] Tarifautonomiegesetz v. 11.8.2014, BGBl. 2014 I S. 1348.

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