Nach dem Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz hat das Gericht alle Umstände zu berücksichtigen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie von der darlegungspflichtigen Partei vorgetragen worden sind. Das Arbeitsgericht hat den Sachverhalt nicht von Amts wegen zu ermitteln. Es obliegt demnach den Parteien, alle erheblichen Tatsachen vorzutragen. Das Gericht hat sich auf die Prüfung der Angriffs- und Verteidigungsmittel zu beschränken. Auch offenkundige Tatsachen sind von den Parteien vorzutragen. Das Gericht muss deshalb auch Tatsachen berücksichtigen, die von den Parteien vorgetragen worden sind, wenn das Gegenteil dieser Tatsachen offenkundig ist.

 
Praxis-Beispiel

Es ist unzulässig, wenn das Gericht in einem Kündigungsschutzprozess Kündigungsgründe berücksichtigt, die der Arbeitgeber nicht vorgetragen hat.

Dieser Verhandlungsgrundsatz wird bereits im Zivilverfahren dahin gehend eingeschränkt, dass das Gericht darauf hinzuwirken hat, dass der Sachverhalt vollständig erörtert wird und keiner Partei aus ihrer Unerfahrenheit oder Unkenntnis Nachteile erwachsen. Das Gericht ist verpflichtet, einen zweifelhaften Sachverhalt klarzustellen und hat die Parteien zu ergänzendem Vortrag anzuhalten.[1] Das Gericht kann von Amts wegen die Vorlage von Urkunden, Akten und Gutachten durch Sachverständige anordnen.[2] Der Vorsitzende hat die streitige Verhandlung so vorzubereiten, dass sie möglichst in einem Termin zu Ende geführt werden kann, und den Beklagten zur Stellungnahme aufzufordern.[3] Deshalb gibt in der Praxis der Vorsitzende nach Erörterung des Sach- und Streitgegenstandes in der Güteverhandlung oftmals umfangreiche Hinweise und Auflagen für den weiteren Sachvortrag der Parteien.

In Abgrenzung zum Verhandlungsgrundsatz ist der Untersuchungsgrundsatz bei der Ermittlung ausländischen Rechts, Gewohnheitsrechts und Satzungen anzuwenden.[4] Das Gericht hat anzuwendendes ausländisches Recht anhand der Rechtslehre und Rechtsprechung zu ermitteln; es ist nicht an die Beweismittel der ZPO gebunden. Tragen allerdings die Parteien übereinstimmend den Inhalt anzuwendender ausländischer Rechtsnormen vor, kann das Gericht dies als richtig zugrunde legen.

Der Untersuchungsgrundsatz ist auch auf tarifliche Normen anzuwenden, wenn der Tarifvertrag kraft Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeitserklärung anzuwenden ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn einzelvertraglich auf einen Tarifvertrag Bezug genommen wird. Das Gericht hat zu prüfen, ob tarifliche Normen anzuwenden sind, wenn sich aus dem Parteivortrag ergibt, dass tarifliche Normen bestehen könnten.

Das Gericht prüft die Zulässigkeit einer Klage von Amts wegen. Gemäß § 139 Abs. 3 ZPO hat das Gericht auf Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.[5]

Das Gericht kann die erforderlichen Hinweise durch vorbereitende Verfügungen gemäß § 273 Abs. 2 ZPO oder einen Hinweisbeschluss erteilen. Praktisch kommt auch eine fernmündliche Hinweiserteilung vor.

Ein Hinweis ist so früh wie möglich zu erteilen.[6] Die betroffene Partei muss Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Zweck der Hinweis- und Aufklärungspflicht besteht in der Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens und im Verbot von Überraschungsentscheidungen.

Die Verletzung der Hinweispflicht ist ein Verfahrensfehler, auf den die Revision gestützt werden kann.

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