Stellenanzeigen überzeugend texten und gestalten
Bewerbung ja oder nein? Diese Entscheidung ist oft abhängig von der Qualität der Stellenanzeige. Fast zwei Drittel der Stellensuchenden (65 Prozent) haben schon mindestens einmal auf eine Bewerbung verzichtet, weil sie ein Jobinserat als schlecht empfanden. 19 Prozent gehen sogar noch weiter und schließen daraufhin den Arbeitgeber für sich komplett aus. Das ermittelte die Umfrage "Stellenanzeigen 2025" der Königsteiner Gruppe, für die 1.028 Berufstätige befragt wurden, die sich in den vergangenen zwölf Monaten in einem Bewerbungsprozess befanden.
Auch wenn die Werte im Vergleich zur Umfrage von 2023 leicht rückläufig sind und sich der Arbeitsmarkt aus Sicht der Unternehmen etwas entspannt hat, bleibt das Risiko für Arbeitgeber hoch, durch unzureichend gestaltete Ausschreibungen wertvolle Talente zu verlieren.
Stellenanzeige schreiben: oft fehlen wichtige Informationen
Wie die Umfrage weiter zeigt, sind Stellenanzeigen aus Sicht der Befragten zu wenig informativ. 57 Prozent sagen: "Die Aussagen in den Stellenanzeigen waren mir zu allgemein und zu wenig auf den Job bezogen." 43 Prozent halten die Job-Beschreibung für nicht attraktiv genug, 34 Prozent kritisieren den schlechten Sprachstil und 33 Prozent die unverständliche Aufgabenbeschreibung. Auffällig ist auch, dass Arbeitgeberleistungen weiterhin ein kritischer Faktor sind – entweder, weil sie zu vage beschrieben werden (39 Prozent) oder komplett fehlen (27 Prozent).
Darüber hinaus bemängeln die Stellensuchenden unnötige Hürden, die in Stellenanzeigen auftauchen und die Bewerbung erschweren, darunter fehlende Bewerbungslinks, fehlende Ansprechpartner oder komplexe Bewerbungswünsche. 37 Prozent der Befragten geben an, dass sie schon auf eine Bewerbung verzichtet haben, weil ein Anschreiben angefordert wurde.
Gefahren beim Formulieren der Stellenanzeige
Trotz zunehmender Unterstützung von Chat GPT und anderer generativer Künstlicher Intelligenz ist immer noch zu beobachten, dass die meisten Stellenanzeigen handwerklich schlecht umgesetzt sind. Sie sind austauschbar, enthalten massenhaft Füllwörter und Substantivierungen. Anstatt konkret die Stelle und Aufgabe zu beschreiben, strotzen sie vor austauschbaren Allgemeinplätzen. Die Stellensuchenden bemängeln laut der Königsteiner-Studie vor allem unpräzise Aufgabenbeschreibungen, widersprüchliche Angaben in den Texten, zu lange und unübersichtlich gegliederte Passagen. Hinzu kommt der übermäßige Einsatz von Fachjargon und Anglizismen.
Das wirkt sich negativ auf die Candidate Experience aus: Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber lesen nicht weiter, wenn ihnen der Text nicht die gesuchten Informationen bietet. Der Klick auf den "Bewerben"-Button bleibt aus. Häufig kann es auch passieren, dass schlecht formulierte Stellenanzeigen die falschen Personen zur Bewerbung motivieren, weil sie die Anforderungen nicht richtig darstellen.
Stellenanzeige: Herausforderung Zielgruppenansprache und AGG
Ein anderes Problem ist, dass Stellenanzeigen ganze Personengruppen gar nicht ansprechen, die für das Recruiting wichtig wären. Das zeigt das "Ärztebarometer: Jobsuche & Karriere 2025", für das das Jobportal Ärztestellen 3.132 angestellte Medizinerinnen und Mediziner befragt hat. Ein Ergebnis: Gut die Hälfte der im Arztberuf tätigen Personen in Deutschland sind laut Ärztestatistik Frauen, der akademische Nachwuchs ist sogar zu zwei Dritteln weiblich. Doch die Stellenanzeigen für den Engpassberuf sind hauptsächlich für Männer konzipiert. Frauen im Arztberuf legen vor allem Wert auf Aspekte wie Vereinbarkeit und Arbeitszeiten. Aber diese Informationen sind in den untersuchten 800 Stellenanzeigen kaum zu finden. Zwar machen 47 Prozent auf Teilzeitangebote aufmerksam, mit Arbeitszeitmodellen beschäftigen sich aber nur elf Prozent.
Konkrete Gehaltsangaben oder die Nennung einer Gehaltsspanne sind nur in vier Prozent der Jobangebote für Ärztinnen und Ärzte zu finden. Die Entgelttransparenzrichtlinie, die bis Juni 2026 umgesetzt werden muss, sieht vor, dass Arbeitgeber in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch Informationen über das Einstiegsgehalt oder dessen Spanne bereitstellen.
Eine große Gefahr unprofessioneller Stellenanzeigen besteht zudem darin, dass diese gegen das geltende Recht verstoßen. Beim Formulieren ist vor allem auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu achten. Falsch getextete Stellenanzeigen können den Verdacht einer unzulässigen Benachteiligung erwecken und zu einer Schadensersatzklage führen.
Wichtige Inhalte einer Stellenanzeige
Eine Stellenanzeige muss sowohl inhaltlich (Sind alle relevanten Informationen enthalten?) als auch sprachlich (Sind die Texte verständlich?) überzeugen. Sie muss so gestaltet sein, dass erkennbar ist, an welche Zielgruppe sie sich richtet, was das Unternehmen als Arbeitgeber ausmacht und was es seinen Beschäftigten zu bieten hat.
Der Stellenanzeigen-Text sollte plastisch und praxisnah die auszuführenden Aufgaben sowie die Anforderungen an den neuen Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin beschreiben. Dabei sollten sich Arbeitgeber auf das Wesentliche beschränken: Empfehlenswert ist eine Aufzählung von maximal fünf zentralen Aufgaben und eine Übersicht über die Skills, die für den Job wirklich erforderlich sind. Wenn der ausgeschriebene Job unangenehme Seiten hat, sollten auch diese genannt werden, damit sich nicht zu viele unpassende Kandidaten und Kandidatinnen bewerben. Zudem sollte eine gute Stellenanzeige den Stellensuchenden vermittelt, warum sie sich ausgerechnet bei diesem Unternehmen bewerben sollten.
Aus Sicht der Stellensuchenden gehören zu einer guten Stellenanzeige vor allem Angaben zu den gewünschten Bestandteilen einer Bewerbung, zum Dateiformat, in dem die Bewerbung eingesandt werden soll, sowie die E-Mail-Adresse und Telefonnummer für die Kontaktaufnahme. Auch die Bilderwelt wird laut der Königsteiner-Studie wieder wichtiger. Aus Sicht der Stellensuchenden sind vor allem Fotos von Mitarbeitenden inklusive Statements, Fotos aus den Räumlichkeiten des Unternehmens oder Bilder mit Bezug zum Job bewerbungsrelevant.
Stellenanzeigen je nach Zielgruppe schreiben und veröffentlichen
Eine Stellenanzeige muss dort geschaltet werden, wo sie auf die avisierte Zielgruppe trifft. Es ist daher wichtig, zu analysieren, auf welchen Jobportalen oder in welchen Social-Media-Kanälen sich die Personengruppe aufhält und wie gut die Stellenanzeigen dort geklickt werden. Das Bewerbermanagementsystem, Jobportale oder Business-Netzwerke liefern Kennzahlen, welche Stellenanzeigen wie häufig angesehen wurden und über welche Kanäle die Bewerbungen ins Haus kommen. Welche Kennzahlen und KPIs die wichtigsten für die Recruiting-Praxis sind, lesen Sie hier.
Auch Tools, die auf Künstlicher Intelligenz basieren, können dabei helfen, die Veröffentlichung von Stellenanzeigen zielgruppenorientiert zu steuern, etwa über zielgruppenspezifisches Targeting oder Programmatic Job Advertising.
Stellenanzeigen und KI
KI unterstützt heute nicht nur bei der Verbreitung, sondern auch bei der Formulierung und Gestaltung von Stellenanzeigen. Die Anwendungsfelder reichen von zielgruppenspezifischer Textanpassung bis zu Lesbarkeitsoptimierung oder Diversity-Wording. Auch bei der Erstellung von Bildern und Videos in Stellenanzeigen bietet KI viele Hilfestellungen. Mehr zur Gestaltung von Stellenanzeigen mit KI lesen Sie hier.
Der grundlegende Vorteil des KI-Einsatzes bei der Erstellung von Stellenanzeigen ist, dass sie klarer und besser strukturiert werden und dass die visuelle Aufbereitung an Qualität gewinnt. Allerdings ist auch zu befürchten, dass die Stellenanzeigen sich in Zukunft immer stärker ähneln und individuelle Details verloren gehen, die das Unternehmen von anderen Arbeitgebern unterscheiden. Deshalb sollte KI lediglich als unterstützendes Tool eingesetzt werden, um mehr Struktur und Klarheit zu schaffen sowie Diversity-Fehler zu eliminieren, aber nicht als Ersatz für die individuelle Formulierung und Gestaltung von Stellenanzeigen.
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