Recruiting mit Google for Jobs

Vor zwei Jahren startete "Google for Jobs" in den USA. Mittlerweile ist das Angebot in vielen anderen Ländern verfügbar. Auch in Deutschland läuft die Testphase. Was bedeutet der Markteintritt für Jobsuchende, Jobbörsen und Arbeitgeber? Zehn Thesen zu möglichen Folgen beschreibt Kununu-CEO Moritz Kothe.

Am 15. März 2019 meldete Google Deutschland auf Twitter, das Unternehmen teste derzeit „die neue Jobsuche“. Die charakteristischen, mit „Stellenangebote“ überschriebenen blauen Kästen waren für Stellensuchende auf einigen Systemen sogar schon einige Tage vorher zu sehen.

In den USA bildet dieser sogenannte „Link Tipp Container“, der unter einem blauen Balken mit der Überschrift „Jobs“ drei zur Suchanfrage passende Stellenangebote auflistet, meist den Einstieg in Google for Jobs. Er listet aktuell Angaben zu Voll- oder Teilzeit und jobspezifisch sinnvolle Links auf. Weitere interessante Informationen wie Gehaltsangaben kommen später dazu. Google holt sich die Inhalte für diesen Container direkt von den Karriereseiten der Unternehmen sowie von den großen Jobbörsen.

Die Folgen von Google for Jobs in Deutschland

Von Boston aus habe ich die Markteinführung von Google for Jobs in den USA erlebt und analysiert. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen formulierte ich zehn Thesen, mit welchen Veränderungen für den Arbeits- und Recruitingmarkt in Deutschland zu rechnen ist:

These 1: Google for Jobs führt in Deutschland zu mehr Transparenz bei Jobangeboten.

Gaben Bewerber in der Zeit vor Google for Jobs zum Beispiel „Job Online-Marketing München“ in das Google-Suchfenster ein, erhielten sie auf der ersten Trefferseite in der organischen Suche ausschließlich Links auf Landing Pages von Online-Jobbörsen. Google for Jobs wird dazu führen, dass Bewerber auf der ersten Seite echte Treffer in Form von Links auf konkrete Jobs erhalten. Suchende Kandidaten profitieren also von deutlich besseren Ergebnissen als bisher.

These 2: Für Bewerber wird Google der erste Einstiegspunkt in die Bewerbung.

Perspektivisch wird Google für Jobsucher immer wichtiger. In den USA stellt die Suchmaschine heute für fast drei Viertel der Kandidaten den zentralen Einstiegspunkt dar. Schon heute beginnen viele Bewerber auch in Deutschland ihre Jobsuche bei Google. Dieser Anteil wird deutlich größer werden.

These 3: Viele Jobbörsen werden langfristig vom Markt verschwinden.

In Deutschland gibt es aktuell mehr als 1.000 Jobbörsen. Google for Jobs entfernt Duplikate bei den Stellenanzeigen. Der aktuelle Mehrwert von parallelen Schaltungen auf verschiedenen Jobboards wird also von einer schwierig zu widerlegenden Post-and-Pray-Strategie zur reinen Geldverschwendung. Die Anzahl an Online-Jobbörsen wird sich in Deutschland vor diesem Hintergrund deutlich verringern.

These 4: Google for Jobs weist Karrierewebseiten eine zentrale Rolle zu.

Derzeit stammen die meisten Jobs im „Link Tipp Container“ in den USA noch von Online-Jobbörsen. Aber schon heute sind in den USA mehr Karriereseiten als Jobboards in Google for Jobs inkludiert. Google holt sich den Job Content perspektivisch immer häufiger direkt von den Karriereseiten der Arbeitgeber. Deren Bedeutung wird daher steigen. Verlieren werden indes Arbeitgeber, die sich bislang nur unzureichend um die Auffindbarkeit ihrer Stellenangebote kümmern. Job-SEO wird von einem Steckenpferd der Online-Jobbörsen zur allgemeinen Aufgabe der Arbeitgeber.

These 5: Google wird zum neuen Mitbewerber für Bewerbermanagementsysteme.

Karriereseiten sind oft von Bewerbermanagementsystemen aufgesetzt. Insbesondere bei der Verbindung von Karrierewebsite und unternehmenseigenem Jobboard spielt das Bewerbermanagementsystem des Unternehmens eine zentrale Rolle. Google hat sein eigenes System entwickelt (Hire by Google), das das Unternehmen entsprechend platzieren wird. 

These 6: Google for Jobs macht die Qualität von Arbeitgebern transparenter.

Google for Jobs stellt langfristig Zusatzinformationen bereit, die für die Wahl eines Arbeitgebers relevant sind. Gehaltsdaten hat Google in den USA etwa ein halbes Jahr nach dem Start integriert. Zum Start in Deutschland werden diese noch nicht verfügbar sein, könnten schon bald dazu kommen. Auch Arbeitgeberbewertungen werden in den USA direkt auf den Jobanzeigen dargestellt. Klicken US-Bewerber auf ein Jobangebot im „Link Tipp Container“, erhalten sie weitere, vertiefende Informationen rund um den Arbeitgeber – auch einen Link zur Karrierewebsite sowie Ergebnisse von Bewertungsplattformen und Gehaltsdatenbanken.

These 7: Die Gehaltsangabe in der Stellenanzeige wird wichtig für deren Auffindbarkeit.

Job, Geld und Ort sind die ersten Kriterien, nach denen Bewerber in den USA nach Jobs suchen. Noch ist es in Deutschland wenig üblich, eine Gehaltsangabe in die Stellenanzeige zu integrieren. Auf der anderen Seite ist die Nachfrage auf Bewerberseite nach mehr Gehaltsinformationen unverkennbar, wie aktuelle Studien nachweisen. Hier könnte Google for Jobs als Anreiz dienen, das Tabuthema Gehalt aufzubrechen, und eine entsprechende Dynamik anstoßen.

These 8: Das Recruiting wird sich verstärkt um das Thema „Auffindbarkeit“ drehen.

Die Jobbörsen werden als komfortabler Weg für Recruiter, die sich nicht mit Suchmaschinenoptimierung oder -marketing beschäftigen wollen, eine geringere Rolle spielen. Der Druck nimmt zu, selbst tätig zu werden. Google for Jobs führt dazu, dass sich die Aufgaben im Recruiting noch stärker ändern werden als das heute schon der Fall ist.  

These 9: Neue Dienstleister werden auf den Markt kommen.

Als die Google Ads in der Produktwerbung Standard wurden, tauchten Experten auf, die Unternehmen dabei unterstützten. Als Google sich in die Suchmaschine Nummer eins verwandelte, entstand das Berufsfeld der SEO-Optimierung. Jetzt eröffnet sich Online-Agenturen mit Kompetenz in „Google Job Optimierung“ ein neues Geschäftsfeld.

These10: Qualität bei Arbeitgebern wird sich durchsetzen.

Die beste Art, Google dazu zu bringen, Inhalte als relevant zu erkennen, ist es, sich diese Relevanz zu verdienen. Das gilt auch für Jobinhalte. Das Rennen macht derjenige, dem es gelingt, seine Jobs an dem Bedarf der Talente auf engen Arbeitsmärkten auszurichten und das transparent zu kommunizieren. Dann wird endlich die Sternstunde eines richtig verstandenen Employer Branding gekommen sein.


Über den Autor: Moritz Kothe ist CEO der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu. Im Zuge der Markteinführung von Kununu in den USA hat er die vergangenen Jahre dort verbracht und den Start von Google for Jobs beobachtet.

Schlagworte zum Thema:  Recruiting, Stellenanzeige, Jobbörse