Marktgespräch HR Tech mit Hanno Renner von Personio

Mit einer Unternehmensbewertung von 8,5 Milliarden Dollar zählt Personio inzwischen zu den wertvollsten Startups Deutschlands. Während Kritikern allmählich die Argumente ausgehen, plant Gründer Hanno Renner längst den Börsengang. Wird es das nächste Kapitel einer Erfolgsgeschichte? Oder droht doch noch der Absturz? Im Marktgespräch HR-Tech spricht er über die Strategie und Ziele seines Unternehmens.

Die einen sind begeistert, die anderen genervt: Der Hype um das Software-Startup Personio sorgt für geteilte Reaktionen in der HR-Szene. Während Anwender sich überwiegend wohlwollend äußern, ätzt so mancher Wettbewerber hinter vorgehaltener Hand. Dahinter steckt möglicherweise die leise Hoffnung, der Höhenflug des Unternehmens möge ein jähes Ende finden.

Doch momentan spricht wenig dafür. Im Gegenteil: Die Zahlen sprechen für Personio. Über 8.000 Kunden europaweit, 1.700 Beschäftigte und ein Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe. Überprüfen lassen sich diese Angaben zwar nicht, doch dürften sie die bisherige Entwicklung des Unternehmens glaubhaft widerspiegeln.

Pläne eines Börsengangs von Personio bestätigt

Mit einer Unternehmensbewertung von inzwischen 8,5 Milliarden Euro zählt Personio zu den wertvollsten Startups Deutschlands. Kürzlich berichtete die Wirtschaftswoche über einen möglichen Börsengang des Unternehmens. "Ja, wir wollen an die Börse", bestätigt Renner im Gespräch. Dies sei der nächste Schritt für ein langfristiges und nachhaltiges Wachstum. So aktuell seien die Pläne allerdings noch nicht. Der frühestmögliche Zeitpunkt sei das Jahr 2024.

Renner lässt keine Zweifel daran, dass er seine Zukunft im Unternehmen sieht. Spekulationen um einen Verkauf weist er zurück. Sorgen vor einem Börsen-Flop hat er keine. "Es scheitern Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht solide ist", sagt Renner. Personio hingegen böte ein attraktives, planbares und transparentes Modell, meint er.

Tatsächliche Marktmacht deutlich kleiner als der Hype

Bis Ende des Kalenderjahres 2023 soll das Unternehmen auf 2.000 Beschäftigte wachsen und 10.000 Kunden in Europa haben. "Wir möchten das Wachstumstempo der vergangenen Jahre auch zukünftig beibehalten", sagt Renner. Das würde eine jährliche Verdopplung der Kundenanzahl bedeuten. Zielgruppe seien weiterhin kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit zehn bis 2.000 Beschäftigten. Daran hätte auch die Tatsache nichts geändert, dass einige Kunden des Unternehmens inzwischen deutlich größer sind. Bei einem Marktvolumen von rund 440.000 KMU europaweit läge der Marktanteil von Personio bei derzeit etwa zwei Prozent, rechnet Renner vor. Der Hype scheint demnach größer als die tatsächlich Marktmacht des Startups.

Als Hauptwettbewerber sieht Renner weiterhin Excel. Damit dürfte der Gründer nicht falsch liegen. Dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen bei der Digitalisierung großen Nachholbedarf haben, ist ein offenes Geheimnis. So ist der Markt derzeit eher ein Verteilungs- als ein Verdrängungsmarkt. Diese Tatsache dürfte den ambitionierten Wachstumsplänen des Softwareanbieters entgegenkommen. Renner bestätigt das. Viele seiner Neukunden seien "Erstdigitalisierer".

Gleichzeitig baut Personio das Leistungsportfolio aus. Unter dem Schlagwort "People Workflow Automation" arbeitet das Unternehmen an der Integration seiner Software in andere Systeme. Rund 130 Partnerlösungen stünden Personio-Kunden derzeit zur Verfügung, sagt Renner. Zukäufe anderer Anbieter spielen in der Wachstumsstrategie des Startups eine untergeordnete Rolle. "Zu viele M&A-Aktivitäten schwächen die Nutzererfahrung aus einem Guss", glaubt Renner. Stattdessen möchte er die Produktentwicklung weiter stärken. Derzeit ist rund ein Drittel der Beschäftigten von Personio in diesem Bereich tätig.

Üppige Reserven aus bisherigen Finanzierungsrunden

An finanziellen Ressourcen scheint es nicht zu mangeln. "Wir haben erst die Hälfte unserer Finanzierungen verbraucht", sagt Renner. Zuletzt hatte das Startup im Juni 2022 eine Finanzierungsrunde über 200 Millionen Dollar abgeschlossen. Weitere seien bis zum Börsengang weder geplant noch notwendig. Sein Unternehmen könne auch jederzeit langsamer wachsen und profitabel werden, behauptet Renner. Ob das stimmt, wird sich erst zeigen, wenn Investoren ihr Geld zurückfordern und Anleger Renditen erwarten. Noch ist das Zukunftsmusik.

Umfirmierung soll Expansionspläne stützen

Seit Mitte Januar firmiert Personio als Societas Europaea (SE). Die neue Gesellschaftsform soll die Voraussetzungen für weiteres Wachstum sowie für den Börsengang schaffen, heißt es in einer Pressemitteilung. In der Vergangenheit wählten Unternehmen diesen Weg auch, um den deutschen Mitbestimmungspflichten zu entgehen. Personio möchte jeglichen Verdacht ausräumen und verweist in der Meldung auf sein selbstinitiiertes "European Employee Board", das für Diversität und Beteiligung im Unternehmen sorgen soll. Renner betont zudem den Stellenwert der Mitarbeitenden für das Unternehmen.


Zur Serie: Im "Marktgespräch HR Tech" spricht die Haufe Online Redaktion in regelmäßigen Abständen mit Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen etablierter Softwarehäuser sowie aufstrebender Startups und beleuchtet dabei die Entwicklungen und Trends im Markt für HR-Software.