Lernen im Unternehmen: Motivation der Mitarbeitenden

Der Erfolg eines neuen (digitalen) Lernformats im Unternehmen ist von vielen Faktoren abhängig und nur im absoluten Ausnahmefall ein Selbstläufer. Wie schaffen es Unternehmen, dass ihre Mitarbeitenden Lern- und Weiterentwicklungsangebote gerne nutzen? Unsere Kolumnistin Gudrun Porath antwortet darauf mit drei Beispielen von der Messe "Zukunft Personal Europe".

Eigentlich war das gar nicht das Thema von Claudia Betcke, Global Digital Transformation Managerin bei der Henkel AG: "Die Rolle von Upskilling im Rahmen der digitalen Transformation" lautete der etwas sperrige Titel ihres Vortrags, den sie zusammen mit einem großen Anbieter von Lerninhalten auf die Bühne gebracht hatte. Dann aber ging es darum, was man tun muss, um Lernen unter die Leute zu bringen.

Lernen ist nachdrücklich erwünscht bei Henkel

Lernen muss Spaß machen, Fachinhalte müssen aus der Fachabteilung kommen und die Vielfalt darf die Mitarbeitenden nicht erschlagen, so Betckes Rezept im Schnelldurchlauf. Dann gelte es, Development-Pläne zu definieren und Learning Journeys auszuarbeiten und sich darauf einzustellen, dass es den Mitarbeitenden trotzdem nicht leicht fällt, sich auf die Angebote und Lernempfehlungen für weitere Kurse einzulassen. Es habe den einen oder die andere Überwindung gekostet, überhaupt anzufangen, antwortete Betcke auf eine entsprechende Frage nach ihrem Vortrag. Aber nachdem die Lernenden erst mal angefangen hatten und klar war, dass Lernen wirklich erwünscht ist und unterstützt wird, sei das kein Problem mehr gewesen.

Coaching-Programm wird zum Selbstläufer bei DHL Freight

In Beispiel Nummer zwei geht es um Coaching mit internen Ressourcen, initiiert von einer Führungskraft. Stefanie Wittenbecher, Head of Learning & Development, Talents and Culture der DHL Freight GmbH, stellte zufällig fest, dass einige der Talente des Unternehmens im privaten Rahmen eine Coaching-Ausbildung absolviert hatten. Warum dieses Potenzial nicht nutzen, um intern Einzelcoaching und Teamcoaching anzubieten?

Wittenbecher holte die Mitarbeitenden mit der Ausbildung zum Coach ins Boot, legte die einzuhaltenden Anforderungen fest, bildete einen internen Coaching-Pool und kommunizierte das Angebot. Ein Selbstläufer, schilderte die Managerin, weil sich das Unternehmen ansonsten heraushält. Wer sich coachen lassen möchte, sucht sich den Coach aus dem Pool selbst aus. Wie das Coaching stattfindet - in Präsenz vor Ort oder online über ein Tool des Unternehmens -, entscheiden die Coachs und ihre Klienten ebenfalls selbst.

Serious Game begeistert über die Unternehmensgrenzen von VW hinweg

In Beispiel Nummer drei ist das Angebot einfach so attraktiv, dass sogar über das Unternehmen hinaus viele mitmachen möchten. Serkan Yücebas, Gamification-Experte bei der Volkswagen AG, hat im Rahmen eines intern ausgeschriebenen Innovationsfonds mit einem Team begeisterter Mitstreiterinnen und Mitstreiter das Serious Game "Pizza Blast" entwickelt. In dem Spiel geht es vordergründig darum, eine Fahrzeugflotte so zu verwalten, dass möglichst viele Pizzen geliefert werden können. Weil es sich um eine Elektroauto-Flotte handelt, müssen die Spieler die Batteriekapazität der einzelnen Fahrzeugtypen im Auge behalten, um herauszufinden, wie die Autos am effizientesten genutzt werden können. Das eigentliche Ziel jedoch ist es, spielerisch Wissen über Elektrofahrzeuge zu vermitteln.

Serkan Yücebas und seinem Team gelang das so gut, dass das Spiel einschlug wie eine Bombe - bei den beteiligten Entwicklern, bei der Belegschaft, beim Publikum der Zukunft Personal Europe, auf der Gamescom, in diversen Medien und bei der Jury des E-Learning Awards. Nur - so war zu hören - bislang nicht bei denjenigen, die über die weitere Finanzierung entscheiden. Immerhin hat sich das Unternehmen die Marke gesichert. Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht.

Die Zutaten für ein gelungenes Lernkonzept

Eine gute Vorbereitung, intern mal sehen, was da ist und einfach mal etwas ganz Neues wagen: Das sind die Schlüssel zum Erfolg dieser drei Beispiele. Die Unterstützung und den Rückhalt der Führungskräfte wie der Organisation setze ich als selbstverständlich voraus für gelingendes Lernen und Entwicklung, mit und ohne digitale Tools.

Viele der Erkenntnisse, die das sehr interessierte Publikum zumindest an der Learning & Development-Bühne auf der Zukunft Personal Europe gewonnen hat, waren übrigens nicht aus den Titeln und der Beschreibung der Vorträge abzusehen. Sie stellten sich in der Diskussion aber als Wesentlich heraus. Dieser "Beifang" ist es übrigens auch, der einen Messebesuch so sinn- und wertvoll macht.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.