Kolumne Personalentwicklung: Aufruf zur Guerilla-Taktik

Wenn Führungskräfte und Personalentwickler mit neuen Ideen bei ihren Bossen scheitern, hilft es oft nur, die Veränderungen hinter deren Rücken durchzusetzen. Oliver Maassen beschreibt, warum der Weg in den Untergrund häufig zum Erfolg führt und gibt Tipps, wie diese Guerilla-Taktik gelingt.

Ein Leiter Personalentwicklung eines großen Mittelständlers klagte mir jüngst in einem Coaching sein Leid: Er habe so viele gute Ideen und Klarheit über die Themen der Personalentwicklung, die in seinem Unternehmen dringend umgesetzt werden müssen, aber er dringe bei seinem Chef nicht durch – und auch der Versuch, seine Themen direkt beim Vorstand zu platzieren, sei gescheitert.

Das ist nun weder Personalentwicklungs- noch HR-spezifisch, sondern gilt für alle neuen Ideen und Innovationen quer durch alle Unternehmen und Branchen. Während dann aber doch in vielen Organisationen Produktideen oder Prozessverbesserungen stark gefördert werden (ironischerweise oft als Ideenmanagement unter der Verantwortung der Personalentwicklung),  sind neue Ideen im Personalressort selbst oft nur schwer an die Startrampe zu bringen.

Tipps: Wie die Guerilla-Taktik gelingt

In meinen Coachings mit Führungskräften aus dem Personalbereich höre ich diese Klage immer wieder und sehe das System dahinter: "Der Prophet gilt nichts im eigenen Land", oder anders formuliert: Die Veränderungsbereitschaft der obersten Führungsebenen  in Sachen Personalarbeit ist relativ gering ausgeprägt, der Veränderungsdruck scheinbar nicht groß genug.

Die Tipps, die ich meinen Coachees gebe, möchte ich hier gerne aufgreifen, – sicher stark pointiert – zusammenfassen und zur Diskussion stellen:

  • Gehen Sie in den Untergrund. Es ist nicht immer richtig, alle neuen Ideen nach oben verkaufen zu wollen. Oft ist es besser einfach mal anzufangen und die Organisation vor vollendete Tatsachen zu stellen.
  • Suchen Sie externes Sparring. Zu meiner Zeit im Personalmarketing habe ich meine Ideen meist nicht im Unternehmen, sondern zunächst mit Kollegen anderer Häuser im Netzwerk DAPM, heute QUEB ("Quality Employer Branding"), geteilt und dort oft auch einen auf die Mütze bekommen. Bis heute ist das von mir mitgegründete Netzwerk der HR Alliance für mich Quelle spannender Sparrings-Diskussionen zu allen neuen HR-Themenfeldern. Netzwerke, in denen Kollegen aus unterschiedlichen Unternehmen aber mit ähnlichen Herausforderungen zusammen kommen, sind Gold wert.
  • Nutzen Sie Insellösungen. Suchen Sie sich Mitstreiter in Ihrem Unternehmen, die Sie für Ihre Idee begeistern können und die bereit für die Umsetzung sind. In der Praxis zeigt sich, dass die wahren Innovatoren häufig am Rande des Unternehmens zu finden sind und nicht in der eher behäbigen Zentrale. Starten Sie dort und zeigen Sie, dass Ihre Idee oder Ihr Produkt funktioniert. Dann gehen Sie in den Rollout.
  • Haben Sie Mut zur Lücke. Planen Sie sich nicht zu Tode mit den Einzelheiten Ihres Projekts, sondern fangen Sie einfach mal an. Experimentieren Sie und lernen  Sie aus Versuch und Irrtum. Dieses Vorgehen setzt natürlich eine entsprechende Fehlerkultur im Unternehmen voraus. Gibt es die bei Ihnen (noch) nicht, seien Sie mutig und setzen Sie ein Zeichen.
  • Tue Gutes und rede darüber. Wenn Sie Ihre Idee irgendwo zum Laufen gebracht haben, lassen Sie von sich hören. Am besten natürlich erzählen die Betroffenen selbst, denen Ihr neues Produkt etwas gebracht hat. Nutzen Sie alle internen und externen Medien, um Ihren Erfolg zu zeigen. Ich habe in früheren Jahren viele Seitenhiebe  einstecken müssen, weil ich mich mit meinem Team für alle nur denkbaren Preise und Auszeichnungen beworben habe. Wenn diese dann aber gewonnen sind, ist der Stolz oft grenzenlos, auch bei Ihren Kritikern. Suchen Sie also bewusst nach der externen Anerkennung für Ihre Umsetzung.
  • Lernen Sie zu scheitern. Viele Ideen zu haben, bedeutet  auch viele Ideen zu haben, die am Ende nichts wert sind. Trauern Sie Ihren Ideen nicht zu lange nach, sondern konzentrieren sich auf das nächste Projekt.

Über den Umweg zum Innovationsziel

Mein Fazit: Viele neue Ideen scheitern an dem Beharrungsvermögen von Organisationen und ihren obersten Vertretern. Wer trotzdem gewinnen will, tut gut daran die Regeln zu brechen. Aus dem Untergrund heraus und über den Umweg externer Diskussion und Sparring kommen häufig genug Impulse, die Ihnen den Weg zu einer erfolgreichen Umsetzung Ihrer Ideen ermöglichen.

Kolumnist Oliver Maassen

Oliver Maassen ist seit 2013 Geschäftsführer der Pawlik Consultants GmbH. Zuvor war er unter anderem Bereichsvorstand und Personalchef der Unicredit Bank. In seinen früheren Funktionen verantwortete er die Bereiche Personal- und Organisationsentwicklung, Führungstrainings, Personalmarketing und Talent Management.