Kolumne E-Learning: Warpgeschwindigkeit erreicht

Wenn Probleme drängen, beschleunigt sich Veränderung und die Bereitschaft steigt, neue Technologien zu erproben. Unsere Kolumnistin Gudrun Porath zeigt an einem Beispiel, wie künstliche Intelligenz neue Dimensionen im Lernen eröffnet. 

Wenn auf der Brücke des Raumschiff "Enterprise" der Begriff „Warpgeschwindigkeit“ fällt, geht es darum, sich in eine neue Dimension zu katapultieren. Im E-Learning können scheinbar unlösbare Aufgaben und Künstliche Intelligenz helfen, eine neue Dimension zu erreichen. Dabei helfen ein bisschen Mut und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Doch wann finden radikale Veränderungen statt?

Aus der Not geboren

Solange alles gut läuft, kommt es selten zu Veränderung und in vielen Fällen geht es nur langsam voran. Steigt der Druck, kann es auch mal schneller gehen. Das zeigt das Beispiel von Henrietta Palmer, Learning Solutions Manager der TUI Group in London. Palmer hatte die Aufgabe bekommen, zusammen mit ihrem Team 140 Content-Module oder umgerechnet 70 Stunden E-Learning innerhalb von acht Wochen zu erstellen. Die Lerninhalte für die Ausbildung waren bereits zehn Jahre alt und somit veraltet. Und weil die britische Regierung neue Vorschriften erlassen hatte, war das Unternehmen gezwungen, innerhalb kürzester Zeit zu reagieren und den Content auf den neuen Stand zu bringen. Das erschien Palmer und ihrem Team zunächst kaum möglich. Allein mit (den nicht vorhandenen) internen Ressourcen hätte die Umsetzung acht Monate gedauert. Den Auftrag extern zu vergeben, fiel ebenfalls aus, das dafür nötige Budget von mindestens 500.000 Pfund Sterling sei ebenfalls nicht vorhanden gewesen. Was also tun?

Das Team erinnerte sich an ein Tool, das versprach, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz Inhalte zu analysieren, um daraus in kürzester Zeit hochwertige Lernerfahrungen zu erstellen. Vorhandene Dokumente und Präsentationen mit Lerninhalten wurden in das System überstellt, von diesem auf das darin vorhandene Wissen analysiert, anhand von Fragetechniken und der möglichen Ergebnisse individualisiert, erneut angepasst und aus externen Quellen ergänzt und angereichert. Auf diese Weise habe das System zwei und mehr Lernmodule pro Tag ausliefern können, berichtete Palmer. Das allerdings habe sie und ihr Team auf eine weitere, schwere Probe gestellt. Weil die Inhalte von einer menschlichen Instanz, nämlich ihrem Team, hätten überprüft werden müssen, sei man kaum hinterher gekommen.

Ergebnisse schneller als erwartet

Doch das Beste kommt zum Schluss: Statt in geforderten acht Wochen seien alle 140 Module innerhalb von nur sechs Wochen fertig gewesen und das ganze habe wesentlich weniger gekostet, als die Trainings auf traditionelle Weise zu produzieren. Um den Erfolg komplett zu machen, seien die Trainings auch noch sehr gut bei den Auszubildenden angekommen und mehr als die eigentliche Zielgruppe habe diese Trainings ebenfalls angefordert.

Palmer und ihr Team hatten den Mut, sich auf eine Software einzulassen, die sich zum Zeitpunkt des Projekts noch im Beta-Stadium befand. Davon profitierten am Ende beide. Der Anbieter, dem das Feedback und die Erfahrung mit TUI half, das Tool weiter zu entwickeln. Palmer, weil sie Zeit und Geld sparte und eine Learning Experience liefern konnte, die bei den Lernenden mehr als gut ankam. Wer wagt, gewinnt. Nicht immer, aber immer öfter.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.