Kolumne E-Learning: Status quo KI im digitalen Lernen

Bei allen Videokonferenzen, Webinaren und Online-Schulungen, die seit Corona das Thema "digitales Lernen" dominieren, ist ein Thema fast aus dem Blick geraten: Künstliche Intelligenz. Dabei ist die gerade dabei, auch im digitalen Lernen von der übertriebenen Werbeaussage zum  Anwender- und Umsetzungs-orientierten Begriff zu werden, wie unsere Kolumnistin Gudrun Porath beobachtet hat.

"Der Mythos KI" – das ist noch gar nicht so lange her,. Wer etwas auf sich hielt und verkaufen wollte, warb wenigstens mit dem Begriff "Künstliche Intelligenz" oder blieb gleich bei dem englischen Ausdruck "Artificial Intelligence", kurz AI. Jede "Recommendation Engine" galt als ausgewiesenes Zeichen von Künstlicher Intelligenz, jede Plattform empfahl sich damit. Das wirkte auf die einen eher abschreckend, auf die anderen als "must-have", weil es ein Beleg für Zukunftsfähigkeit sein sollte.

Was sich tatsächlich dahinter verbarg, darum ging es seltener; auch um die Ausdifferenzierung, um was für eine Ausprägung der Künstlichen Intelligenz es tatsächlich ging. Zwar war irgendwann klar, dass in erster Linie "Machine Learning" dahintersteckte, also grob gesagt das Erkennen von Mustern in großen Datenbeständen, um daraus  Lösungen und Empfehlungen abzuleiten. Aber laut sagte man das unaufgefordert lieber nicht.

Die Lernerfahrung verbessern

KI blieb daher zunächst im Bereich des Ungefähren, das in erster Linie viel diskutiert wurde und Datenschützer auf den Plan rief. In einer im Herbst 2019 durchgeführten und jetzt veröffentlichten Umfrage zu den Einsatzmöglichkeiten von KI im Personalwesen wollte die Technische Universität Darmstadt feststellen, welche Rolle Personaler dieser in Zukunft zumessen. Demnach zeigten sich die Befragten überzeugt, dass KI fast ein Viertel der Aufgaben im Personalwesen übernehmen werde, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Viele administrative Tätigkeiten würden darunter sein, so die Angaben der Befragten, aber auch Personalsuche und -akquise oder Personalauswahl. Für Weiterbildung lag der Mittelwert auf einer Skala von 1 (Stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu) immerhin bei 2,7.

Welche Aufgaben kann KI in der betrieblichen Weiterbildung übernehmen?

Ein großer Vorteil der Technologie ist, dass sie in Lernplattformen Skalierung und Personalisierung von Lerninhalten in großem Rahmen ermöglicht und damit auch eine verbesserte Lernerfahrung. Da kann ein Anwendungsszenario zum Beispiel sein, einen Lernenden zunächst einen Test machen zu lassen, ihn um eine Selbsteinschätzung und um bevorzugte Lernformate zu bitten und seine Jobrolle einzubeziehen, um aus diesen Daten den genauen Lernbedarf zu identifizieren. Im Anschluss suchen die Algorithmen aus in einer Datenbank hinterlegten und kategorisierten Lerninhalten die passenden aus und stellen sie zusammen, um sie im Anschluss dem Lernenden zur Verfügung zu stellen.

Aus der Menge an Daten, die der Lernende beim Lernen hinterlässt, lassen sich neue Empfehlungen ableiten. Braucht er etwa ausführlichere Erklärungen oder kommt er schnell voran? Inhalte zu aggregieren und zu kuratieren, um sie Lernenden zugänglich zu machen, würde von Menschenhand gemacht viel zu lange dauern und ließe sich nicht nahezu beliebig skalieren.

Weiterbildung sorgt für Akzeptanz und besseres Verständnis

Zur besseren Einschätzung der Möglichkeiten, aber auch Unmöglichkeiten von KI trägt weiter bei, dass immer mehr Menschen in Unternehmen tatsächlich etwas damit anfangen können. Bildungsangebote zu "Data Science" boomen. Das ambitionierte Startup Masterplan etwa versorgt mit seinen  leicht verdaulichen Videos tausende Mitarbeitende von deutschen Medienunternehmen mit grundlegendem Wissen. Ein anderes Startup, Stackfuel, bildet mit Online-Kursen im eigenen Data Lab unter anderem sehr erfolgreich Manager in "Data Driven Management" aus und wird sich - eigenen Angaben zufolge - demnächst verstärkt Künstlicher Intelligenz widmen.

Wer das Prinzip verstanden hat, kann auch verstehen, wie er KI am besten für seine Zwecke einsetzen kann. Das wissen auch die Anbieter der Lernplattformen und versuchen, ihren Kunden immer einen Schritt voraus zu bleiben. Sie werden präziser in ihren Beschreibungen, was KI kann und was nicht  und setzten gleichzeitig alles daran, die entsprechenden Anwendungen weiterzuentwickeln.

Ein gutes Zeichen und ein guter Ausblick für digitales Lernen im Jahr 2021 und darüber hinaus.


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Haufe-Zeitschrift "wirtschaft + weiterbildung" die Trends auf dem E-Learning-Markt.