Impostor-Syndrom: 5 Tipps für mehr Selbstvertrauen

Als hätte die Coronapandemie nicht schon genug negative Auswirkungen auf Privat- und Geschäftsleben, weist nun eine Umfrage des Business-Netzwerks LinkedIn noch auf eine besondere Folge für die Psyche der Beschäftigten hin: Ein Drittel der Befragten gibt an, die Pandemie habe ihr Selbstbewusstsein am Arbeitsplatz negativ beeinflusst. Das Impostor-Syndrom greift um sich.

Selbstzweifel im Job sind nichts Unübliches und meist unter Frauen weiter verbreitet als unter Männern. Doch die aktuelle Lage mit Kontaktbeschränkungen und Arbeiten im Homeoffice scheint diese Selbstzweifel zu verstärken.

Das Marktforschungsunternehmen Censuswide hat im Dezember 2021 im Auftrag von LinkedIn eine Umfrage unter 2.003 Berufstätigen in Deutschland durchgeführt. 36 Prozent derjenigen, die laut der Umfrage einen negativen Einfluss auf ihr Selbstbewusstsein spüren, sagen: "Ich vermisse die direkte Unterstützung meiner Vorgesetzten und Kollegen". Weitere 32 Prozent erklären sich ihr vermindertes Selbstbewusstsein mit einer gesteigerten Arbeitslast und dem daraus resultierenden Gefühl, den neuen Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Und 31 Prozent bringen diese Wahrnehmung mit einer Veränderung des eigenen Jobs aufgrund der Pandemie in Verbindung.

Pandemie als Ursache für sinkendes Selbstvertrauen

Insgesamt gibt fast jeder Fünfte (17 Prozent) aller Befragten an, dass die Isolation das Selbstbewusstsein angeknackst habe. Wiederum 17 Prozent sagen, sie hätten in dieser Zeit weniger Lob von Vorgesetzten erhalten – ebenfalls ein möglicher Grund für gestiegene Selbstzweifel. Dabei zeigt sich auch ein großes Generationsgefälle: Berufseinsteiger zwischen 16 und 24 Jahren stellen ihre Fähigkeiten am Arbeitsplatz heute deutlich häufiger infrage (47 Prozent), als noch vor der Pandemie. Zum Vergleich: Nur 17 Prozent der über 55-jährigen Berufstätigen stimmen dem ebenfalls zu.

Frauen zweifeln häufiger an sich

Kein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten haben, Erfolge bloß als "Zufall" abtun – für dieses Verhalten kennt die Psychologie einen Fachbegriff: das Impostor- oder auch Hochstapler-Syndrom. Laut der Studie sagen vier von zehn Deutschen (39 Prozent) selbst, dass sie darunter leiden. Dabei ist auch hier die Lücke zwischen Alt und Jung groß: 47 Prozent der 16- bis 24-Jährigen fühlen sich als "Hochstapler", während das nur 18 Prozent der über 55-Jährigen tun. Und auch zwischen Frauen und Männern gibt es ein Gefälle: 42 Prozent der weiblichen Berufstätigen denken, sie seien nicht gut genug für ihren Job, wohingegen der Anteil der Männer hier bei 36 Prozent liegt.

Coach gibt Tipps für mehr Selbstvertrauen im Job

Was lässt sich nun gegen das sinkende Selbstbewusstsein im Job tun? Wie können Mitarbeitende und Führungskräfte selbst gegensteuern, Stichwort "Self-Care"? Motivationscoach Janis McDavid nennt fünf Tipps auf, die für mehr Selbstvertrauen am Arbeitsplatz sorgen sollen.

Tipp 1: Vorsicht beim Vergleich mit anderen

Der Arbeitskollegin scheint alles ganz mühelos von der Hand zu gehen, selbst der neue Praktikant strotzt nur so vor Selbstbewusstsein – und dennoch wissen wir nie, wie es wirklich in ihnen aussieht. Das sollten wir uns wieder und wieder bewusst machen. Niemand ist perfekt! Dennoch ist es natürlich nicht so einfach, das Vergleichen mit anderen einzustellen. Wir machen es ständig, wenn auch unbewusst. Wer sich dabei ertappt, sollte jedoch genauer hinschauen. Auf Plattformen wie LinkedIn begegnen uns täglich Menschen, die vielleicht genau das erreicht haben, von dem auch wir träumen – statt hier Neidgefühlen Oberhand zu lassen, sollte uns das vielmehr inspirieren und motivieren. In der Psychologie nennt man das auch "aufwärts" vergleichen. Wer es schafft, die Leistungen anderer Personen anzuerkennen, kann konstruktiv etwas für seinen Selbstwert tun – statt ihn sich von Neid zerfressen zu lassen.

Tipp 2: Aktiv Gespräche einfordern

Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen: Im Grunde leben die meisten doch in ihrem eigenen Kosmos. Durch die aktuellen Bedingungen ist der Austausch mit anderen dazu noch erschwert. Seid aktiv und brecht öfter aus! Nicht nur zum Smalltalk, um in Kontakt mit dem Team zu bleiben. Fordert auch explizit Feedbackgespräche mit Kollegen und Kolleginnen ein. Sie haben häufig eine komplett andere Sicht auf euch und können eure Fähigkeiten noch einmal ganz anders einschätzen. Mit einer Stimme von außen manifestieren sich negative Gedanken über einen selbst auch schwieriger.

Tipp 3: Fehler machen - Ja, bitte!

Stellt euch vor, ihr steigt zum allerersten Mal in eurem Leben in ein Auto und fahrt direkt eine Stunde fehlerfrei durch die Straßen. Gut? Klar, dann direkt ab zur Prüfung. Nein: Auf etwaige Probleme, schwierige Manöver und vor allem Fehler wärt ihr überhaupt nicht eingestellt. Wer lernen will, muss Fehler machen. Nur so bekommen wir die Chance, das Erarbeitete zu überdenken und daraus neue Schlüsse zu ziehen. Deshalb: Natürlich sind Fehler ärgerlich. Aber nutzt sie, um daran zu wachsen, und seid nicht zu hart zu euch selbst, wenn sie passieren.

Tipp 4: Erfolge aufschreiben

"Ich habe in meinem Leben überhaupt nichts geleistet." Meine persönliche Behauptung: Dieser Satz ist eine glatte Lüge, egal, von wem er kommt. Jede und Jeder von uns kann Erfolge vorweisen. Nur machen wir uns diese leider viel zu selten bewusst. Es kann zum Beispiel helfen, am Ende des Tages (oder der Woche) seine Erfolge in ein Erfolgstagebuch einzutragen - und seien sie noch so klein. Der Call mit dem Kunden lief gut? Das verfasste Textdokument hat der Chefin gut gefallen? Oder die To-do-Liste ist komplett abgehakt? Alles eintragen. Wenn man vor Augen hat, was man alles täglich leistet, hilft das übrigens auch bei der nächsten Gehaltsverhandlung.

Tipp 5: Komplimente ernst nehmen

Ein Phänomen, das häufiger zu beobachten ist: auf ein Kompliment folgt sofort eine Erklärung oder sogar Relativierung. Zum Beispiel: "Wirklich toll gewesen, deine Präsentation!" Antwort: "Ach, die habe ich spätabends in zehn Minuten zusammengezimmert, so gut fand ich die gar nicht." Ein typisches Anzeichen für das Impostor-Syndrom. Die oder der Angesprochene glaubt, kein Lob verdient zu haben, weil die geleistete Arbeit ja eh nicht der Rede wert war. Es ist nicht einfach, Komplimente als das zu erkennen, was sie wirklich sind: ernst gemeint. Wer (noch nicht) von sich selbst überzeugt ist, sollte in dem Moment dennoch versuchen, das einfach mit einem schlichten "Danke" anzunehmen und es nicht zu hinterfragen. Mit der Zeit verinnerlicht man das.


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