Dave Ulrich: Bilanz zum HR-Business-Partner-Modell

Dave Ulrich hat mit seinem HR-Business-Partner-Modell eine ganze Personalergeneration geprägt. Im Interview mit dem Personalmagazin zieht Ulrich Bilanz - und klärt ein Hauptmissverständnis zu seinem Modell auf.

personalmagazin: Herr Professor Ulrich, 20 Jahre HR Business Partnering – glauben Sie, dass Ihre Idee noch lebendig ist?

Dave Ulrich: Ja, HR trägt immer noch zur Wertsteigerung in Unternehmen bei. Das Konzept des HR Business Partner hat sich weiterentwickelt, nämlich von einer Rolle unter vielen hin zum umfassenden Treiber im Personal­management beim Schaffen von echtem Unternehmenswert. Infolge der Marktkräfte sind HR-Themen rund um Talentmanagement, Führung und Kultur noch wichtiger geworden.


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personalmagazin: In einigen Unternehmen mangelt es dem Personalmanagement an Selbstbewusstsein. Mit Ihrem Modell haben Sie geholfen, diese Einstellung zu ändern, indem Sie nachweisen, dass das Personalmanagement zum Unternehmenserfolg beiträgt. Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen nach 20 Jahren HR Business Partner?

Ulrich: Wir haben über 30 Jahre hinweg in sieben Befragungswellen mit mehr als 90.000 Teilnehmern Daten zur Entwicklung der Kompetenzen von HR Professionals gesammelt. Die Ergebnisse sind unglaublich – auf jedem Kompetenzfeld haben sich HR Professionals gesteigert. Sie sind besser geworden im Verstehen des Business, in der HR-Arbeit, im Gestalten von Kultur und Change und in der persönlichen Glaubwürdigkeit. Aber HR Professionals sind auch selber ihr größter Feind. Immer noch schätzen sie sich selbst geringer ein als sie von ihrem Gegenüber sowohl innerhalb als auch außerhalb von HR eingeschätzt werden.

personalmagazin: Welche Länder und Industrien haben den meisten Erfolg mit der Einführung von HR Business Partnering gehabt?

Ulrich: Unsere Forschungen deuten darauf hin, dass es Industrien und Länder gibt, die verschiedene Teile des HR-Business-Partner-Modells besser umsetzen als andere. Einige asiatische Länder liegen vorn, was Verwaltungseffizienz betrifft; europäische HR Professionals sind besser in der Rolle des „Credible Activist“; nordamerikanische HR Professionals sind stärker als „Strategic Positioners“.
personalmagazin: Diese Rollen müssen Sie uns näher erläutern – auch vor dem Hintergrund, dass Sie ursprünglich vier anderslautende Rollen für das Personalmanagement definiert hatten: Strategic Partner, Change Agent, Administrative Expert, Employee Champion. Wie denken Sie heute über diese Rollen?
Ulrich:
Das war der Stand, als 1997 HR Champions erschien. Seitdem haben wir ein halbes Dutzend Bücher und große Studien herausgebracht. Wir haben jetzt neun Kompetenzen für HR Professionals identifiziert, von denen jede eine Hauptrolle in Zusammenhang mit HR spielt. Diese Arbeit liegt dem neuen Buch „Victory Through Organization“ zugrunde. Auf Basis unserer Erkenntnisse waren drei der neun Kompetenzen zentrale Treiber: Der „Credible Activist“ schafft es, vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen, indem er eine proaktive Einstellung an den Tag legt; der „Strategic Positioner“ ist in der Lage, ein Business so auszurichten, dass es seinen Markt anführt; der „Paradox Navigator“ kann mit Spannungen umgehen, die Geschäftszweigen innewohnen, zum Beispiel, dass man zugleich kurzfristig und langfristig oder zugleich hierarchisch und von unten nach oben agieren muss. Wir haben außerdem drei Felder von HR-Kompetenzen gefunden, die Organisationen voranbringen, indem sie helfen, HR so aufzustellen, dass es strategische Bedeutung gewinnt: Der „Culture and Change Champion“ ist in der Lage, Veränderungen herbeizuführen und die Organisationskultur zu gestalten; der „Human Capital Curator“ besitzt die Fähigkeit, den Strom der Talente zu kanalisieren, indem er Mitarbeiter und Führungskräfte entwickelt; der „Total Reward Steward“ erhöht die Mitarbeiterzufriedenheit durch finanzielle und nichtfinanzielle Leistungen. 


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personalmagazin: Welche weiteren „Entwicklungshelfer“ haben Sie entdeckt?
Ulrich:
Wir haben drei weitere Performance-Unterstützer entdeckt, die auf das Gestalten der strategischen oder grundlegenden Elemente von HR fokussiert sind: Der „Technology and Media Integrator“ nutzt Technologie und Social Media, um Hochleistungsorganisationen am Laufen zu halten; der „Analytics Designer and Interpreter“ wendet analytische Verfahren an, um Entscheidungsprozesse zu optimieren; der „Compliance Manager“ steuert die Prozesse rund um Compliance mithilfe von regulatorischen Leitlinien. Jede dieser HR-Kompetenzen ist wichtig für die Performance von HR Professionals.

personalmagazin: Viele kleine Unternehmen haben nicht die nötigen Ressourcen, um das HR-Business-Partner-Modell zu verwirklichen. Was raten Sie ihnen?
Ulrich:
Dies ist eines der Hauptmissverständnisse beim HR-Business-Partner-Modell. Die Organisationsstruktur von HR muss zur Geschäftsstruktur passen! Ein kleines Business hat im Allgemeinen eine sehr einfache und fokussierte Geschäftsstruktur. Wenn das so ist, muss die HR-Abteilung ebenfalls sehr einfach und auf die HR-Ziele fokussiert sein. Man braucht also keine Fachbereiche oder Shared Services in einem kleinen, fokussierten Business.


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personalmagazin: Welche Hauptziele sollte das Personalmanagement heute verfolgen?
Ulrich:
In der HR-Arbeit zählen drei Resultate: die individuelle Kompetenz der Belegschaft und Menschen; die Entwicklungsmöglichkeiten der Organisation, also Kultur, Arbeitsplatzgestaltung und Prozesse, sowie Führung auf allen Ebenen der Organisation. 

personalmagazin: In welche Richtung wünschen Sie sich, dass sich die Idee des HR Business Partnering weiterentwickelt?
Ulrich:
Bei HR geht es darum, einen Mehrwert für das Business zu schaffen; dies wird auch in Zukunft so sein. Das Business-Partner-Modell hat sich von einer Sonderrolle zu einem umfassenderen Konzept entwickelt, wie HR echten Mehrwert schafft. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, weil Organisationen auf die weiter steigende Veränderungsdynamik und höhere Kunden- und Investorenerwartungen reagieren müssen.

personalmagazin: Stellen Sie sich das Personalmanagement im Jahr 2047 vor – glauben Sie, es wird dann noch HR Business Partnering geben?
Ulrich:
Ja, davon bin ich überzeugt. Wir müssen nur unsere Ideen für die Zukunft weiterentwickeln. Zu diesem Zweck haben wir 13 Dimensionen des HR-Business-Partner-Modells identifiziert – mit folgenden Haupterkenntnissen und einer Einschätzung, wie eine einzelne Person oder Organisation zurechtkommt. Diese Dimensionen sind: der Wertbeitrag von HR: Welchen Mehrwert leistet HR für eine Organisation?; der Kontext von HR: Welche Hintergrundfaktoren prägen die Schlüsselrolle von HR im Business?; die Stakeholder von HR: Wem dient HR, und wer sind die Kunden von HR?; der Output von HR für die Organisation: Wie kann HR eine wettbewerbsfähigere Organisation aufbauen?; der Output von HR für die Führung: Wie kann HR bessere Führung in der ganzen Organisation durchsetzen?; die Strategie von HR: Welche Strategie verfolgt der Personalbereich?; die Organisation von HR: Wie muss der HR-Bereich organisiert sein?; die Praxis von HR: Wie muss HR seine Praxisfelder gestalten?; die Kompetenzen von HR: Welche Fähigkeiten benötigen HR Professionals?; die Informations- und Analyseverfahren von HR: Wie soll man HR Analytics definieren?; die Technologie von HR und die Digitalisierung: Wie kann HR Technologien für sich nutzen?; der Arbeitsstil von HR: Wie passt HR in die Organisation? 

personalmagazin: Und was ist Ihre Schlussfolgerung?
Ulrich:
HR dreht sich nicht um HR, sondern um Geschäftsergebnisse. HR Business Partnering wird dazu beitragen, diese Geschäftsergebnisse auch in der Zukunft zu liefern.

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Hinweis: Dies ist ein Textauszug - das komplette Interview lesen Sie in Ausgabe 07/2017 des Personalmagazins.


Zur Person: 

Dave Ulrich zählt mit 30 Buchveröffentlichungen zu den produktivsten und einflussreichsten Wissenschaftlern im HR-Bereich. Außerdem ist er Mitgründer und Partner der Beratungsgesellschaft RBL Group. Er befasst sich vor allem mit Organisationsentwicklung, Führung und der HR-Profession. Sein aktuelles Buch, das er zusammen mit David Kryscynski, Wayne Brockbank und Mike Ulrich veröffentlicht hat, heißt "Victory Through Organization".


Das Interview führte Christoph Stehr, freier Journalist in Hilden.

Schlagworte zum Thema:  HR-Management