- Die zehn wichtigsten Fragen zur bKV
- Steuerliche Behandlung der bKV
- Telemedizin als betriebliche Zusatzleistung
- Ansprüche an die bKV aus Arbeitgebersicht

Immer mehr Krankenversicherungen bieten auch Telemedizin als einen Bestandteil ihrer bKV an. Katharina Jünger, Gründerin und CEO der Teleclinic, erklärt im Interview, wie Firmen diesen Service nutzen können – und was Arbeitgeber wie Arbeitnehmer davon haben.
Haufe Online-Redaktion: Frau Jünger, eine ärztliche Versorgung per Videochat: Das klingt doch, auch für Unternehmen, die die digitale Transformation bereits mitgehen, eher nach Science Fiction, oder?
Katharina Jünger: Ganz und gar nicht. In der digitalen Versorgung liegen Länder wie die USA weit vor uns. Dort setzen laut einer Studie bereits 70 Prozent der Arbeitgeber auf digitale Maßnahmen, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Glücklicherweise kommt die Technologie nun auch in Deutschland an. Ein Arztbesuch dauert im Schnitt 2,5 Stunden und ist mit viel Warten verbunden – die eigentliche Beratung ist jedoch dann oft in unter zehn Minuten vorüber. Über eine telemedizinische Beratung per Telefon oder online lässt sich schnell und auf direktem Weg klären, was zu tun ist. Das erleichtert den Alltag von Arbeitnehmern ungemein.
Was Telemedizin den Unternehmen bringen kann
Haufe Online-Redaktion: Telemedizin beinhaltet mehr als Videosprechstunden – was können Unternehmen genau erwarten?
Jünger: Kurz gesagt handelt es sich bei der Telemedizin um medizinische oder gesundheitliche Beratungen, die medizinische Anbieter wie beispielsweise die Teleclinic per App oder Plattform Arbeitgebern zur Verfügung stellen. Für Unternehmen eignen sich insbesondere vier telemedizinische Bereiche: Zunächst das Telemonitoring zur Evaluierung der Gesundheit im Betrieb und Förderung des Gesundheitsbewussteins der Mitarbeiter. Wichtig sind auch telemedizinische Präventionsmodule zur Gesundheitsvorsorge, das geht vom Impfpassmanagement bis hin zu individuellen Vorsorgeplänen für die Mitarbeiter. Den dritten Bereich, die digitalen Arztbesuche, haben wir bereits angesprochen. Bleibt noch Telecoaching zur gesundheitlichen Aufklärung und Prävention, beispielsweise Anti-Stress-Coachings.
Telemedizin soll BGM planbar und messbar machen
Haufe Online-Redaktion: Warum ist Telemedizin gerade im betrieblichen Gesundheitsmanagement ein Thema?
Jünger: BGM-Maßnahmen können präventiv oder korrektiv sein. Es gilt: Je ganzheitlicher der Ansatz, desto effektiver. Doch eine hohe Bandbreite stellt Unternehmen gleichzeitig vor die Herausforderung, die für die Belegschaft effektivsten und sinnvollsten Maßnahmen zu identifizieren. Dazu muss – natürlich unter Beachtung des Datenschutzes – am individuellen Gesundheitszustand angesetzt werden. Hier kann Telemedizin helfen: Denn über digitale Tools wie Apps werden Vitaldaten automatisch erfasst und lassen sich ohne großen Aufwand auswerten – selbstverständlich anonymisiert.
Die automatische Evaluierung ist nicht nur einfacher, sondern auch kostengünstiger als betriebsärztliche Untersuchungen oder haptische Fragebögen und kann zudem in Echtzeit erfolgen. So wird BGM besser plan- und messbar. Da digitale Tools und Gesundheitsplattformen heute vielseitig einsetzbar sind, können zudem mehrere Maßnahmen miteinander kombiniert werden. So kann über eine App die Messung der Vitaldaten erfolgen, gleichzeitig aber auch ein Stress-Coaching angeboten werden.
Typische Nutzergruppen der Telemedizin: Führungskräfte und Expats
Haufe Online-Redaktion: Für welche Arbeitnehmergruppe ist Telemedizin besonders interessant?
Jünger: Für alle, die im Alltag Zeit sparen wollen, aber nicht auf die Fachkenntnis eines Arztes verzichten mögen. Das kommt etwa Eltern zugute, die wegen Kinderarztbesuchen immer mal wieder fehlen müssen – und jetzt so manches Problem vorab telefonisch klären können. Per Video- oder Telefonanruf sind beispielsweise unsere Allgemein- und Fachmediziner sieben Tage die Woche, auch nachts, erreichbar. Das bedeutet vor allem eines: weniger besorgte Eltern.
Eine weitere typische Nutzergruppe sind Führungskräfte: Sie wollen und können sich meist gar nicht erlauben, unnötig zu fehlen. Doch gerade dieser Personenkreis ist großen Belastungen ausgesetzt, beispielsweise hoher Verantwortung, Zeit- und Leistungsdruck. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte leistungsfähig bleiben – und gesund.
Eine wichtige Gruppe sind auch die Auslandsreisenden. Die Hemmung, in einem fremden Land zum Arzt zu gehen und sich mit dem dortigen Gesundheitssystem auseinanderzusetzen, ist meist hoch. Über telemedizinische Gesundheitsapps haben Geschäftsreisende stets den Arzt im Gepäck.
Haufe Online-Redaktion: Wie schätzen Sie die Zukunft der Telemedizin ein?
Jünger: Top! Die Vorteile der Telemedizin setzen sich durch. Seit Januar 2018 dürfen per Telemedizin konsultierte Ärzte in Baden-Württemberg zum Beispiel Diagnosen stellen, Rezepte verschreiben und Überweisungen ausstellen. Nun hoffen wir, dass sich die gesetzliche Lage dementsprechend auch in weiteren Bundesländern durchsetzt, damit Unternehmen deutschlandweit davon profitieren.
Das Interview führte Katharina Schmitt, Redakteurin Personalmagazin.