Zusammenfassung

Alle End- und Teilurteile der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte sind kraft Gesetzes vorläufig vollstreckbar, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig sind (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Diese Titel berechtigen ohne weiteres zur Zwangsvollstreckung.

Nicht vorläufig vollstreckbar sind dagegen Zwischenurteile nach § 304 ZPO. Im Übrigen gelten über § 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG für die Zwangsvollstreckung die Vorschriften der §§ 704 ff. ZPO.

Sonstige Vollstreckungstitel nach § 794 ZPO wie z. B. Beschlüsse, Anwalts- und Schiedsvergleiche, Schieds- und Schlichtungssprüche werden von der gesetzlichen Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit in § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht erfasst. Sofern diese Titel nicht rechtskräftig sind, müssen sie erst für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Urteile in Arrest- und Verfügungsverfahren sind jedoch auch nach allgemeinem Zivilprozessrecht vorläufig vollstreckbar.

1 Vorläufige Vollstreckbarkeit

In End- und Teilurteilen der Arbeitsgerichte bedarf es aufgrund der gesetzlichen Regelung keines besonderen Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit. Eine Sicherheitsleistung der obsiegenden Partei vor der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ist nicht vorgesehen.

Voraussetzung der Vollstreckung ist jedoch, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichtes einen vollstreckbaren Inhalt hat.

Dies ist bei Leistungsurteilen regelmäßig dann der Fall, wenn die Leistung so genau umschrieben ist, dass aus der Entscheidung selbst der Umfang der Zwangsvollstreckung genau entnommen werden kann. Es muss ersichtlich sein, welche konkrete Leistung der Beklagte zu erbringen bzw. was er zu tun oder zu dulden hat. Da sich der Streitgegenstand des arbeitsgerichtlichen Verfahrens in der Regel nach den gestellten Anträgen bestimmt, ist für die spätere Zwangsvollstreckung die Formulierung der konkreten Anträge in der Klageschrift von besonderer Bedeutung.

Feststellungsurteile unterliegen nicht der Zwangsvollstreckung, da sie keinen vollstreckbaren Inhalt haben. Diese Klageart ist auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf die Feststellung ihrer Unrichtigkeit gerichtet.

Bei einer Gestaltungsklage ist eine Zwangsvollstreckung denkbar, sofern sie einen vollstreckbaren Inhalt hat. Mit dieser Klageart wird die Änderung der Rechtslage durch den Richterspruch herbeigeführt, z. B. Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 9, 10 KSchG, Vollstreckungsgegenklagen nach §§ 767, 771 ZPO, Festsetzung der geschuldeten Leistung nach § 315 Abs. 3 BGB.

2 Beseitigung der vorläufigen Vollstreckbarkeit

Nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann die vorläufige Vollstreckbarkeit im arbeitsgerichtlichen Urteil ausgeschlossen werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Antrag des Beklagten auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils (siehe hierzu Arbeitshilfe: Vorläufige Vollstreckbarkeit: Antrag auf Beseitigung),
  • Darlegung des Beklagten, dass ihm die Zwangsvollstreckung aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und
  • Glaubhaftmachung dieser Voraussetzung.

Die Entscheidung des Gerichts über den Ausschluss der Zwangsvollstreckung ist in den Tenor aufzunehmen und in den Entscheidungsgründen zu begründen.

Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 69 Abs. 1 Satz 3 ArbGG erfolgt ohne Sicherheitsleistung durch Beschluss. Der Beschluss ist unanfechtbar.[1]

Lediglich für die Fälle der Vollstreckungsabwehrklage und Drittwiderspruchsklage ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass nach § 769, § 771 Abs. 3 ZPO die Zwangsvollstreckung auch mit Sicherheitsleistung eingestellt werden kann.[2] Die Zwangsvollstreckung kann auch teilweise ausgeschlossen werden.

Wird vom Gericht eine Entscheidung über den Antrag des Beklagten auf Ausschluss der Zwangsvollstreckung versehentlich nicht getroffen oder der Antrag übergangen, besteht die Möglichkeit der Urteilsergänzung bzw. -berichtigung unter den Voraussetzungen der § 319, § 321 ZPO.

Der Beklagte muss darlegen und glaubhaft machen, dass ihm durch die Zwangsvollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde. Ein nicht zu ersetzender Nachteil liegt vor, wenn er nicht abgewendet und bei Wegfall des Vollstreckungstitels nicht durch finanzielle oder andere Mittel ausgeglichen werden kann. Dies ist damit begründet, dass durch die vorläufige Vollstreckbarkeit keine endgültigen Verhältnisse und nicht mehr korrigierbare Tatsachen geschaffen werden sollen. Der Begriff des nicht zu ersetzenden Nachteils findet sich auch in § 707 Abs. 1 Satz 2, § 712 Abs. 1 ZPO und § 719 Abs. 2 ZPO und stellt allein auf die Interessen des Schuldners ab.

 
Praxis-Beispiel

Bei einem Anspruch auf Weiterbeschäftigung oder Beschäftigung ist ein unersetzbarer Nachteil dann gegeben, wenn die Beschäftigung objektiv unmöglich ist[3] oder Schäden in einem Ausmaß zu befürchten sind, dass aller Voraussicht nach vom Arbeitnehmer kein Ersatz zu erlangen sein wird.[4] Ein unersetzbarer Nachteil ist nicht bereits dadurch zu sehen, dass eine bereits erfolgte Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht...

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