Warum hat Work-Life-Balance einen solch hohen Stellenwert? Laut Haunschild[1] zählen

  • die Zunahme der Anzahl erwerbstätiger Frauen,
  • eine (wahrgenommene) Zunahme von Pflichten und Verantwortlichkeiten in den Domänen außerhalb der Erwerbsarbeit,
  • die Intensivierung von Erwerbsarbeit sowie
  • eine veränderte Einstellung zur Bedeutung von Erwerbsarbeit

zu einigen miteinander zusammenhängenden Entwicklungen, die als Erklärungsansatz für das Aufkommen von Work-Life-Balance als breit diskutiertes Thema infrage kommen.

Die Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativumfrage unter den Beschäftigten zum DGB-Index "Gute Arbeit" zum Thema Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben zeigen, dass das Auftreten von Vereinbarkeitsproblemen in einem deutlichen Zusammenhang mit der Qualität der Arbeitsbedingungen steht. Zudem zeigt die Studie auf, dass Beschäftigte, die häufig emotionalen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind, von einem höheren Maß an erschöpfungsbedingten Schwierigkeiten berichten.

Weniger überraschend ist, dass die zeitlich bedingten Vereinbarkeitsschwierigkeiten stark mit der Länge der Arbeitszeit zusammenhängen. So berichten 52 % der Beschäftigten, die sehr häufig oder oft nachts arbeiten, sowie 46 % der über 48 Stunden pro Woche Arbeitenden, dass sie sehr häufig oder oft zeitlich bedingte Vereinbarkeitsschwierigkeiten haben. 62 % der Befragten gaben an, dass keine Maßnahmen zur Gesundheitsförderung vom Betrieb angeboten werden, lediglich 5 % berichten, dass ihr Unternehmen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in sehr hohem Maß anbietet.

Ähnlich sieht es bei Sozialleistungen, wie beispielsweise Kinderbetreuung, Essenszuschüssen, Fahrtkostenzuschüssen oder sonstigen Vergünstigungen aus. Gerade 6 % sind der Meinung, dass diese in sehr hohem Maß angeboten werden, 56 % berichten, dass es hierzu keine Angebote gäbe. Insgesamt arbeiten 51 % der befragten Arbeitnehmerinnen und 8 % der Arbeitnehmer in Teilzeit. Von den Teilzeitbeschäftigten nannten 71 % der Frauen sowie 40 % der Männer eine bessere Vereinbarkeit als Grund für Teilzeitarbeit.[2] Darüber hinaus muss beachtet werden, dass jede/r elfte Beschäftigte neben seiner Berufstätigkeit Verantwortung für eine oder mehrere pflegebedürftige Personen trägt. Im Durchschnitt werden 13,3 Stunden pro Woche für die Pflege aufgewendet.[3]

Die Niederlande hat laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) zu den Ländern mit der besten Work-Life-Balance das ausgewogenste Verhältnis von Arbeits- und Privatleben. Deutschland belegt hierbei den achten Platz. Dass die Niederlande den besten "Better-Life-Index" erzielt, liegt laut den OECD-Experten vor allem daran, dass dort nur wenige Beschäftigte sehr lange Wochenarbeitszeiten haben. Im Schnitt müssten laut dieser Studie 12,6 % aller Arbeitskräfte der befragten Mitgliedsstaaten 50 oder mehr Stunden pro Woche arbeiten. In den Niederlanden seien es lediglich 0,5 %, in Deutschland 4,6 % der Arbeitnehmer. Während jedoch die niederländischen Vollbeschäftigten im Durchschnitt 15,9 Stunden pro Tag für Essen, Schlafen und Freizeitaktivitäten verwenden, sind es in Deutschland 15,6 Stunden pro Tag.[4]

In welchen Städten es den Berufstätigen in Deutschland in Bezug auf Work-Life-Balance am besten geht, ermittelten das Karrierenetzwerk XING und die Bewertungsplattform kununu mit dem Ergebnis, dass Karlsruhe den ersten Platz des Rankings belegt. Die Arbeitgeber dieser Stadt erhielten eine durchschnittliche Bewertung von 3,7 von 5 möglichen Punkten. 68 % der Mitarbeiter profitieren dort von Regelungen für flexible Arbeitszeiten. Diejenige Stadt, die die besten Angebote zur Kinderbetreuung vorweist, ist Kiel.[5]

Eine fehlende Work-Life-Balance kann gravierende Folgen, wie Schlafstörungen, Angstgefühle, Abnahme der mentalen Leistungsfähigkeit sowie der Arbeitsmotivation und damit einhergehend einen Rückgang der Arbeitsleistung bis hin zur Erschöpfung nach sich ziehen.[6] Dass davon sowohl der Unternehmenserfolg als auch die Gesundheit der Mitarbeiter abhängen, liegt auf der Hand. Diese Tatsachen untermauern die Dringlichkeit, in die Work-Life-Balance und somit auch in die psychische Gesundheit der Mitarbeiter zu investieren.

Anstatt sich aktiv mit der Work-Life-Balance auseinanderzusetzen, erkennt dennoch nicht jedes Unternehmen die Notwendigkeit, die Work-Life-Balance in ausreichendem Umfang zu fördern. Einer Studie zufolge sind 38 % der 1.100 Befragten der Meinung, dass ihrem Arbeitgeber eine ausgewogene Work-Life-Balance seiner Mitarbeiter egal ist. Dem gegenüber wählen 47 % der Befragten, wenn sie sich zwischen 2 vergleichbaren Jobangeboten entscheiden müssen, das Unternehmen mit Work-Life-Balance-Kultur.[7] Darüber hinaus sind Stress sowie psychische Belastungen immer noch ein Tabuthema.[8] Daher wundert es nicht, dass sich mehr Mitarbeiter wünschen, ihr Unternehmen würde sich bei dem wichtigen Thema Work-Life-Balance flexibler und anpassungsfähiger zeigen.

[1] Haunschild: Work-Life-Balance. Ein kriti...

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