Zusammenfassung

 
Überblick

Der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen hängt immer mehr von Faktoren ab, die beim klassischen Jahresabschluss nicht berücksichtigt werden. Dort sind im Kern lediglich Anlage- und Umlaufvermögen sowie Umsätze, Kosten und Gewinne erfasst. Damit Unternehmen erfolgreich sein und Gewinn erzielen können, ist es zunehmend auf immaterielle, weiche Vermögenswerte angewiesen, die sich mit dem klassischen Jahresabschluss nur schwerabbilden lassen. Weiche Faktoren sind v.a. das Leistungsvermögen der Mitarbeiter, die Anzahl und Güte der Beziehungen zu Geschäftspartnern und die Güte der zur Arbeitserledigung notwendigen Prozesse. Weiche Faktoren werden vor allem in kleinen und mittelständischen Firmen trotz ihrer Bedeutung und ihres Einflusses auf das Geschäftsergebnis nicht oder nur unsystematisch erfasst, ausgewertet und als Ausgangspunkt für die Umsetzung von Verbesserungen genutzt. Oft sind den Beteiligten die Zusammenhänge und Einflüsse auch nicht bekannt oder bewusst.

Genau hier setzt die Wissensbilanz an: Sie hilft, wesentliche Faktoren aus den genannten immateriellen Bereichen systematisch und strukturiert zu erfassen, auszuwerten und darzustellen. Gleichzeitig erfolgt ein Abgleich mit Unternehmenszielen und –strategien. Der Beitrag zeigt, was eine Wissensbilanz ist und erläutert in grundlegenden Punkten, wie sie erstellt und eingesetzt werden kann.

1 Grundlegendes zur Wissensbilanz als Instrument des Wissensmanagements

Mit einer Wissensbilanz kann das immaterielle oder intellektuelle Kapital eines Unternehmens abgebildet, bewertet und verbessert werden. Sie zeigt nach Definition des "Leitfaden Wissensbilanz – Made in Germany" (Wissensbilanz-Leitfaden_2.0_Stand_2013.pdf (akwissensbilanz.org)), die Zusammenhänge zwischen den organisatorischen Zielen, den Geschäftsprozessen, dem intellektuellem Kapitel und dem kurz- und langfristigem Geschäftserfolg auf und beschreibt diese Elemente mithilfe von Indikatoren (Abb. 1). Unter intellektuellem Kapital im Rahmen der Wissensbilanz werden im Wesentlichen drei Dimensionen verstanden:

  1. Als Humankapital eines Unternehmens werden alle Eigenschaften und Fähigkeiten, der Mitarbeiter bezeichnet, die diese in den Betrieb mit einbringen, z. B. Fachkompetenz, Fähigkeiten, Motivation, Verhalten. Verlassen einzelne Mitarbeiter das Unternehmen, gehen zentrale Fähigkeiten und Qualifikationen häufig zumindest temporär verloren.
  2. Das Beziehungskapital eines Unternehmens sind alle Beziehungen zu Dritten, die für die Umsetzung der eigenen Geschäftstätigkeit benötigt werden. Hierunter fallen neben Kunden und Lieferanten u. a. auch die Beziehung zu Banken, Öffentlichkeit oder Kooperationspartnern. Verlassen Mitarbeiter das Unternehmen, können zumindest Teile des Beziehungskapitals verloren gehen, wenn der Beschäftigte beispielsweise einen Teil des Kundenstamms mitnimmt oder er alleine für die Betreuung eines wichtigen Lieferanten verantwortlich war.
  3. Das Strukturkapital eines Unternehmens umfasst die Prozesse und Strukturen, die die Mitarbeiter einsetzen, um ihre Aufgaben durchzuführen. Im Gegensatz zum Humankapital ist das Strukturkapital weitgehend im Besitz der Organisation und bleibt zumindest im Kern auch dann erhalten, wenn einzelne Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Beispielsweise kann ein Unternehmen geistiges Eigentum, Führungsinstrumente, Organisationskultur, Prozessorganisation oder Informationstechnologie auch nutzen, wenn Mitarbeiter wechseln.

Dass der Begriff "intellektuelles Kapital" über das Humankapital hinausgeht, hat in v.a. damit zu tun, dass "Wissen" nicht nur das Wissen in den Köpfen der Beschäftigten umfasst, sondern dass ein Unternehmen weitere Informationen, Daten und Fähigkeiten benötigt, um alle Aufgaben im Betrieb in guter Qualität lösen zu können.

Dazu gehört eben auch die Gestaltung der Geschäftsprozesse und der Beziehungen zu Partnern. Im Zuge der aktuellen Diskussion u. a. über Nachhaltigkeit und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz kann überlegt werden, ob bzw. wie sich solche Komponenten mit in eine Wissensbilanz einbinden lassen. Beispielsweise kann beim Beziehungskapital ein Bewertungsfaktor die Einhaltung sozialer oder Umweltstandards definiert werden. Beim Strukturkapital ist es z. B. möglich, abzubilden, wie und mit welchen Prozessen sich Produkte nachhaltiger beziehen lassen.

Abb. 1: Aufbau und Struktur einer Wissensbilanz[1]

[1] Abb. angelehnt an Darstellung des AK-Wissensbilanz und Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

1.1 Wissensbilanz ist keine Bilanz im Sinne des Rechnungswesens

In der Praxis bereitet der Begriff Wissensbilanz nicht nur Mitarbeitern aus dem Rechnungswesen immer wieder Probleme, weil der Begriff "Bilanz" im bisherigen Sprachgebrauch auf den klassischen Jahresabschluss mit seinen Vermögensgegenständen und dem zur Finanzierung notwendigen Kapital abstellt. Hierzu gibt es zahlreiche Gesetze und Regelungen, u. a. HGB, EStG, IFRS usw.

Für die Erstellung einer Wissensbilanz existieren noch keine verbindlichen Bestimmungen, lediglich Umsetzungsempfehlungen. Allerdings müssen Unternehmen, die nach IAS/IFRS bilanzieren, Festlegungen zur Bilanzierung ihrer ...

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