Die folgenden Ausführungen gelten für den Fall, dass sich der Arbeitgeber vertraglich zur Zahlung einer Gratifikation verpflichten möchte. Die Gratifikation kann entweder nur die Betriebstreue honorieren, eine arbeitsleistungsbezogene Sonderzuwendung sein oder Mischcharakter haben.

2.1 Höhe der Gratifikation

Der Arbeitgeber kann sich bereits in der vertraglichen Vereinbarung auf eine bestimmte Höhe der auszuzahlenden Weihnachtsgratifikation festlegen. Möchte er dem Arbeitnehmer zwar grundsätzlich einen Anspruch auf Auszahlung einräumen, sich aber nicht auf die Höhe festlegen, kann er sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bezüglich der Höhe der Gratifikation vorbehalten. Eine Bestimmung im Arbeitsvertrag, nach der eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, die "derzeit ein Bruttogehalt nicht übersteigt", deren Höhe "jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben" und auf die im Juni "ein Vorschuss in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt" wird, räumt dem Arbeitgeber sowohl in Bezug auf den Vorschuss als auch auf die endgültige Höhe der Sonderzahlung in zulässiger Weise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i. S. v. § 315 BGB ein.[1]

2.2 Stichtag

Der Arbeitgeber kann den Anspruch auf eine Gratifikation davon abhängig machen, dass das Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Tag, beispielsweise dem Auszahlungszeitpunkt, noch ungekündigt fortbesteht (Stichtagsregelung). Dient die Gratifikation nicht der Vergütung geleisteter Arbeit, sondern soll mit ihr allein Betriebstreue honoriert oder ein Beitrag zum Weihnachtsfest geleistet werden, muss die Klausel nicht danach differenzieren, wer die Kündigung ausgesprochen hat und ob sie auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers liegen.[2] Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet oder sonstige Zwecke verfolgt, ist durch Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen zu ermitteln.[3] Reiner Gratifikationscharakter ist insbesondere anzunehmen, wenn eine Leistung nicht von einer Gegenleistung abhängig ist.[4]

Eine Stichtagsklausel kann jedoch nur dann wirksam vereinbart werden, wenn die Gratifikation keinen Mischcharakter hat. Eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt[5], kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums der Sonderzahlung abhängig gemacht werden.[6] Eine Sonderzahlung mit Mischcharakter kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Stichtagsregelung ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht.[7]

In Tarifverträgen kann der Anspruch auf eine Sonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums (z. B. im Folgejahr) abhängig gemacht werden.[8] Dies ist dann von Bedeutung, wenn der entsprechende Tarifvertrag arbeitsvertraglich einschränkungslos und in seiner Gesamtheit in Bezug genommen wurde.

2.3 Rückzahlung

Ob eine bereits ausgezahlte Gratifikation wegen Ausscheidens vor einem bestimmten Stichtag zurückzuzahlen ist, hängt davon ab, ob eine Rückzahlungsklausel vereinbart wurde. Ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung kann eine Rückzahlung nicht verlangt werden.

Bei Weihnachtsgratifikationen, die i. d. R. im Dezember ausgezahlt werden, gilt für Rückzahlungsklauseln nach der Rechtsprechung des BAG[9] im Allgemeinen:

  • Weihnachtsgratifikationen bis einschl. 100 EUR: Rückzahlungsklauseln unzulässig.[10]
  • Weihnachtsgratifikationen über 100 EUR, aber weniger als ein Monatsgehalt: Rückzahlungsklausel, die bis 31.3. des Folgejahres reicht, ist einzuhalten. Mit Ablauf des 31.3. kann der Arbeitnehmer ausscheiden, ohne zur Rückzahlung verpflichtet zu sein.[11]
  • Ein Monatsgehalt als Weihnachtsgratifikation: Eine Bindungswirkung über den 31.3. hinaus ist möglich.[12] Hat der Arbeitnehmer bis 31.3. des Folgejahres nur eine Kündigungsmöglichkeit, so ist ihm zuzumuten, diese eine Kündigungsmöglichkeit auszulassen, wenn er die Gratifikation behalten will. Hat der Arbeitnehmer bis 31.3. des Folgejahres mehrere Kündigungsmöglichkeiten, so ist ihm zuzumuten, den Betrieb erst nach dem 31.3. des Folgejahres zum nächstmöglichen Kündigungstermin zu verlassen, wenn er die Gratifikation behalten will.[13]
  • Weihnachtsgratifikation geringfügig höher als Monatsgehalt: Keine Rückzahlung bei Ausscheiden nach dem 30.6. des Folgejahres.
  • Zwei Monatsgehälter als Weihnachtsgratifikation: Rückzahlungsklausel zulässig, nach der bei Ausscheiden bis 31.3. des folgenden Jahres eineinhalb Monatsgehälter, zum 30.6. ein Monatsgehalt und zum 30.9. ein halbes Monatsgehalt zurückzuzahlen sind.[14]

Entscheidend für die Höhe des maßgeblichen Monatsgehalts ist stets das Monatsgehalt im Auszahlungsmonat, nicht das Durchschnittsentgelt während des vergangenen Jahres.[15] ...

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