In der Regel werden Vorgesetzte in Seminaren geschult, bevor sie ihre Mitarbeiter beurteilen. (Dies gilt zumindest bei der Einführung eines Beurteilungssystems.) Sie lernen das Beurteilungssystem kennen, erfahren, was sie alles bei Beurteilungen beachten müssen und üben, Beurteilungsgespräche[1] zu führen. So gerüstet, steigen sie in den Beurteilungsprozess ein.

Eine ähnliche Schulung der Mitarbeiter für eine Vorgesetztenbeurteilung wird kaum gefordert und nur selten durchgeführt. Das mag vor allem ein Mengen- und Kostenproblem sein. Es liegt aber auch in der "Schulungstradition": Die Mitarbeiter werden auf dem Gebiet der Führung und Zusammenarbeit auch sonst kaum bis gar nicht geschult. Sie werden weder auf ihre Rolle im Führungsprozess vorbereitet (Wie sollen sie sich verhalten, damit eine partizipative Führung funktioniert? Wie können sie als Mitarbeiter dazu beitragen, dass der Führungsprozess reibungslos und effizient abläuft?) noch auf ihre Rolle im Beurteilungsprozess (Wie sollen sie sich in einem Beurteilungsgespräch verhalten? Welches sind ihre Rechte und Pflichten? Welchen Nutzen haben sie von der Mitarbeiterbeurteilung?).

Die Vorbereitung der Mitarbeiter auf die Vorgesetztenbeurteilung beschränkt sich häufig auf eine schriftliche und/oder mündliche Information. Dabei werden Ziel, Sinn, Zweck und Nutzen der Vorgesetztenbeurteilung erläutert, der Beurteilungsbogen, das Verfahren und die Spielregeln vorgestellt und an die Bereitschaft zur Mitwirkung appelliert. Im Übrigen hofft man, dass bei gutem Willen auf beiden Seiten die Vorgesetztenbeurteilung die erwünschten Ergebnisse bringt.

Der schwierigste Teil der Vorgesetztenbeurteilung ist in der Regel das Beurteilungsgespräch — vor allem dann, wenn Vorgesetzte und Mitarbeiter nicht gewohnt sind, miteinander dienstliche Gespräche (z. B. Zielvereinbarungsgespräche, Fördergespräche, Kritikgespräche u. Ä.) zu führen. Je selbstverständlicher solche Gespräche sind und je fairer und unverkrampfter die Gesprächsatmosphäre ist, desto problemloser dürften auch die Beurteilungsgespräche ablaufen.

 
Praxis-Tipp

"Spielregeln"

Das Beurteilungssystem (insbesondere der Beurteilungsbogen) sollte so konstruiert sein, dass die Mitarbeiter auch ohne aufwändiges Training ihre Vorgesetzten beurteilen können. Auch sollte die Instruktion über den Ablauf der Beurteilung Spielregeln für beide Seiten enthalten, die für einen fairen und konstruktiven Ablauf sorgen.

Auf eine gründliche Schulung der Mitarbeiter kann man verzichten, wenn man die Vorgesetzten in einem Führungstraining auf ihren Part in einem solchen Gespräch vorbereitet. Wenn sie das Gespräch so führen, dass die Mitarbeiter ohne Befürchtungen und Hemmungen ihre Urteile abgeben und begründen können, wenn sie mögliche Kritik als Tipp und Führungshilfen annehmen, dann müssten die Gespräche zum gewünschten Erfolg führen.

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