Tenor

Der Bescheid des Bezirksamtes Wilmersdorf von Berlin, Abteilung Finanzen – Wirtschaftsamt –, vom 14. Dezember 1999 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis für das von ihr betriebene „…”. Am 26. August 1997 meldete sie dem Bezirksamt von Berlin die Verlegung ihres zuvor in Berlin … unter der Firma … betriebenen Gewerbes mit dem Gegenstand „Partnervermittlung + Begleitung und Unterhaltung von Berlin-Besuchern = Begleitservice” zum 1. Juni 1997 in die … Berlin. Diese Ummeldung erfolgte, nachdem das Landeskriminalamt (LKA) bei einer Kontrolle am 20. August 1997 festgestellt hatte, dass die Klägerin unter der neuen Anschrift in einer Wohnung im Gartenhaus einen bordellartigen Betrieb unterhielt.

Ende November 1997 beantragte die Klägerin eine Gaststättenerlaubnis für die Betriebsräume eines ehemaligen Döner-Ladens im Vorderhaus des Gebäudes … die ihr der Beklagte mit Bescheid vom 23. Dezember 1997 erteilte. Den Beginn des Gaststättenbetriebes zeigte die Klägerin für den 23. Dezember 1997 an, nachdem sie zuvor ihre bisherige Gewerbeanmeldung zum 1. Dezember 1997 um den Gegenstand „gewerbliche Zimmervermietung” erweitert hatte. Gleichzeitig begann die Klägerin, in der Presse für ihr neues „…” und die Firma … dahingehend zu werben, dass erkennbar die Möglichkeit entgeltlichen Geschlechtsverkehrs einschließlich Zimmermiete zu einem Pauschalpreis von …/Stunde in Aussicht gestellt wurde. Der Betrieb ist so organisiert, dass für männliche Freier im „…” die Gelegenheit besteht, von sich aus eine der dort aufhältlichen Prostituierten anzusprechen, um sich – im Falle freiwilliger Zustimmung – mit ihr in den hinteren Gebäudeteil zu begeben, wo sich die von der Klägerin zu einen Stundensatz von … DM bereitgehaltenen Zimmer befinden. Unmittelbar nach Aufnahme des Gaststättenbetriebes setzten beim Beklagten Beschwerden von Hausbewohnern ein, die sich größtenteils auf nächtlichen Lärm bezogen. Die in einem Fall anonym erhobene Beschwerde enthielt den später nicht bestätigten Vorwurf der illegalen Beschäftigung von Ausländern.

Mit Anhörungsschreiben des Bezirksamtes … vom 10. Juli 1998 leitete der Beklagte gegen die Klägerin bezüglich des Begleitservice ein Gewerbeuntersagungsverfahren wegen Unzuverlässigkeit ein, das jedoch nicht weiter verfolgt wurde.

Mit weiterem Anhörungsschreiben des Bezirksamtes … vom 23. Oktober 1998 leitete der Beklagte sodann gegen die Klägerin ein Verfahren zum Widerruf der Gaststättenerlaubnis für das … ein und führte zur Begründung aus, die Klägerin nutze die Gaststättenräume zur Kontaktaufnahme zwischen Prostituierten und Freiern, fördere dadurch die Prostitution und leiste der Unsittlichkeit Vorschub. Dies rechtfertige die Annahme der Unzuverlässigkeit. Dieses Verfahren betrieb der Beklagte aber zunächst ebenfalls nicht weiter, da es mit der Klägerin zu Gesprächen über eine Veränderung des Betriebskonzeptes gekommen war, über die sich in den Verwaltungsvorgängen allerdings keine Aufzeichnungen befinden. In der Folgezeit veränderte die Klägerin u.a. ihre Anzeigen und warb unter der Rubrik „Profis” nur noch für „mehr als nur gepflegte Getränke …” (TIP vom 4. Februar 1999, Verwaltungsvorgang [VV] Hülle nach Bl. 67). Mit Schreiben des Bezirksamts Wilmersdorf vom 21. Juli 1999 beanstandete der Beklagte, die Klägerin habe absprachewidrig kein geändertes Betriebskonzept vorgelegt, sondern lediglich die Ausgestaltung der Werbeanzeigen verändert. Die gegenwärtige Nutzung der Gaststättenräume erfülle den Straftatbestand „Förderung der Prostitution” und rechtfertige die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne des Gaststättengesetzes. Bei der anschließenden mündlichen Verhandlung am 30. Juli 1999 in den Räumen des Bezirksamtes erläuterte die Klägerin, sie habe die Notausgangstür zum Hof, die den kürzesten Weg zum Gartenhaus bot, vereinbarungsgemäß für die ständige Benutzung durch Gäste gesperrt und halte seither regelmäßigen Kontakt mit den zur Bekämpfung von Kriminalität im Rotlicht- und Rauschgiftmilieu zuständigen Polizeidienststellen. Der Verhandlungsführer des Beklagten erklärte diese Maßnahmen für unzureichend und forderte die Klägerin auf, entweder die Gaststätte oder die Zimmervermietung aufzugeben. Gegenüber der Presse erklärte die zuständige Wirtschaftsstadträtin später:

„Wenn Frau … für die Zimmervermietung einen Strohmann eingestellt hätte, wären uns nach dem Gesetz die Hände gebunden. Aber sie ist Alleinbetreiberin dieses bordellartigen Betriebes.” (Berliner Zeitung vom 25./26.9.99, VV Bl. 81)

Unter dem 10. September 1999 nahmen die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin umfassend Stellung zu der angekündigten Widerrufsabsicht. Zum einen erhöben die zuständigen Polizeidienststellen keinerlei strafrechtlichen Vorwurf, und zum anderen habe sich das Sittenwidrigkeitsurteil i...

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