Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit einer Verdachtskündigung ist zunächst die Sachlage im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung. Maßgeblich sind die unstreitigen oder im Wege der Beweisaufnahme festgestellten Umstände, die zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben. Für die rechtliche Beurteilung, welche Umstände zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorgelegen haben, ist im Fall eines Kündigungsschutzprozesses der Erkenntnisstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz maßgeblich.[1] Der Arbeitnehmer ist damit im Prozess nicht gehindert, Tatsachen vorzutragen, die – wenn auch unerkannt – im Kündigungszeitpunkt vorgelegen haben und den dringenden Verdacht als unberechtigt erscheinen lassen. Ebenso kann der Arbeitgeber durch das Nachschieben von Tatsachen den zunächst unzureichenden Verdacht erhärten. Unberücksichtigt bleiben lediglich solche Tatsachen, die erst nach dem Zugang der Kündigung entstanden sind, etwa weitere Vorfälle der Art, die den Verdacht begründeten, oder umgekehrt eine Verhaltensänderung des Arbeitnehmers, die erneute Vertrauensstörungen unwahrscheinlich macht.

So müssen bei einem rechtskräftigen Freispruch des Arbeitnehmers wegen erwiesener Unschuld durch die Strafgerichte auch die Arbeitsgerichte, wenn nicht neue Tatsachen eine andere Beurteilung rechtfertigen, davon ausgehen, dass der Verdacht gegen den Arbeitnehmer von Anfang an unbegründet gewesen ist.[2]

Die Darlegungslast im Prozess hat dabei derjenige, der für sich das Recht zur Kündigung in Anspruch genommen hat. Wird ein entsprechender hinreichender Tatsachenvortrag bestritten, so hat ihn der Kündigende zu beweisen. Werden von dem Verdächtigten seinerseits zusätzliche Umstände vorgetragen, die den zunächst ausreichenden Indizwert des unstreitigen bzw. bewiesenen Sachverhalts entkräften, so hat der Kündigende aufgrund der ihm obliegenden Beweislast diesen Vortrag zu widerlegen.

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