Gesetzliche Regelungen zum Urlaubsverfall

Der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub besteht grundsätzlich nur während des jeweiligen Urlaubsjahres.[1] Am Jahresende offener Resturlaub wird ausnahmsweise bis zum Ende des gesetzlichen Übertragungszeitraums (31.3. des Folgejahres) übertragen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.[2] Spätestens mit Ablauf des Übertragungszeitraums verfällt nicht genommener Urlaub dann grundsätzlich ersatzlos.

Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers

Der EuGH fordert, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den Urlaub wahrzunehmen. Daraus folgert er nicht, dass der Arbeitgeber ihn zum Ende des Jahres seinerseits auch ohne Antrag des Arbeitnehmers beurlauben muss. Vielmehr verlangt das Gericht, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Information in die Lage versetzt, den Urlaubsanspruch wahrzunehmen.[3] Das Bundesarbeitsgericht (BAG) greift diese Rechtsprechung auf.[4]

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer demzufolge – "erforderlichenfalls förmlich" – aufzufordern, den Jahresurlaub zu nehmen. Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines "zulässigen" Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn er nicht genommen werden sollte.

Die Nichterfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten führt dazu, dass die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG nicht zu laufen beginnt und der Urlaubsanspruch damit nicht verfallen oder verjähren kann. Der nicht verfallene Urlaub tritt, wenn kein Übertragungsgrund vorliegt, am 1.1. zum Urlaub des neuen Kalenderjahres hinzu. Der Arbeitgeber hat seine Mitarbeiter nicht nur auf den Urlaub aus dem aktuellen Jahr, sondern auch auf noch bestehenden Urlaub aus den vergangenen Jahren hinzuweisen.[5]

Auch für den Zusatzurlaub schwerbehinderter Mitarbeiter muss der Arbeitgeber die Hinweisobliegenheit erfüllen[6], sofern ihm die Schwerbehinderung bekannt oder diese offensichtlich ist.[7] Das gleiche gilt für eine Langzeiterkrankung, wenn der Arbeitnehmer bis Beginn der Arbeitsunfähigkeit den Urlaub zumindest noch teilweise hätte nehmen können.[8]

Zeitpunkt des Hinweises

Nach Auffassung des BAG muss der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten regelmäßig zu Beginn des Kalenderjahres unverzüglich erfüllen. Ohne Vorliegen besonderer Umstände (wie z.B. Betriebsferien) erfordert dies die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheit innerhalb einer (Urlaubs-)Woche nach Jahresbeginn.[9] Um die Nachdrücklichkeit und Ernsthaftigkeit zu betonen, kann es sinnvoll sein, die Unterrichtung zu Beginn des 3. Quartals zu wiederholen.

Ist ein Arbeitnehmer im Laufe eines Kalenderjahres langandauernd arbeitsunfähig, setzt der Verfall des Urlaubsanspruchs 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres voraus, dass der Hinweis unverzüglich nach Urlaubsentstehung erteilt worden ist und bis zum Beginn der langandauernden Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitnehmer hätte genommen werden können.[10]

Wird Urlaub aus dem Vorjahr ins neue Kalenderjahr übertragen, muss für den Arbeitnehmer, um den Anforderungen der völligen Transparenz gerecht zu werden, die Unterscheidung zwischen dem übertragenen Urlaub und dem Urlaubsanspruch des neuen Kalenderjahres klar erkennbar sein, und zwar sowohl im Hinblick auf die Befristung als auch auf die Höhe des Urlaubsanspruchs.

Eine ständige Aktualisierung der Mitteilung, etwa anlässlich jeder Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruches ist nicht erforderlich. Das BAG verweist auf die Umstände des Einzelfalles. Eine Aktualisierung über den Umfang der offenen Urlaubstage ist danach nicht erforderlich, wenn es zu einer Reduzierung der Urlaubstage durch Inanspruchnahme kommt. Etwas anderes gilt, wenn sich als Folge einer Veränderung der Arbeitszeit und der Arbeitstage der Umfang des Urlaubsanspruchs ändert.

Abstrakte Angaben zu den Verfallregelungen, z.B. im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, sind nicht ausreichend. Vielmehr muss ein individueller Hinweis erfolgen. Dieser kann auch in einer Lohnabrechnung aufgenommen werden. Der Hinweis muss dann jedoch deutlich hervorgehoben sein. Wichtig für den Arbeitgeber ist, dass er nachweisen kann, dass der Hinweis dem Arbeitnehmer zugegangen ist.

Hinweis bei Neueinstellungen

Bei unbefristeten Neueinstellungen in der ersten Jahreshälfte wird der volle Jahresurlaubsanspruch erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Da vor Erfüllung der Wartezeit kein Urlaubsanspruch besteht, sollte der Hinweis kurz vor oder nach Ablauf der Wartezeit erfolgen.

Besonderheiten sind bei unbefristeten Einstellungen in der 2. Jahreshälfte (s.h. unten stehendes Muster) zu berücksichtigen, da auf entsprechendes Verlangen des Arbeitnehmers der offene Teilurlaub in das nächste Kalenderjahr übertragen wird. Auch auf diese Möglichkeit muss hingewiesen werden.[11] Der Hinweis sollte möglichst zeitnah nach der vereinbarten Arbeitsaufnahme erfolgen.

Hinweis

Ein unterlassener oder fehlerhafter Hinweis ist rech...

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