1 Abgrenzung zu Mehrarbeit

Begrifflich zu unterscheiden sind Überstunden und Mehrarbeit. Unter dem Begriff Mehrarbeit ist ein Überschreiten der allgemeinen gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen (regelmäßig 8 Stunden werktäglich) zu verstehen. Arbeitet ein Arbeitnehmer hingegen über die für sein Beschäftigungsverhältnis individuell geltende Arbeitszeit hinaus, handelt es sich um Überstunden. So können z. B. Teilzeitbeschäftigte in erheblichem Umfang Überstunden leisten, ohne dass es sich dabei um arbeitszeitgesetzlich relevante Mehrarbeit handelt.

2 Leistungspflicht

Überstunden bedeutet die Erbringung von Arbeitsleistung außerhalb der regelmäßigen arbeitsvertraglichen Arbeitszeit. Die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden[1] bedarf einer ausdrücklichen oder konkludenten Regelung im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, da anderenfalls der Arbeitgeber einseitig das Austauschverhältnis der gegenseitigen Hauptleistungspflichten verändern könnte. Insbesondere genügt das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht, einen Arbeitnehmer einseitig zur Ableistung von Überstunden zu verpflichten. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers beschränkt sich regelmäßig darauf, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Pflichten des Arbeitnehmers im Einzelnen zu bestimmen, begründet aber keine vertragserweiternden Rechte. Vielmehr ist eine am Einzelfall ausgerichtete Auslegung des Arbeitsvertrags geboten, ob und inwieweit dem Arbeitgeber das Recht zur einseitigen Anordnung von Überstunden zusteht.

 
Wichtig

Klausel zu Überstunden vertraglich vereinbaren

Insbesondere in betriebsratslosen Betrieben ist auf eine entsprechende – insoweit konstitutive – Klausel zur Erbringung von Überstunden unbedingt zu achten.

Mögliche Formulierung:

"Der Arbeitgeber ist bei betrieblichen Erfordernissen im Rahmen billigen Ermessens und unter Beachtung der Vorgaben des ArbZG berechtigt, Überstunden anzuordnen. Diese werden ohne anderweitige Vereinbarung spätestens innerhalb von 2 Monaten nach dem Ende des Monats, in dem sie geleistet wurden mit dem Arbeitsentgelt vergütet/durch entsprechenden Freizeitausgleich abgegolten."

Die konkrete Erbringung von Überstunden kann durch ausdrückliche oder konkludente Weisung erfolgen. Möglich ist auch die "Duldung" der Erbringung von Überstunden: Voraussetzung dafür ist, dass der Arbeitgeber die Überstundenleistung erkennt, diese hinnimmt und nicht unterbindet. In Fällen einer Duldung muss der Arbeitnehmer darlegen, dass und inwieweit der Arbeitgeber von den Überstunden Kenntnis erlangt haben soll und insbesondere, dass es danach zu weiterer Überstundenleistung gekommen ist.[2] Ausnahmsweise kann sich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Erbringung von Überstunden aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer bei der regelmäßigen und kollektiven Erbringung von Überstunden durch die Belegschaft ohne sachlichen Grund nicht berücksichtigt.[3] Allerdings ergibt sich aus der regelmäßigen Anordnung von Überstunden noch kein Anspruch auf eine bestimmte Mindestzahl von Überstunden.[4]

3 Notfälle

Unabhängig von einer vertraglichen Regelung ist der Arbeitnehmer in Notfällen oder bei sonstigen unvorhergesehenen Ereignissen zum Schutz erheblicher betrieblicher Interessen aus seiner Treuepflicht heraus zur Ableistung von Überstunden verpflichtet.

4 Vergütung von Überstunden

In gesetzlichen Vorschriften finden sich keine Vergütungsregelungen für geleistete Überstunden. Eine Ausnahme macht das BBiG für zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen.[1] Darüber hinaus gibt es keinen Grundsatz, dass Überstunden in jedem Fall vergütungspflichtig sind.[2] Soweit die Überstunden zugleich Nachtarbeit (§ 2 Abs. 4 ArbZG) sind, besteht gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG ein Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag.[3] Tarifverträge sehen hingegen oftmals eine Vergütungsregelung vor. Bei der Überstundenvergütung ist zwischen der Grundvergütung für die geleistete Überstunde überhaupt und dem besonderen Überstundenzuschlag zu unterscheiden, der häufig nach der Zahl der geleisteten Überstunden gestaffelt wird. Regelmäßig besteht ein Anspruch auf die Grundvergütung, der Arbeitgeber kann durch arbeitsvertragliche Gestaltung allerdings auch einen Freizeitausgleich gewähren. Die weitverbreiteten pauschal gefassten Überstundenklauseln, nach denen Mehrarbeit mit dem Grundgehalt abgegolten ist, halten einer Inhaltskontrolle regelmäßig nicht mehr stand und sind unwirksam. Eine wirksame Klausel muss eindeutig erkennen lassen, wie viele Überstunden in welcher Höhe vergütet werden.[4] Unwirksam ist danach eine Formulierung, nach der Überstunden "in vertretbarem Volumen" abgegolten seien.[5] Wirksam ist eine solche Klausel nur, wenn der Arbeitnehmer eindeutig und transparent erkennen kann, was ggf. "auf ihn zukomm...

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