3.2.1.1 Voraussetzungen nach § 24i Abs. 2 Satz 1

 

Rz. 15

Steht die Frau bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG in einem Arbeitsverhältnis oder ist sie in Heimarbeit beschäftigt (hierzu unter 3.2.1.1.1) oder ist das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe von § 17 Abs. 2 MuSchG gekündigt worden (hierzu unter 3.2.1.1.2), wird als Mutterschaftsgeld das um die gesetzlichen Abzüge verminderte durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten 3 abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG gezahlt (§ 24i Abs. 2 Satz 1).

3.2.1.1.1 Bestehendes Arbeits- oder Heimarbeitsverhältnis bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1

 

Rz. 16

Zur Beurteilung, ob ein Arbeitsverhältnis besteht, ist die arbeitsrechtliche und nicht die sozialrechtliche Sichtweise maßgeblich. Nach der Rechtsprechung des BSG[1] würde es im Hinblick auf den durch Art. 6 Abs. 4 GG gewährleisteten Anspruch der (werdenden) Mutter auf den "Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft" erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, wenn schwangeren Frauen ohne Rücksicht auf ihre konkrete "arbeitsrechtliche" Situation der Schutz des MuSchG versagt würde. Unter einem "Arbeitsverhältnis" ist demnach ausschließlich ein Arbeitsverhältnis i. S. d. Arbeitsrechts, also ein auf einem Arbeitsvertrag beruhendes, privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis, zu verstehen. Mit dem sozialrechtlichen Beschäftigungsverhältnis ist das Arbeitsverhältnis häufig, aber nicht in jedem Fall, identisch.[2] Das sozialrechtliche Beschäftigungsverhältnis umfasst etwa neben Arbeitsleistungen in einem wirksamen bzw. faktischen Arbeitsverhältnis auch Arbeiten ohne ein Arbeitsverhältnis.

 

Rz. 17

Jede Form eines Arbeitsverhältnisses – auch ein ruhendes – ist ausreichend. Bestand zu Beginn der Schutzfrist jedoch kein Anspruch auf Arbeitsentgelt, so verschiebt sich der Leistungsbeginn für das Mutterschaftsgeld entsprechend nach hinten.[3] Kein Arbeitsverhältnis ist hingegen das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis einer Beamtin. Auch ein Arbeitsverhältnis im Ausland ist grundsätzlich, sofern sich nicht aus zwischen- und überstaatlichem Recht etwas anderes ergibt, nicht ausreichend.[4]

 

Rz. 18

In Heimarbeit Beschäftigte sind gem. § 1 Abs. 1 HAG Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende. Heimarbeiter ist nach § 2 Abs. 1 HAG, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) alleine oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar Auftrag gebenden Gewerbetreibenden überlässt. Beschafft der Heimarbeiter die Roh- und Hilfsstoffe selbst, so wird hierdurch seine Eigenschaft als Heimarbeiter nicht beeinträchtigt. Hausgewerbetreibender gem. § 2 Abs. 2 HAG ist, wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als 2 fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar Auftrag gebenden Gewerbetreibenden überlässt. Beschafft der Hausgewerbetreibende die Roh- und Hilfsstoffe selbst oder arbeitet er vorübergehend unmittelbar für den Absatzmarkt, so wird hierdurch seine Eigenschaft als Hausgewerbetreibender nicht beeinträchtigt.

 

Rz. 19

Das Arbeits- oder Heimarbeitsverhältnis muss zu Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG bestehen. Besteht das Arbeits- oder Heimarbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht, so sieht das Gesetz nur einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld gem. § 24i Abs. 2 Satz 5 in Höhe des Krankengeldes vor.

 

Rz. 20

Nach der Rechtsprechung des BSG[5] ist abweichend von dem allgemeinen Grundsatz, dass für das Entstehen eines Beschäftigungsverhältnisses die tatsächliche Arbeitsaufnahme erforderlich ist, im Hinblick auf europarechtliche Vorgaben (Richtlinie 79/7/EWG des Rates v. 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit) eine Beschäftigungsaufnahme zu bejahen, wenn die Frau am Tag der vorgesehenen Arbeitsaufnahme an der Verrichtung der Arbeit alleine durch ein Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG gehindert ist.

 

Rz. 21

Befindet sich die Frau zu Beginn der Schutzfristen in unbezahltem Urlaub, besteht ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld ab dem Zeitpunkt der geplanten Wiederaufnahme der Arbeit.[6] Dies gilt jedoch wegen einer möglichen Missbrauchsgefahr dann nicht, wenn die Abrede bezüglich des unbezahlten Urlaubs vor Kenntnis des Beginns der Schutzfrist getroffen wurde oder der unbezahlte Urlaub die gesamte Schutzfrist umschließt.[7]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge