Rz. 89

Die Regelung[1] stellt klar, dass der Arbeitgeber nicht notwendigerweise selbst die erforderlichen Kenntnisse hinsichtlich des betrieblichen Gesundheitsschutzes für schwangere und stillende Frauen haben muss, sondern auch durch die Beauftragung einer zuverlässigen und fachkundigen Person (z. B. durch einen Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit) sicherstellen kann, dass die mutterschutzrechtlichen Vorgaben fachgerecht durchgeführt werden. Im Falle der Beauftragung einer fachkundigen Person bleibt der Arbeitgeber verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle und hat dafür zu sorgen, dass die übertragenen unternehmerischen Pflichten auch tatsächlich umgesetzt werden. Dies gilt nicht nur für die Auflagen nach MuSchG, sondern darüber hinaus für alle Vorgaben der Arbeitssicherheit. Gerade in hochtechnisierten Bereichen (z. B. in Krankenhäusern oder der Pharmaindustrie) kann der Arbeitgeber ohne professionelle Unterstützung und Delegation den komplexen Bereich der Arbeitsschutzvorschriften nicht erfassen.

 

Rz. 90

Die Verpflichtungen nach dem Mutterschutzgesetz treffen den Arbeitgeber. Betriebliche Führungskräfte können zur Übernahme von Arbeitgeberpflichten ermächtigt werden.

 

Rz. 91

Den nach Abs. 5 Verpflichteten trifft nicht nur die Einhaltung der Unfallverhütungs- und Umweltschutzvorschriften, er übernimmt auch die sog. Betreiberpflichten, etwa beim Betrieb einer technischen Anlage. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Prüfungstermine für Geräte, das Einhalten des Verbotes, an Geräten Veränderungen vorzunehmen, der bestimmungsgemäße Gebrauch von Betriebsmitteln und arbeitsmedizinische Maßnahmen sind damit verbunden.

Hierfür wird die zu beauftragende Person formal, schriftlich und ausdrücklich unter Verweis auf die einschlägigen Bußgeldvorschriften verpflichtet und die Arbeitgeberpflichten innerhalb eines konkreten Zuständigkeitsbereichs in einer betrieblichen Organisationseinheit (z. B. Meisterei, Abteilung, Standort) übertragen.[2]

Die Übertragung der Arbeitgeberpflichten ist für die Einhaltung der Schutzvorschriften (Unfallverhütung und Umwelt) ein wichtiger formaler Prozess. Bei unvollständiger oder mangelhafter Übertragung liegt ein Organisationsverschulden des Arbeitgebers vor. Dabei müssen Inhalt und konkrete Reichweite der Übertragung von Arbeitgeberpflichten hinreichend klar beschrieben (Aufzählung der Organisationseinheit oder Räumlichkeit) und bestimmt sein (Nennung der Normen und Reichweite). Erforderlich ist dazu, dass die Person, der die Pflicht übertragen wird, diese versteht (Schulung und Informationsbegleitung) und tatsächlich in der Lage ist, dieser nachzukommen (Inhaber der Organisationsgewalt durch Ausübung einer Vorgesetztenfunktion).

 
Praxis-Tipp

Verpflichtung dokumentieren

Die Verpflichtungshandlung ist in der Personalakte zu dokumentieren. Ohne eine ordnungsgemäße Beauftragung verbleibt die Verpflichtung beim Arbeitgeber. Bei Verstößen trifft den ordnungsgemäß Beauftragten das Bußgeld direkt. Bei mangelhafter Beauftragung trifft den Arbeitgeber die Sanktion.

 

Rz. 92

Der Unternehmer hat vor der Beauftragung zu prüfen, ob die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen zuverlässig und fachkundig sind. Zuverlässig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen, wenn zu erwarten ist, dass diese die Aufgaben des Arbeitsschutzes mit der gebotenen Sorgfalt ausführen. Fachkundig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen, die das einschlägige Fachwissen und die praktische Erfahrung aufweisen, um die ihnen obliegenden Aufgaben sachgerecht auszuführen. Fachwissen ist dabei permanent aufzufrischen und bei Veränderungen der Inhalte anzupassen.

Diese regelmäßige Schulungs- und Informationspflicht kann dabei Teil eines betrieblichen Arbeitsschutzmanagementsystems (AMS) sein. Mit einem AMS kann unabhängig von der Betriebsgröße der systematische Arbeitsschutz über die gesetzlichen Anforderungen hinaus installiert werden.

Als Grundlage für Managementsysteme im Arbeitsschutz hat die International Labour Organisation (ILO) einen internationalen Leitfaden entwickelt. Das Konzept des Leitfadens der ILO sieht seine Anpassung an nationale Gegebenheiten durch die Erarbeitung nationaler Leitfäden vor. In Deutschland ist dies mit dem "Nationalen Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme" (NLF) umgesetzt worden.[3]

 

Rz. 93

Der Unternehmer wird durch die Pflichtenübertragung nicht von allen Pflichten befreit. Er bleibt als Inhaber der Organisationsgewalt verantwortlich für die Aufsicht und Kontrolle und hat dafür zu sorgen, dass die übertragenen unternehmerischen Pflichten auch tatsächlich umgesetzt werden. Der Unternehmer hat zumindest stichprobenartig zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden. Die oberste Auswahl-, Aufsichts- und Kontrollverpflichtung des Unternehmers ist jedoch nicht übertragbar.

Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Regel bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkei...

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