Rz. 65

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 hat der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres (ungeborenen) Kindes möglichst vermieden werden und unverantwortbare Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres (ungeborenen) Kindes ausgeschlossen werden. Die Regelung stellt zudem klar, dass der Grundsatz der Risikominimierung auch im mutterschutzrechtlichen Gesundheitsschutz gilt.

Bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen müssen demnach Gefährdungen möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung muss möglichst gering gehalten werden (vgl. § 4 Nr. 1 ArbSchG). Die Vermeidung kann auf mehreren Wegen erreicht werden. Zum einen aktiv durch Reduzierung der Gefährdung durch geeignete Maßnahmen und zum anderen durch ein Entfernen der Gefährdeten aus der Gefahrenzone, etwa durch Versetzungen. Dabei sind jedoch die arbeitsrechtlichen Grenzen der Veränderung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit zu beachten.

Mögliche Risikominimierungen können in einer Rangfolge und Unterscheidung in Gefahren und Gefährdungen bearbeitet werden.

  1. Zunächst kommt die Vermeidung von Gefahrenquellen (z. B. Beseitigung von Stolperstellen durch Umbau; Abschalten von Lärmquellen) in Betracht.
  2. Dann erfolgt die Beseitigung des Wirksamwerdens der Gefahrenquelle (z. B. durch Absperrungen, Absauganlagen, Schutzgläser etc.);
  3. danach das Verhindern des Wirksamwerdens der Gefahrenquelle (z. B. durch Zugangsbeschränkungen, regelmäßige Wartung, Reinigung etc.).
  4. Wenn diese 3 Stufen abgearbeitet sind, geht es darum, die Gefahrenwirkung zu verhindern und zu verringern (z. B. durch Tragen von Schutzkleidung, Handschuhe, Gehörschutz etc.).
  5. Schließlich kann die Gefährdung durch Schulung von Beschäftigten als solche vermindert werden.
 

Rz. 66

So kann es bspw. erforderlich sein, schwangeren Frauen anstelle von Nachtschichten eine Arbeit in Tagschichten anzubieten.[1] Allerdings ist zu prüfen, ob diese Maßnahme vor dem Hintergrund des Qualifizierungs- und Vergütungsniveaus zumutbar sind. Es kommen nur ähnlich gleichwertige Tätigkeiten in Betracht und es gelten dabei die allgemeinen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

 

Rz. 67

Der Unternehmer kann bei dem Unfallversicherungsträger im Einzelfall Ausnahmen von Unfallverhütungsvorschriften schriftlich beantragen. Der Betriebsrat ist auch bei Ausnahmeverfahren zu beteiligen. Dem Antrag ist eine Stellungnahme der betrieblichen Arbeitnehmervertretung beizufügen.[2] Dies soll verhindern, dass der Arbeitgeber das Schutzniveau herabsetzt, um dann von einem reduzierten Schutzniveau aus die Beurteilung der Gefahrenlage vorzunehmen.

[1] Vgl. auch Art. 7 Abs. 2 der Mutterschutzrichtlinie (92/85/EWG).

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