Rz. 57

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 sollen Nachteile aufgrund von Schwangerschaft, Entbindung oder Stillzeit vermieden oder ausgeglichen werden. Die Verwendung der Formulierung "Nachteile" lässt weiten Spielraum zu. Aus dem Grundgedanken des MuSchG ist damit die Partizipation am Arbeitsleben und Teilhabe gemeint, also nicht nur eingegrenzt auf finanzielle Aspekte, sondern darüber hinaus auf die berufliche Entwicklung und allgemeine betriebliche Situation bezogen. Möglicher Diskriminierung muss gegebenenfalls in Planung und Organisation der Arbeitsabläufe entgegengewirkt werden. Dieser spezialgesetzlichen Regelung steht ergänzend das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz[1] zur Seite, das eine Diskriminierung wegen des Geschlechtes untersagt.[2] Die Anwendung des Mutterschutzgesetzes führt zu Aufwand beim Arbeitgeber. Daher ist denkbar, dass ein Vermeiden dieser Aufwände durch andere personelle Maßnahmen eine Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts (§ 1 AGG, Merkmal des Geschlechts) sein kann. Es handelt sich dann um eine unmittelbare Benachteiligung i. S. v. § 3 Abs. 1 AGG und nicht nur eine mittelbare Benachteiligung i. S. v. § 3 Abs. 2 AGG.[3]

Durch die bestehenden Regelungen zur Entgeltfortzahlung sind zumindest finanzielle Nachteile gesetzlich ausgeschlossen.

 

Rz. 58

Der Arbeitgeber darf die werdende Mutter ferner nicht durch Anreize oder Sanktionen zur Einwilligung in eine Gefährdung veranlassen, auch nicht mittelbar etwa durch Anwesenheitsprämien oder den Ausschluss von Vergünstigungen und Sonderzahlungen.

Bei unmittelbarer und erheblicher Gefahr für die Sicherheit der Frau und das ungeborene Kind darf die Frau selbst geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Schadensbegrenzung treffen, wenn der zuständige Vorgesetzte als Vertreter des Arbeitgebers nicht oder nicht in zumutbarer Frist zu erreichen ist. Sie kann in einem solchen Fall ein arbeitsvertragliches Leistungsverweigerungsrecht nach § 273 BGB[4] ausüben.

 

Rz. 59

Der besondere Schutz der Mutterschaft und der unabdingbare Ausschluss der Diskriminierung hat Eingang in das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination Against Women – CEDAW) gefunden.[5] Dieses internationale Übereinkommen zählt zu den weltweit grundlegenden Rechtsinstrumenten im Bereich der Menschenrechte von Frauen.[6] Das deutsche MuSchG ist dabei international auf hohem Niveau ausgestaltet. Die im Mutterschutzgesetz enthaltenen Regelungen stellen das Instrumentarium eines effektiven Mutterschutzes dar. Die Neuregelungen im Mutterschutzgesetz tragen den Weiterentwicklungen, Modernisierungen und Flexibilisierungen in der Arbeitswelt Rechnung.

[1] AGG v. 14.8.2006, BGBl. I S. 1897.
[4] BAG, Urteil v. 11.11.1998, 5 AZR 49/98, BAGE 90, 125-135; Zmarzlik/Zipperer/Viethen/Vieß, § 2 MuSchG, Rz. 64.
[5] Art. 11.2, d CEDAW.
[6] Verabschiedet am 18.12.1979 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen; http://www.un.org/womenwatch/daw/cedaw/.

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