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Am Ende des Abwägungsprozesses steht zunächst die Zielsetzung, eine Beschäftigung zu ermöglichen. Dies entspricht dem gesetzgeberischen Willen der Teilhabe am Arbeitsleben, denn nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ist eine Frau auch in der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit zu beschäftigen, soweit es nach dem MuSchG verantwortbar ist. Die Vorschrift beschreibt damit die Verpflichtung des Arbeitgebers, alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine Frau weiter zu beschäftigen. Kommt es zur Entscheidung, dass nach Abwägung und im Licht des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG eine Fortsetzung verantwortbar ist, dann übernimmt der Arbeitgeber als Adressat der Schutzpflicht hierfür auch die Verantwortung.

Für Schülerinnen und Studentinnen bedeutet dies, dass alle Maßnahmen ergriffen werden müssen, um ihnen eine Teilnahme am Studium bzw. am Schulunterricht zu ermöglichen, soweit es unter Beachtung der mutterschutzrechtlichen Vorgaben verantwortbar ist. Der Mutterschutz gewährleistet damit einerseits den Schutz vor gesundheitlichen Gefährdungen während der Schwangerschaft, der Zeit nach der Geburt und der Stillzeit für schwangere Frauen oder für Mütter und ihre Kinder, andererseits stellt er sicher, dass die Frau ihre Beschäftigung fortsetzen kann, soweit dies nach der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und ggf. nach der Umsetzung entsprechender Schutzmaßnahmen eben verantwortbar ist.

Die Entscheidung ist auf Basis einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu treffen. Die Entscheidung ist zu dokumentieren, da im Zweifel der Bewertungsprozess, der zur Übernahme der Verantwortung geführt hat, zu belegen ist.

Eine Gefährdung ist die Möglichkeit eines Gesundheitsschadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder ihre Eintrittswahrscheinlichkeit. Demgegenüber bezeichnet eine Gefahr eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Gesundheitsschaden oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führt.

Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. Eine unverantwortbare Gefährdung gilt als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes durch die Bedingungen am Arbeitsplatz nicht beeinträchtigt wird.[1]

Für eine angemessene mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung ist es erforderlich, die betrieblichen Strukturen und Arbeitsabläufe zu ermitteln und festzulegen. Anhand dieser Strukturen und Arbeitsabläufe ist dann zu entscheiden, ob die anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung arbeitsplatzbezogen, personenbezogen, arbeitsbereichsbezogen oder tätigkeitsbezogen erfolgen soll. Die anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung bezieht sich auf die konkrete Tätigkeit und die Arbeitsbedingungen der schwangeren oder stillenden Frau.

[1] AfMu-Regel MuSchR, Ziff. 2.

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