Rz. 8

Das letzte Wort "sind" des § 7 Abs. 1 Satz 1 steht grammatisch fehlerhaft im Plural. Die Voraussetzung der Erforderlichkeit bezieht sich auf die Zeit, die für die Untersuchungen benötigt wird – und nicht auf die Untersuchungen selbst. Für welche Untersuchungen freizustellen ist, ergibt sich vielmehr aus § 24d SGB V. Danach besteht während der Schwangerschaft, bei und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung sowie auf Hebammenhilfe, einschließlich der Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und zur Schwangerenvorsorge. Die ärztliche Betreuung umfasst auch die Beratung der Schwangeren zur Bedeutung der Mundgesundheit für Mutter und Kind sowie – bei Bedarf – Hinweise auf regionale Unterstützungsangebote für Eltern und Kind. Was im Einzelnen ohne Weiteres mindestens zur ärztlichen Betreuung i. S. d. § 24d SGB V gehört, wird in den Mutterschafts-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung[1] detailliert ausgeführt. Ob darüber hinaus weitere Untersuchungen erforderlich sind, hängt davon ab, ob sie ärztlicherseits für notwendig erachtet werden. Untersuchungen zur Feststellung und Behandlung von Krankheiten unterfallen – auch während der Schwangerschaft – nicht § 7 Abs. 1, sondern den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften der §§ 3 ff. EFZG, § 616 Abs. 1 BGB bzw. einschlägigen tarifrechtlichen Normen.[2]

 

Rz. 9

Die Frau muss bei der Vereinbarung eines Untersuchungstermins soweit wie möglich auf die Belange des Betriebs Rücksicht nehmen.[3] Falls sie den Termin außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen kann, ist dies vorrangig. Insbesondere muss sie die Möglichkeiten einer etwaigen flexiblen Arbeitszeit nutzen und den Termin möglichst außerhalb ihrer (Kern-)Arbeitszeiten vereinbaren.[4] Allerdings darf hierdurch das Recht auf freie Arztwahl (§ 76 SGB V) nicht eingeschränkt werden. Etwaige unabdingbare Vorgaben des Arztes muss der Arbeitgeber daher akzeptieren. Wenn dringende betriebliche Belange vorliegen, die eine Verschiebung des Termins auch angesichts der Situation der Schwangeren rechtfertigen und als zumutbar erscheinen lassen, gebietet es die Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), dass die Schwangere sich um eine Verlegung des Termins bemüht. Umgekehrt kann die Arbeitnehmerin die Freistellung für einen bestimmten Termin verlangen, wenn die Untersuchung unaufschiebbar ist bzw. der Arzt einen Termin zu einem günstigeren Zeitpunkt ablehnt.

 

Rz. 10

Findet die Untersuchung außerhalb der Arbeitszeit in der Freizeit der Arbeitnehmerin, während des Urlaubs oder während der Gleitzeit statt, so besteht kein Anspruch auf Zeitgutschrift. Zudem besteht der Freistellungsanspruch nur zur Wahrnehmung von Untersuchungen, die tatsächlich stattfinden; einen Anspruch auf Gewährung von Freizeitausgleich für "fiktive" Untersuchungen gibt es nicht. Aus diesem Grund kann der Arbeitgeber einen – auf seine Kosten – vom Untersucher ausgestellten Nachweis über die Durchführung der Untersuchung verlangen.

 

Rz. 11

Der Freistellungsanspruch umfasst außer den Zeiten der erforderlichen Untersuchungen etwaige Wartezeiten, die Wegezeiten für Hin- und Rückweg sowie etwaige Umkleide- und Waschzeiten. Ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung besteht nicht.

 

Rz. 12

Die gewährte Freizeit muss von der Arbeitnehmerin nicht vor- oder nachgearbeitet werden. Auch eine Verrechnung mit Freizeitguthaben oder Urlaubsansprüchen ist nicht zulässig. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Regelung sowie dem Charakter des Freistellungsanspruchs.

[2] Vgl. die parallele Unterscheidung zwischen Mutterschutzlohn und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, § 18 MuSchG, Rz. 18 ff.
[4] A. A. Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, § 7 MuSchG, Rz. 10; HK-MuSchG/BEEG/Pepping, § 7 MuSchG, Rz. 9, wonach Gleitzeit nicht in Anspruch genommen werden müsse.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge