Rz. 20

Das Beschäftigungsverbot des § 5 kann dazu führen, dass der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin dauerhaft oder zeitweise nicht mit Tätigkeiten auf einem Arbeitsplatz beschäftigen kann, zu deren Leistung sie nach ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet wäre. In diesem Fall steht der Arbeitnehmerin, die nicht auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz oder nicht während der vereinbarten Zeit oder Dauer beschäftigt wird, in diesem Umfang Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG in Höhe ihres Durchschnittsverdienstes zu.

Auch wenn die zu erbringenden Arbeitsstunden teilweise (z. B. in Betrieben mit Schichtsystemen) oder völlig in der Nachtzeit liegen, ist der Arbeitgeber in seinen Reaktionsmöglichkeiten beschränkt. Das Arbeitsverhältnis ist wirksam, auch wenn im Arbeitsvertrag eine Tätigkeit speziell in der Nachtzeit vereinbart wurde. Der Arbeitsvertrag ist nicht aufgrund eines Verstoßes nach § 134 BGB nichtig. Dies gilt auch für eine arbeitsvertragliche Regelung, die die Verpflichtung zur Ausübung von Bereitschaftsdiensten enthält, die auch Arbeitszeiten zwischen 20 und 6 Uhr umfassen. Die Absprache ist wirksam, auch wenn die Arbeitnehmerin aufgrund der Schwangerschaft keine Bereitschaftsdienste mehr leisten kann. Ihr steht wegen der ausgefallenen Arbeitsvergütung ein Anspruch auf Mutterschutzlohn zu.[1]

Seit der Entscheidung des EuGHs[2] steht fest, dass das Beschäftigungsverbot den Bestand des Arbeitsverhältnisses auch dann nicht berührt, wenn das Beschäftigungsverbot schon bei Einstellung bestand und die Arbeitnehmerin deshalb (vorübergehend) nicht beschäftigt werden kann. Dabei ist unerheblich, ob ein unbefristetes oder ein befristetes Arbeitsverhältnis besteht. Auch Anfechtungsmöglichkeiten stehen dem Arbeitgeber in einem solchen Fall weder nach § 119 Abs. 2 BGB[3] noch nach § 123 BGB[4] zu. Einer Änderungskündigung steht der besondere Kündigungsschutz des § 17 MuSchG entgegen.[5]

 

Rz. 21

Um einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber vorzunehmen, steht dem Arbeitgeber nach ganz herrschender Meinung[6] ein besonderes mutterschutzrechtliches Umsetzungsrecht zu. In diesem Fall kann er der Arbeitnehmerin einen Tagesarbeitsplatz, eine andere Tätigkeit oder geänderte Arbeitszeiten in demselben oder einem anderen Betrieb des Unternehmens zuweisen. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber hierzu kraft seines Direktionsrechts nicht berechtigt wäre und die Arbeitnehmerin diese Tätigkeit nach ihrem Arbeitsvertrag nicht ausüben müsste. Die der Arbeitnehmerin zugewiesene Tätigkeit muss ihr nur zumutbar sein. Der Arbeitgeber hat bei der Zuweisung die Grundsätze billigen Ermessens nach § 315 BGB zu berücksichtigen, dabei muss er die Art der zugewiesenen Tätigkeit sowie die persönlichen Belange der Arbeitnehmerin, insbesondere deren durch familiäre Verpflichtungen eingeschränkte Verfügbarkeit, berücksichtigen. Auch ist er verpflichtet, der Arbeitnehmerin die Ersatztätigkeit nach Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsinhalt konkretisiert zuzuweisen.[7] Bei der Umsetzung handelt es sich um keine nach § 17 MuSchG unzulässige Änderungskündigung, sondern um die vertragliche Nebenpflicht der Arbeitnehmerin, die mutterschutzrechtlichen Belastungen des Arbeitgebers möglichst gering zu halten.

Stellt die Zuweisung einer zumutbaren Ersatztätigkeit eine Versetzung nach §§ 95 Abs. 3, 99 Abs. 1 BetrVG dar, so muss der Arbeitgeber zuvor den Betriebsrat beteiligen. Bei Bestehen eines Personalrats ergibt sich das Beteiligungsrecht aus den § 78 Abs. 1 Nr. 5-7, Abs. 2 BPersVG.[8] Die bloße Änderung der Arbeitszeit stellt grundsätzlich aber keine Versetzung nach § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Arbeitet die Frau nun auf dem gleichen Arbeitsplatz, aber zu anderen Uhrzeiten (statt bisher von 18 bis 22 Uhr arbeitet sie nun von 16 bis 20 Uhr) oder arbeitet sie nun kürzer (statt bisher von 16 bis 22 Uhr nun von 16 bis 20 Uhr) muss der Betriebsrat nicht nach § 99 BetrVG beteiligt werden. Auch bei der Umsetzung auf einen Tagarbeitsplatz oder dem Wechsel von der Nacht- in die Tagschicht allein liegt daher keine zustimmungspflichtige Versetzung vor.[9] Allerdings kann eine Versetzung bei der Änderung der Arbeitszeit durch Hinzutreten weiterer Umstände im konkreten Einzelfall vorliegen, etwa bei einer Umsetzung in eine Abteilung, die nicht in Gleitzeit arbeitet oder in der belastendere objektive Arbeitsbedingungen herrschen.[10] Zudem kann die Änderung der Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein.

Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, der Zuweisung Folge zu leisten. Verweigert sie die Ausübung einer zumutbaren Ersatztätigkeit, so steht ihr gegen den Arbeitgeber weder ein Vergütungsanspruch noch ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld zu. Unterlässt der Arbeitgeber die Zuweisung einer konkreten Ersatztätigkeit, so bleibt der Anspruch auf Mutterschaftslohn bestehen. Hat die Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes zur Folge, dass die Frau auf diesem weniger als auf ihrem gewöhnlichen Arbeitsplatz verdient, ...

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