1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts v. 23.5.2017[1] geschaffen. Dabei ersetzt sie die vorher in § 8 MuSchG a. F. für die Mehrarbeit für diese Personengruppen enthaltenen Regelungen. Enthielt die frühere Fassung des MuSchG noch eine gemeinsame Vorschrift für die Zulässigkeit der Beschäftigung von Schwangeren und stillenden Arbeitnehmerinnen sowie Heimarbeiterinnen an Sonn- und Feiertagen sowie in Nachtarbeit und mit Mehrarbeit, sieht die Neufassung nun gesonderte Vorschriften für die Mehrarbeit und die Einhaltung der Ruhezeit (§ 4), die Nachtarbeit (§ 5 MuSchG), die Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 6 MuSchG) und eine spezielle Regelung für schwangere und stillende Heimarbeiterinnen (§ 8 MuSchG) vor.

Ergänzend zu den allgemeinen Arbeitsschutzregeln für alle Arbeitnehmer im ArbZG sowie für bestimmte Arbeitnehmergruppen im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) enthält § 4 für schwangere und stillende Frauen besondere Arbeitszeitregelungen. Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen, unter denen schwangere und stillende Frauen Mehrarbeit ausüben dürfen sowie die einzuhaltende Ruhezeit.

Durch diese Vorschrift sollen Frauen in der Phase, in der sie durch Schwangerschaft und Stillzeit körperlich stärker beansprucht sind, vor Überlastungen durch besonders belastende Arbeitszeiten geschützt werden.

Die Norm verbietet in Abs. 1 für schwangere oder stillende Frauen Mehrarbeit von über 8 1/2 Stunden täglich oder über 90 Stunden in der Doppelwoche, für schwangere oder stillende Frau unter 18 Jahren Mehrarbeit von über 8 Stunden täglich oder über 80 Stunden in der Doppelwoche. In Abs. 2 schreibt das Gesetz für schwangere oder stillende Frauen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit vor.

 

Rz. 2

Bei dem Beschäftigungsverbot des § 4 handelt es sich um ein generelles Beschäftigungsverbot, da es unabhängig von der individuellen Situation der Frau für alle werdenden und stillenden Mütter gilt. Es ist zwingend, von ihm kann nicht durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zum Nachteil der Frau abgewichen werden. Von dem absoluten Verbot der Mehrarbeit in Abs. 1 kann auch nicht durch ein Einverständnis der Arbeitnehmerin abgewichen werden.

Nur in besonders begründeten Einzelfällen kann die Aufsichtsbehörde nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 MuSchG eine Ausnahme vom Verbot der Mehrarbeit bewilligen, wenn sich die Frau ausdrücklich bereit erklärt und nach ärztlichem Zeugnis nichts gegen die Beschäftigung spricht, allerdings muss auch dann die 11-stündige Ruhezeit nach § 4 Abs. 2 MuSchG zwingend eingehalten werden.

[1] BGBl. 2017 I S. 1228 ff.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 3

Der Arbeitgeber darf schwangere und stillende Frauen, die dem Geltungsbereich des MuSchG unterfallen, nicht mit Mehrarbeit beschäftigen. In § 7 Abs. 2 Satz 1 MuSchG sieht das Gesetz eine Höchstfrist von 12 Monaten für Freistellungen zum Stillen vor. Der Gesetzgeber unterließ in § 4 MuSchG[1], in Kenntnis eines möglichen Interessenkonflikts zwischen Arbeitgeber und stillender Frau bei ungewöhnlich langer Stillzeit, bewusst[2] die Einführung einer Höchstfrist, sodass das Verbot der Mehrarbeit zeitlich unbegrenzt besteht und nur voraussetzt, dass die Frau tatsächlich das Kind noch stillt.[3]

Zwar soll die Frau dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft oder das Stillen des Kindes nach § 15 Abs. 1 MuSchG mitteilen. Die Einhaltung des Beschäftigungsverbots nach den §§ 4 bis 6 MuSchG ist aber eine eigenständige mutterschutzrechtliche Pflicht des Arbeitgebers, sodass er zu deren Einhaltung bereits ab Kenntniserlangung von der Schwangerschaft und nicht erst ab Vorlage des Zeugnisses nach § 15 MuSchG verpflichtet ist.[4]

Teilweise wird vertreten, dass der Arbeitgeber, der eine Frau nach Ablauf der nachgeburtlichen Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG beschäftigt, sich stets, also auch ohne konkrete Anhaltspunkte, vergewissern müsse, ob sie (noch) stillt.[5] Nachdem die Mitteilungspflicht auch auf das Stillen in § 15 Abs. 1 Satz 2 MuSchG erstreckt wurde, bedarf es konkreter Anhaltspunkte, damit der Arbeitgeber nachfragen muss, will er nicht fahrlässig gegen das Mehrarbeitsverbot verstoßen. Ansonsten darf der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Frau ihrer Mitteilungspflicht ordnungsgemäß nachkommt. Bei berechtigten Zweifeln hat die betreffende Mutter einen Nachweis für die Stilltätigkeit zu erbringen (sog. Stillbescheinigung).[6]

Hat die Frau als stillende Mutter das Beschäftigungsverbot des § 4 Abs. 1 MuSchG in Anspruch genommen, so muss sie dem Arbeitgeber die Beendigung des Stillens als arbeitsvertragliche Nebenpflicht mitteilen.[7]

[1] Wie auch beim Nachtarbeitsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 1 MuSchG und dem Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG.
[2] Vgl. BT-Drucks. 18/8963 S. 62.
[3] Kritisch zu Recht Brose/Weth/Volk/Weth, § 4 MuSchG, Rz. 3.
[4] Brose/Weth/Volk/Weth, § 4 MuSchG, Rz. 4.
[5] Roos/Biersborn, § 4 MuSchG Rn. 6.
[6] HK-MuSchG/Pepping, § 4 MuSchG, Rz. 13.
[7] So auch Brose/Weth/Volk/Weth, ...

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