Rz. 4

§ 4 Abs. 1 verbietet schwangeren und stillenden Frauen ausnahmslos jede Mehrarbeit. Der Arbeitgeber darf daher weder Mehrarbeit anordnen noch eine solche von der schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerin freiwillig geleistete Mehrarbeit annehmen.

Aufgrund des zwingenden Charakters der Vorschrift sind abweichende tarifliche oder arbeitsvertragliche Regelungen zur Arbeitszeit für das Beschäftigungsverbot nicht von Bedeutung. Ausnahmen vom Verbot der Mehrarbeit kann in Einzelfällen nur die Aufsichtsbehörde im Rahmen des § 29 Abs. 3 Nr. 1 MuSchG bewilligen, soweit nach der Beurteilung der Arbeitsbedingungen unverantwortbare Gefährdungen und sonstige Gefährdungen ausgeschlossen und möglichst vermieden werden.

Bei dieser Entscheidung müssen die allgemeinen Bestimmungen zu den Grenzen zulässiger Mehrarbeit (bspw. das ArbZG) beachtet werden. Auch kann die Aufsichtsbehörde ggf. die Einwilligung der Frau und ein ärztliches Attest zur Unbedenklichkeit der Mehrarbeit berücksichtigen.

 

Rz. 5

Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 enthält eine eigenständige mutterschutzrechtliche Definition der Mehrarbeit.

§ 4 MuSchG enthält in Abs. 1 drei Grenzen für den Umfang der Beschäftigung einer schwangeren oder stillenden Frau:

  • Frauen über 18 Jahren dürfen nach Satz 1 nicht länger als achteinhalb Stunden täglich bzw. 90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden.
  • Frauen unter 18 Jahren dürfen nach Satz 2 nicht länger als acht Stunden täglich und 80 Stunden in der Woche arbeiten.
  • Unabhängig vom Alter darf eine schwangere oder stillende Person nach Satz 4 nicht in einem Umfang beschäftigt werden, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt.

Das Gesetz differenziert teilweise nach dem Lebensalter der Frauen. Mehrarbeit liegt danach vor, wenn schwangere oder stillende Frauen unter 18 Jahren Arbeitszeiten von 8 Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche überschreiten. Damit entspricht das Gesetz der Regelung des § 8 Abs. 1 JArbSchG.

Dagegen ist Mehrarbeit bei Frauen ab 18 Jahren erst gegeben, wenn die Arbeitnehmerin mehr als 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche arbeitet. Nach der ganz h. M.[1] müssen stets beide Grenzen kumulativ eingehalten werden. Dabei wird auf die alte Rechtsprechung des BAG[2] verwiesen.

 

Rz. 6

Mangels eigenständiger Definition in § 4 ist der Begriff "Arbeitszeit" i. S. d. Vorschrift des § 2 Abs. 1 ArbZG zu verstehen. Arbeitszeit ist daher die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen.

Dabei zählt die Wegezeit, also die Zeit von der Wohnung der Arbeitnehmerin bis zum Betrieb, nicht als Arbeitszeit.[3] Dagegen gehören Wegezeiten zwischen dem Betrieb und den außerhalb des Betriebs gelegenen Arbeitsstellen zur Arbeitszeit.[4]

Die Arbeitszeit beginnt erst mit Aufnahme der tatsächlichen Arbeitsleistung der betroffenen Arbeitnehmerin an dem zugewiesenen konkreten Arbeitsplatz, nicht jedoch bereits mit dem Betreten des Betriebsgeländes. Etwas anderes gilt, wenn eine Zeiterfassungseinrichtung vorhanden ist, in diesem Fall zählt das Einstempeln am Zeiterfassungsgerät und der folgende Weg zum Arbeitsplatz zur Arbeitszeit.[5]

Zur gesetzlichen Arbeitszeit zählen auch Vor- und Nacharbeiten, wie etwa die Materialausgabe durch den Arbeitgeber, das Hoch- und Herunterfahren des Computers oder das Säubern des Arbeitsplatzes.

Ruhepausen sind nur im Voraus festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit, in denen die Arbeitnehmerin weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten braucht, sondern frei darüber verfügen kann, wo und wie sie diese Ruhezeit verbringen will.[6]

Daher unterfallen Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft dem Begriff der Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 ArbZG und § 4 Abs. 1.[7] Bereitschaftsdienst ist die Zeitspanne, während derer sich die Frau, ohne dass sie unmittelbar am Arbeitsplatz anwesend sein müsste, für Zwecke des Betriebes an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat, damit sie erforderlichenfalls ihre volle Arbeitstätigkeit sofort oder zeitnah aufnehmen kann.[8]

Dagegen fällt die Rufbereitschaft nicht unter den Begriff der Arbeitszeit. Sie ist gegeben, wenn die Frau verpflichtet ist, sich zu Hause oder an einer frei gewählten Stelle bereitzuhalten, damit sie die Arbeit, falls erforderlich, alsbald aufnehmen kann.[9] Bei der Rufbereitschaft zählt nur der Zeitraum, in dem die Arbeitnehmerin tatsächlich zur Arbeitsleistung herangezogen wird zur Arbeitszeit.

Die Dauer der Fahrtzeiten einer Dienstreise stellen Arbeitszeit dar, wenn die Arbeitnehmerin ein Fahrzeug steuern oder während dieser Zeit etwa bei Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln Arbeitsaufgaben erledigen muss. Ist sie dagegen nur Mitfahrerin oder nutzt öffentliche Verkehrsmittel und kann über ihre Zeit während der Reise frei verfügen, so liegt keine Arbeitszeit vor.

Nehmen Arbeitnehmer an einer vom Arbeitgeber vorgeschriebenen beruflichen Fortbildung teil, handelt es sich um Arbeitszeit, auch wenn die For...

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