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In § 31 ist geregelt, dass die Bundesregierung befugt ist, mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmten Sachverhalten des MuSchG Rechtsverordnungen zu erlassen. Durch das Zustimmungserfordernis des Bundesrates ist die Beteiligung der Länder ausreichend gewährleistet, da diese für die Überwachung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen zuständig sind (§ 29 MuSchG).

§ 31 ermöglicht im Wesentlichen die Konkretisierung der im Gesetz verwendeten Begriffe, etwa des Begriffs der "unverantwortbaren Gefährdung". Darüber hinaus können durch weitere Verordnungen Details zum Verfahren der Gefährdungsbeurteilung oder zur Ausgestaltung der Dokumentationspflicht geregelt werden.

In der Praxis hat der Verordnungsgeber von den Möglichkeiten des § 31 bislang keinen Gebrauch gemacht. Das ist auch insoweit sachlich folgerichtig, als viele Konkretisierungen und Formulierungen wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Fachgremien erfolgen. Die Berufsgenossenschaften, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und der als Sachverständigenrat eingesetzte "Ausschuss für Mutterschutz" (§ 30 MuSchG) veröffentlichen ihre Erkenntnisse. Entsprechend ihrer umfassenden Aufträge nach § 14 ff. SGB VII erlassen die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (UV) Unfallverhütungsvorschriften (UVVen), deren Einhaltung von den Aufsichtsdiensten der UV-Träger überprüft wird. Unterhalb dieser Vorschriftenebene haben die UV-Träger zudem ein umfassendes Regelwerk (Regeln, Informationen und Grundsätze) zur Unterstützung der Unternehmer und Versicherten bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz erarbeitet.

Diese Vorschriftensammlung ist über § 4 ArbSchG auch für den Mutterschutz relevant, denn der Mutterschutz ist eine Konkretisierung des allgemeinen Arbeitsschutzes im Fall einer Schwangerschaft.

Auch der 2018 mit der Neufassung des Mutterschutzgesetzes errichtete "Ausschuss für Mutterschutz" nach § 30 als Sachverständigenrat kann seine Arbeit nur wirksam erfüllen, wenn die Erkenntnisse hieraus in konkrete Verbindlichkeiten gegossen werden.

Die Gesetzesbegründung formuliert ausdrücklich die Intention, den Ausschuss auch in die Erstellung von sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und hygienischen Regeln zum Schutz der Schwangeren und Stillenden einzubinden.[1]

Durch die im Gesetz verankerte Zustimmung des Bundesrates als formale Voraussetzung im Verfahren zum Erlass der Rechtsverordnungen, ist die Beteiligung der Länder gesichert, denn deren Aufsichtsbehörden sind für den operativen Vollzug des Mutterschutzgesetzes zuständig und verantwortlich. Damit ist gewährleistet, dass die materiellen Inhalte der Verordnung auch praktischen Anforderungen der Umsetzung genügen. Durch die Verordnungsermächtigung kann auch schneller auf technische Entwicklungen, Erkenntnisse der Praxis oder besondere Umstände (wie etwa bei einer pandemischen Lage) reagiert werden, als dies durch ein förmliches Gesetzgebungsverfahren möglich wäre.

Die im Mutterschutzgesetz enthaltene Verordnungsermächtigung beruht auf Art. 80 des Grundgesetzes und muss demnach Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmen. Die Ermächtigung kann nur für die in Nr. 1–7 abschließend aufgezählten Bereiche ausgeübt werden. Die durch die Rechtsverordnungen vorgenommenen Gesetzeskonkretisierungen müssen abstrakt-generell und losgelöst vom Einzelfall formuliert sein. Die Ausgestaltung behördlicher Anordnungen in den Einzelfällen geschieht durch Verwaltungsakt im konkreten behördlichen Verfahren (siehe § 29 MuSchG).

Die inhaltliche Befolgung der in den Rechtsverordnungen geregelten Sachverhalte befreit nicht von der Beachtung der allgemeinen Arbeitsschutzhinweise oder der Umsetzung von Erkenntnissen aus einer konkreten Gefährdungsbeurteilung. Die Ergebnisse der konkreten Situationsbewertung wiederum befreien nicht von der Einhaltung der Vorschriften der Rechtsverordnungen.

Weitere Rechtsgrundlagen mit Auswirkungen auf den Arbeitsschutz und insbesondere auf den Mutterschutz sind in spezialgesetzlichen Regelungen zu finden: Das Infektionsschutzgesetz kann in pandemischen Lagen Regelungen treffen, zu beachten sind auch spezielle Rechtsverordnungen auf Grundlage des § 18 Abs. 3 ArbSchG.

§ 31 erfasst nur Rechtsverordnungen, die bundesweit gelten. Diese Regelungskompetenz ist nicht zu verwechseln mit der Kompetenz der Aufsichtsbehörden nach § 29 MuSchG. Die Behörden können im Anwendungsvollzug des Mutterschutzes im spezifischen Einzelfall Anordnungen treffen. Die Rechtsverordnungen nach § 31 hingegen sind allgemeingültige Normen.

[1] BR-Drucks. 230/16 S. 40. sowie BT-Drucks. 18/8963 S. 100.

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