Rz. 29

Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten 2 Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn 2 Voraussetzungen geben sind. Zum einen muss die Frau dies ausdrücklich verlangen und ein ärztliches Zeugnis darf dem nicht widersprechen. Es ist dabei unerheblich, aus welchen Gründen und zu welchem Zeitpunkt der Tod des Kindes festgestellt wurde. Zum einen ist damit die Schwangerschaft beendet, zum anderen ist die Voraussetzung "Mutter" nicht gegeben. Die Schutzfrist nach der Entbindung ist jedoch gegeben, da diese an die Entbindung anknüpft, unabhängig vom Tod des Kindes. Für die betroffene Mutter mag es im Einzelfall jedoch hilfreich sein, die psychische Belastung zu ertragen, indem sie vorzeitig auf den Arbeitsplatz zurückkehrt.

Dieses Dispositionsrecht steht ausschließlich und ausdrücklich der betroffenen Frau zu. Dennoch muss flankierend eine ärztliche Stellungnahme dem nicht widersprechen. Der ärztliche Rat muss also nicht die Arbeitsaufnahme unterstützen, sondern lediglich einer Arbeitsaufnahme nicht widersprechen, was die Entscheidungsfreiheit der Frau stärkt.

Die Stellungnahme muss von einem Arzt abgegeben werden, Aussagen Dritter, etwa Hebammen oder sonstige Personen, zählen nicht. Es reicht demnach nicht aus, dass die Frau alleine die Erklärung abgibt, die unterstützende ärztliche Aussage ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung. Die Prüfung muss durch den Arbeitgeber erfolgen, dieser wird nämlich durch eine verbotswidrige Beschäftigung sanktioniert (Ordnungswidrigkeit bzw. Straftat).

Das Arzterfordernis zielt darauf ab, dass eine medizinische Beurteilung nur der Frau und ihrer Gesundheit verpflichtet erfolgt, nicht durch wirtschaftliche Zwänge gesteuert. Dieser Beurteilung liegt die Einschätzung zugrunde, dass die Aufnahme der Beschäftigung mit der spezifischen Situation nach einem Todesfall in dieser engen Mutter-Kind-Beziehung hilfreich ist, um die dadurch ausgelöste Krise zu überwinden. Zu berücksichtigen ist nicht nur die Arbeitsleistung als solche, sondern alle mit der konkreten Tätigkeit verbundenen Belastungen wie Wegezeiten, Arbeitszeiten, Schichtarbeit etc. Im Zweifel kann die ärztliche Stellungnahme diese Dinge konkret berücksichtigen und vorläufig erfolgen. Die Kosten einer solchen ärztlichen Stellungnahme hat die Frau als Veranlasserin selbst zu tragen.[1]

 

Rz. 30

Gleichwohl ist auch diese Erklärung widerruflich. Ein Widerruf kann nach § 3 Abs. 4 Satz 2 jederzeit erfolgen. Er muss nicht begründet sein, es genügt allein der Ausspruch des Widerrufes des Beschäftigungsverlangens und der Zugang beim Arbeitgeber.

Für den Arbeitgeber ist die Disposition mit der Arbeitskraft der Frau nur schwer zu bewerkstelligen, da der Gesetzestext die jederzeitige Widerrufmöglichkeit vorsieht. Der Widerruf kann ohne jegliche Ankündigungsfrist oder zeitlichem Vorlauf erfolgen. Der Gesetzgeber hat für die Erklärung keine Form vorgeschrieben, es reicht daher eine eindeutige mündliche Aussage.

Die Erklärung kann nur von der Frau abgegeben werden und sollte jedoch – wie die Erklärung zur Arbeitsleistung selbst – schriftlich erfolgen, inhaltlich klar formuliert und dokumentiert sein, um Inhalt und Tragweite der Erklärung zweifelsfrei festzuhalten und zu dokumentieren. Auch für diese Willenserklärung gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Maßstäbe (§§ 116 f. BGB). Der Widerruf muss nicht begründet werden, er ist die Ausübung eines gesetzlich definierten Dispositionsrechts.

Nach einem erfolgten Widerruf gelten wieder die zuvor festgestellten Schutzzeiten und Beschäftigungsverbote. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Möglichkeit eine für den Einzelfall mögliche flexible Handhabung ermöglichen, da starre Fristen in diesen Fällen als subjektive Härte gesehen wurden. Die Wirkung des Wiederauflebens des Beschäftigungsverbotes tritt sofort ein. Die nachgeburtliche Fristenberechnung wird dadurch nicht berührt, es bleibt also zunächst bei den Berechnungen des Beschäftigungsverbotes nach einer Geburt, auch wenn der Tod des Kindes unmittelbar in diesem Zusammenhang erfolgt.

Der Gesetzgeber schafft mit der Regelung in § 3 Abs. 4 eine unabänderliche Schutzwirkung von 2 Wochen nach der Entbindung. Diese schützende Nachwirkung ist verbindlich. Innerhalb der ersten 2 Wochen nach der Entbindung darf die Mutter beim Tod des Kindes nicht beschäftigt werden, auch wenn sie sich dazu bereit erklärt. Danach kommt es auf die Entscheidung der vom Schutzzweck erfassten Person an, auf das weitere Recht zu verzichten und wieder per Erklärung am Arbeitsleben teilzunehmen.

In Analogie zum vorgeburtlichen Schutz und der Beschäftigungsmöglichkeit gilt hier, dass aufseiten des Arbeitgebers eine Beschäftigungspflicht entsteht.

[1] Zmarzlik/Zipperer/Viethen/Vieß, § 6 MuSchG, Rz. 37.

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