Rz. 19

Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt den Fall einer innerhalb von 12 Wochen abgebrochenen Schwangerschaft als Fall der Krankheit und ordnet damit die Entgeltfortzahlung an (vgl. § 3 EFZG). Dies ist systemkonform, da nach Abbruch der Schwangerschaft eine solche nicht mehr vorliegt und damit die Voraussetzungen für die Anwendung des MuSchG entfallen. Die Sonderregelung im EFZG definiert einen speziellen, gesetzlichen Entgeltanspruch für einen 6-wöchigen Zeitraum bei Vorliegen einer Krankheit oder mehrerer Krankheiten innerhalb dieser Zeitspanne.[1]

Das Beschäftigungsverbot muss die nicht wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen Verdienstausfall sein. Für die Zeit, in der die Schwangere arbeitsunfähig krank ist, ist dieser alleinige Ursachenzusammenhang nicht gegeben. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber – nach Ablauf des 6-Wochenzeitraums – nicht mehr zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet ist.[2]

Beruhen die Beschwerden allein auf der Schwangerschaft, so kommt es darauf an, ob es sich um einen krankhaften Zustand handelt, der zur Arbeitsunfähigkeit der Schwangeren führt. Haben die Schwangerschaftsbeschwerden dagegen keinen Krankheitswert oder führen sie als solche nicht zur Arbeitsunfähigkeit, so kommt das Beschäftigungsverbot in Betracht. Je nachdem hat die Schwangere entweder einen – gesetzlich auf 6 Wochen beschränkten – Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gegen den Arbeitgeber (§ 3 EFZG) und anschließend auf Krankengeld gegen die Krankenkasse (§ 44 SGB V) oder sie hat gegen den Arbeitgeber einen – nicht auf 6Wochen beschränkten – Anspruch auf Mutterschaftslohn nach § 18 MuSchG.[3]

 

Rz. 20

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben einen hohen Beweiswert, da sie den gesetzlich vorgesehenen und wichtigen Beweis für die Tatsache einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit darstellen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 5.10. 2005, 9 Sa 327/05). Den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt dies dem Arbeitgeber, muss die Arbeitnehmerin substantiiert darlegen und beweisen, dass sie arbeitsunfähig war.[4]

Bestreitet der Arbeitgeber, dass eine neue Erkrankung vorliegt, hat der Arbeitnehmer Tatsachen vorzutragen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung bestanden. Hierzu hat er den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden.[5]

 

Rz. 21

Die Abgrenzung, ob eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder ob ohne eine aktuelle Arbeitsunfähigkeit das Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sind, hat der behandelnde Arzt in seinem Ermessen und nach Berücksichtigung der medizinischen und arbeitsplatzbezogenen Faktenlage vorzunehmen. Die Bewertung darf aus Datenschutzgründen nur die Rechtsfolgen, nicht die Diagnose beinhalten.[6] Die Feststellungen und Schlussfolgerungen müssen sich aus dem Arbeitsverhältnis und der Person der Schwangeren ergeben, also alle arbeitsplatzbezogenen Fakten und medizinischen Einschätzungen beinhalten. Alle sonstigen privaten Belange, wie etwa die Belastungen aus der Entfernung Wohnung/Arbeitsstätte und mögliche Gefährdungen aus der Wegstrecke zur Arbeit bleiben außer Beachtung, da die Wegstrecke nicht zum Arbeitsplatz gehört und nicht der Möglichkeit zur Beeinflussung durch den Arbeitgeber unterliegt.[7]

Ein Zahlungsanspruch aufgrund der Bestimmung des MuSchG besteht nur dann, wenn das Aussetzen mit der Arbeit und die dadurch bedingte Verdienstminderung ausschließlich durch ein Beschäftigungsverbot verursacht worden ist. Ein Zahlungsanspruch nach dem MuSchG besteht nicht bei dem zeitlichen Zusammentreffen von Arbeitsunfähigkeit und Beschäftigungsverbot, da das Beschäftigungsverbot nicht die alleinige Ursache für die Nichtleistung ist.[8]

2.3.1 Rechtsfolgen des Beschäftigungsverbots

 

Rz. 22

Soweit die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 gegeben sind, besteht ein tatsächliches Beschäftigungsverbot kraft Gesetz. Dabei ist die Wirkung eines Verbots umfassend: Sofern nicht durch das ärztliche Zeugnis selbst gewisse Einsatzmöglichkeiten beschrieben und zugelassen sind, umfasst das Verbot die gesamte arbeitsvertraglich geschuldete konkrete Tätigkeit.

Ist die Arbeit aus anderen Gründen unmöglich, entfällt die Sonderstellung der Schwangeren und es gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln. Das ist vor allem in Fällen von Kurzarbeit relev...

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