Rz. 33

Der Arbeitgeber muss sich nicht mit der mündlichen Mitteilung der Arbeitnehmerin über das Vorliegen der Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin bzw. über die Tatsache des Stillens begnügen. Vielmehr kann er die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses bzw. eines Zeugnisses einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers verlangen. Er muss diese Forderung nicht begründen. Jedenfalls hinsichtlich der Schwangerschaft ist es empfehlenswert, das Verlangen auszusprechen, um Gewissheit über den Status der Frau und die damit verbundenen Rechte und Pflichten zu erhalten.

 

Rz. 34

Das Zeugnis über die Schwangerschaft gem. § 15 Abs. 2 enthält regelmäßig sowohl die Bestätigung, dass eine Schwangerschaft vorliegt, als auch den voraussichtlichen Entbindungstermin. Ändert sich der voraussichtliche Entbindungstermin im Laufe der Schwangerschaft, kommt ein weiteres Zeugnis, in dem nur der aktuelle voraussichtliche Termin mitgeteilt wird, in Betracht.

 

Rz. 35

§ 15 Abs. 2 begründet keine Verpflichtung der Arbeitnehmerin, ein derartiges schriftliches Attest vorzulegen. Wie bei § 15 Abs. 1 handelt es sich um eine nicht durchsetzbare Sollvorschrift. Der Arbeitgeber ist schon bei Kenntnis von der Schwangerschaft aufgrund der Mitteilung durch die Arbeitnehmerin verpflichtet, die Regelung des MuSchG zugunsten der Schwangeren anzuwenden (z. B. Anforderungen an die Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit nach §§ 4 Abs. 1, 5, 9 MuSchG).

 

Rz. 36

So wie trotz der Unverbindlichkeit des § 15 Abs. 1 eine Mitteilungspflicht als arbeitsvertragliche Nebenpflicht entstehen kann[1], kann die Arbeitnehmerin aber ausnahmsweise zur Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verpflichtet sein, wenn die Rücksichtnahme auf die betrieblichen Interessen dies erfordert. Hat die Arbeitnehmerin die Schwangerschaft mitgeteilt, ist dem Arbeitgeber die Einhaltung des MuSchG zumindest in den ersten Schwangerschaftsmonaten häufig auch ohne ärztliche Bescheinigung möglich – etwa wenn die Tätigkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz unverändert fortgesetzt werden kann. Daher ist die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses nicht allgemein zwingend erforderlich. Jedoch kann im Einzelfall eine Nebenpflicht zur Vorlage der Bescheinigung bestehen, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, Gewissheit über das Vorliegen der Schwangerschaft zu erhalten. Zu denken ist an den Fall, dass eine Arbeitnehmerin, die während der Schwangerschaft nicht unverändert arbeiten dürfte, widersprüchliche Angaben macht oder wiederholt erklärt, sie sei vermutlich schwanger.

 

Rz. 37

Gleiches gilt im Grundsatz für die Bescheinigung über den voraussichtlichen Entbindungstermin. Insofern besteht allerdings kein schutzwürdiges Interesse der Arbeitnehmerin, die bereits Mitteilung über das Vorliegen der Schwangerschaft gemacht hat, keine Bescheinigung über den voraussichtlichen Entbindungstermin vorzulegen. Hier ist das Interesse des Arbeitgebers, den Beginn der Schutzfristen verbindlich berechnen und entsprechend planen zu können, ab einem gewissen Zeitpunkt vorrangig.

 

Rz. 38

Das ärztliche Zeugnis gem. § 15 Abs. 2 ist von einem approbierten Arzt (gleich welcher Fachrichtung) oder einer Hebamme bzw. einem Entbindungspfleger i. S. d. Hebammengesetzes auszustellen. Bestimmte Untersuchungsmethoden oder Testverfahren sind nicht vorgeschrieben. Wenn in einem frühen Schwangerschaftsstadium lediglich das Vorliegen der Schwangerschaft festgestellt werden kann, ist das Zeugnis darauf zu beschränken und später ein weiteres Zeugnis über den mutmaßlichen Entbindungstermin zu erstellen.

 

Rz. 39

Das Zeugnis muss schriftlich erteilt werden. Es muss keinen vorgegebenen Text enthalten. Insbesondere liegt ein Zeugnis i. S. d. § 15 Abs. 2 auch dann vor, wenn es lateinisch-medizinische Fachausdrücke enthält.

 

Rz. 40

Der Arbeitgeber darf nicht die Vorlage des Mutterpasses verlangen; darin sind nämlich weitere persönliche Daten aufgeführt. Legt die Arbeitnehmerin freiwillig den Mutterpass vor, so darf der Arbeitgeber nur den voraussichtlichen Entbindungstermin entnehmen. Sein Interesse an einer ärztlichen Bescheinigung wird damit zunächst befriedigt sein. Ein zusätzliches ärztliches Attest nach § 15 Abs. 2 kann allerdings erforderlich werden, wenn sich der voraussichtliche Entbindungstermin verschiebt.

 

Rz. 41

Auch die stillende Frau soll nach § 15 Abs. 2 auf Verlangen des Arbeitgebers ein entsprechendes Zeugnis vorlegen. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2, wohl aber aus der Gesetzesbegründung[2]; zudem wird es in § 9 Abs. 6 MuSchG vorausgesetzt. Da der Arbeitgeber regelmäßig keine eigene Kenntnis darüber hat, wann das Kind abgestillt wird, kann er ggf. mehrfach eine aktuelle Bescheinigung verlangen. Die Frau wird den Nachweis im eigenen Interesse auch vorlegen müssen, wenn der Arbeitgeber ihn nicht verlangt, aber bestreitet, dass die Frau stillt. Bei einem Konflikt um die Stillzeiten empfiehlt es sich für beide Seiten, die Aufsichtsbehörde einzuschalten (§ 29 Abs. 2 MuSchG). E...

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