Rz. 11

Die Durchführung der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung ist Teil der allgemeinen Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG. Ziel der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung ist es, die auftretenden Gefährdungen der schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes bei der Tätigkeit oder im Rahmen der Ausbildung zu beurteilen und daraus die erforderlichen und geeigneten Schutzmaßnahmen abzuleiten.

In Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist die Dokumentation der konkretisierten Gefährdungsbeurteilung geregelt. Die Vorschrift bezieht sich auf die Beurteilung der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen nach § 10 Abs. 2 MuSchG, und zwar mit den Details der konkreten Gefährdungen für eine schwangere oder stillende Frau.

Diese Dokumentation nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist Grundvoraussetzung dafür, dass die schwangere oder stillende Frau sich über die konkrete Gefährdung am Arbeitsplatz informieren kann.

 

Rz. 12

Nicht verpflichtet ist der Auftraggeber eines Werkvertrages.[1] Ein Werkvertrag liegt vor, wenn ein Ergebnis, wie etwa die Herstellung eines Gewerkes vereinbart ist und der Auftragnehmer selbst über die Art und Weise der Erledigung bestimmen kann und nicht dem Weisungsrecht des Auftraggebers unterliegt. Der Auftraggeber hat demnach keinen Einfluss auf die mit der Ausführung des Gewerkes verbundene Gefahrenlage für Schwangere und kann auch eine mögliche Beeinträchtigung nicht beurteilen. Sofern das Gewerk in den Räumen und Sphäre des Auftraggebers entsteht, muss der Auftraggeber die allgemeinen Sorgfaltspflichten aus dem Werkvertrag beachten, nicht jedoch aber eine spezifische Gefährdungsbeurteilung für Schwangere vornehmen.

 

Rz. 13

Auch befristet, saisonale oder vorübergehend eingerichtete Arbeitsplätze entgehen der gesetzlichen Dokumentationspflicht nicht, es ist hierfür keine Ausnahme vorgesehen.

 

Rz. 14

Frauen in einer Maßnahme der Arbeitsförderung[2] können sich auf das MuSchG berufen, sofern die konkret ausgeübte Tätigkeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist. Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Bundesagentur für Arbeit finanzielle Leistungen erbringt. Diese sind lediglich materiell zu werten und nicht für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und die daraus abgeleitete Schutzpflicht konstitutionell.

 

Rz. 15

In Einrichtungen für Schwerbehinderte und Beschäftigung in einer Werkstatt[3] für behinderte Menschen gilt die besondere Ausgestaltung der Arbeitsbereiche nach § 5 Werkstättenverordnung (WVO) ergänzend. Auch hier gilt aber die Dokumentationspflicht aus dem MuSchG als vorrangiges Spezialgesetz.

§ 156 Abs. 1 SGB IX definiert außerhalb der besonderen Werkstätten dabei den Arbeitsplatz für Schwerbehinderte im weitesten Sinne als alle Stellen, auf denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden. Der betreffende Arbeitsplatz muss für den Schwerbehinderten geeignet sein. Dazu gehört, dass die Arbeitsleistung nicht überfordert und das individuell-konkrete Eignungsprofil passend[4] ist, einschließlich der Ausstattung des Arbeitsplatzes mit technischen Hilfseinrichtungen.[5] Die Eignung nach MuSchG tritt ergänzend an die Arbeitsplatzbetrachtung bei Schwerbehinderten; Verpflichteter ist derjenige, der arbeitgeberseitige Verantwortung für die Ausgestaltung der Arbeitsplätze hat.

 

Rz. 16

Auch bei einem Betriebsübergang bleibt der Arbeitgeber als Adressat der Dokumentationspflicht erhalten und trifft die Schutzpflicht für die werdende Mutter. Nach § 613a BGB geht das Arbeitsverhältnis bei einem Betriebsübergang auf den neuen Eigentümer über; dieser tritt an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers und muss den Anforderungen der Schutznorm nach dem MuSchG genügen. Insofern ist die Schwangere wie jede andere Arbeitnehmerin von den Rechtsfolgen des § 613a BGB erfasst. Den – neuen – Arbeitgeber treffen jedoch sofort die Anforderungen aus § 14, auch wenn er ggf. gar keine Kenntnis vom Vorliegen einer Schwangerschaft hat, da diese Unterrichtung noch an den alten Arbeitgeber ging.

 

Rz. 17

Diese Verpflichtung zur Dokumentation ist nicht reaktiv, es muss keine Aktivität der werdenden oder stillenden Mutter vorliegen; der Arbeitgeber ist vielmehr allein durch das Gesetz verpflichtet, eine solche konkretisierte Gefahrenanalyse vorzunehmen und zu dokumentieren. Das entspricht der gesetzgeberischen Zielsetzung der Prävention.

[3] Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, § 49 SGB IX.
[5] BSG, Urteil v. 6.8.2014, B 11 AL 16/13R.

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