Rz. 28

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 ist – wenn unverantwortbare Gefährdungen nicht durch die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach Nr. 1 ausgeschlossen werden können oder dies wegen des nachweislich unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar ist – ein Arbeitsplatzwechsel vorzunehmen. Ist die Durchführung von technischen oder organisatorischen Maßnahmen nicht geeignet oder kann der Schutzzweck so nicht erreicht werden, kann eine Versetzung der Schwangeren oder Stillenden auf einen anderen, gefährdungsfreien Arbeitsplatz in Betracht kommen.

 

Rz. 29

Ein Wechsel kommt grundsätzlich auf jeden Arbeitsplatz des betreffenden Arbeitgebers in Betracht, auch auf solche in anderen Betriebsteilen oder Arbeitsstätten.

Allerdings gilt, dass der Arbeitsplatzwechsel als besondere organisatorische Schutzmaßnahme nachrangig gegenüber der Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 durchzuführen ist.

Die Tätigkeit am neuen, anderen Arbeitsplatz muss vergleichbar sein zu der, die arbeitsvertraglich geschuldet ist. Ferner müssen auch die örtliche und zeitliche Zumutbarkeit geprüft werden. Nicht jeder andere Arbeitsplatz liegt in zumutbarer Erreichbarkeit.

 

Rz. 30

Auch ein (vorübergehender) Tausch mit einer oder einem anderen Beschäftigten ist ein mögliches Instrument des Arbeitsplatzwechsels, zumal es sich bei der Schwangerschaft um einen zeitlich begrenzten Zeitraum handelt. In der Praxis wird eher der vorübergehende Wechsel des Arbeitsplatzes das taugliche Instrument darstellen. Eine Versetzung geht im arbeitsrechtlichen Sinne (§ 95 Abs. 3 BetrVG) von einer nicht nur vorübergehenden Veränderung der Arbeitsumstände aus.

 

Rz. 31

Ein Arbeitsplatzwechsel kommt allerdings in der Praxis nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber einen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann – dieser also frei ist – und ferner dieser Arbeitsplatz der Frau zumutbar ist.

Die Zumutbarkeit umfasst die gefährdungsbezogenen Umstände wie auch die arbeitsrechtliche Prüfung der Zumutbarkeit, also die vergleichbare Wertigkeit der Beschäftigung im arbeitsvertraglichen Rahmen. Dabei ist zu beachten, dass der Wortlaut von § 13 Abs. 1 Ziff. 2 MuSchG nicht von "Versetzung" oder "Zuweisung" spricht, sondern davon, dass der Arbeitgeber die Frau an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz "einzusetzen" hat. Der Gesetzgeber hat das Ziel, eine weitgehende Beschäftigung während der Schwangerschaft zu ermöglichen.[1] Ein Wechsel kommt dabei grundsätzlich unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auf jeden Arbeitsplatz des betreffenden Arbeitgebers in Betracht, auch auf solche in anderen Betriebsteilen oder Arbeitsstätten.[2]

In der Praxis wird das "Einsetzen am anderen Arbeitsplatz" als organisatorische Gefährdungsvermeidung auf Basis einer einvernehmlichen Regelung im Rahmen des Gesprächsangebots zur "weiteren Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen" (§ 10 Abs. 2 Satz 2 MuSchG) erfolgen, zumal dies im Hinblick auf die Dauer der Schwangerschaft von vorübergehender Natur ist. Das unterscheidet das "Einsetzen" von "Versetzung", denn eine Versetzung ist grundsätzlich als neuer Dauerzustand zu verstehen.

Grenze der "anderen Arbeitsbedingungen" ist in jedem Fall das Benachteiligungs- und Diskriminierungsverbot.

 

Rz. 32

Ein Arbeitsplatzwechsel ist bei Unzumutbarkeit für die schwangere oder stillende Frau ausgeschlossen. Dabei sind die Verhältnisse des Einzelfalls umfassend zu prüfen.[3] Ein Arbeitsplatzwechsel kann deshalb – wie in der Vergangenheit in der Rechtsprechung entschieden[4] – auch unzumutbar sein, weil damit etwa eine Änderung der Arbeitszeit verbunden ist, die mit den privaten Verpflichtungen der schwangeren oder stillenden Frau, wie etwa der Betreuung weiterer Kinder oder anderer Angehöriger, nicht in Einklang zu bringen ist. Der Arbeitgeber hat ein erweitertes Direktionsrecht.[5] Das BAG hat diesen Begriff eines "erweiterten Direktionsrechts" geprägt. Vor dem Eingreifen eines Beschäftigungsverbots müssen alle möglichen Versetzungsalternativen und deren Durchführung geprüft werden.

Bei der Zuweisung einer Ersatztätigkeit hat der Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 315 BGB). In diesem Rahmen ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Die vertragliche Treuepflicht der Arbeitnehmerin gebietet, daran mitzuwirken, die finanziell nicht unerheblichen Folgen eines Beschäftigungsverbots für den Arbeitgeber möglichst gering zu halten. Sie muss deshalb für die absehbare Zeit bis zum Beginn der Mutterschutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG unter Umständen auch solche – mutterschutzrechtlich erlaubten und zumutbaren – Tätigkeiten ausüben, zu denen sie im Wege des Direktionsrechts nicht angewiesen werden könnte.[6]

 

Rz. 33

Bei einem Arbeitsplatzwechsel ist ggf. das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates (bzw. Personalrates) nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beachten. Der Arbeitgeber hat zwar die Verpflichtung, nach dem MuSchG eine Versetzung in Betracht zu ziehen, jedoch liefert das Mutterschutzrecht keine Ausnahme von den weiteren Vorschri...

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